Rabenschwarz
Willens!« Dann drückte sie ihm den Koffer in die Hand und deutete mit einem dezenten Wink zum Ausgang. Als Herbie vollkommen frustriert und demoralisiert ins Freie trat, musterte sie diesmal etwas intensiver das Fahrzeug.
Als sie es umrundeten, sagte Julius plötzlich in betont beiläufigem Tonfall: Hotel Eifelhöhe. Soso. Aha .
Herbie lief eine Gänsehaut über den Rücken, als er in diesem Moment am unteren Rand der Kofferraumklappe einen Zipfel des Hotelbettlakens mit aufgesticktem Emblem entdeckte, auf dem sich ein dichter Pelz dreckigtürkisfarbener Hundehaare kräuselte. Tante Hetti war gerade im Begriff, sich nach dem Nummernschild zu bücken, um die TÜV-Marke in Augenschein zu nehmen, als Herbie ihr in letzter Sekunde um den Hals fiel und sie fest an sich presste.
Henriette Hellbrecht erschrak fürchterlich. Das hatte ihr Neffe seit über einem Jahrzehnt nicht gemacht. Und in diesem Moment glaubte sie, dass er erfüllt war von tiefer, ehrlicher und unterwürfiger Dankbarkeit, weil sie ihm dieses Fahrzeug zum Geschenk gemacht hatte.
Für einen kurzen Augenblick kämpfte sie mit einem aufkeimenden Gefühl der Rührung. Dann jedoch riss sie sich zusammen, löste sich unwirsch aus der Umklammerung und ging entschlossen zum Haus zurück. »Ich erwarte deinen Anruf«, sagte sie barsch, und dann beobachtete sie, wie ihr Neffe in das Auto stieg, mit mehrmaligem Anlauf den Motor zum Laufen brachte und schließlich unter dröhnender Musikbegleitung den Hof verließ.
Hinter ihr trat Helmut Strecker aus der Haustüre. Er nieste und hielt sich danach mit schmerzverzerrtem Gesicht das geschwollene Kinn.
»Fahren Sie ihm nach, Herr Strecker! Ich werde das Gefühl nicht los, dass er entsetzlichen Unsinn anstellt. Ihr Bericht macht mich rasend. Achten Sie auf ihn! Er hat viel Geld bei sich und das Leben meines Hundes in der Hand.«
* * *
Ich bin natürlich bereit, großmütig über deine Verfehlungen hinwegzusehen, und hoffe, dass du dich in Zukunft eines besseren Tons mir gegenüber befleißigen wirst .
»Julius, du bist die Pest, und das weißt du auch. Ich kann nicht mit dir, und ich kann nicht ohne dich. Also bleib in Gottes Namen bei mir, wenn es dir Spaß macht.« Er grinste zum Beifahrersitz hin.
Hast du tatsächlich gedacht, ich sei verschwunden?
»Ich denke des Öfteren, du seist plötzlich verschwunden, und dann weiß ich nie, ob ich lachen oder weinen soll.«
Wieder in Buchscheid angekommen, steuerte Herbie als Erstes Richards Haus an. Als er den Wagen an der Straße abgestellt hatte und zum Haus hinunterging, fiel ihm zum ersten Mal Rosis Auto auf. Ein roter Golf älterer Bauart. Herbie versuchte, während er nach dem Klingeln auf Richard wartete, sich Rosi darin vorzustellen. Er sah ihr lachendes Gesicht, und er sah in seiner Fantasie die Situation vor sich, in der sie das kleine, bunte Stoffpüppchen am Rückspiegel befestigt hatte. Das Fahrzeug stand in der offenen Garage, und Herbie dachte an Richards Angebot zurück. Er warf einen Blick zur Straße hinauf, wo er das Dach des Kadett durch das Geäst erkennen konnte.
Richard war beschäftigt. Das drückte seine ganze Körperhaltung aus, das sagten seine Miene und die Tatsache, dass er keinen Millimeter zur Seite trat, um Herbie in seinem Haus willkommen zu heißen. Also beschloss Herbie, es kurz zu machen.
»Ich störe nicht lange, Richard. Da wäre nur eine kleine Frage.«
Richard wischte seine Hände an einem schmutzigen Lappen ab. Es sah aus, als sei er mit irgendwelchen Reinigungsarbeiten beschäftigt. »Ich bin gerade auf dem Speicher. Dreckige Angelegenheit. Wo brennt’s?«
»Da ist etwas, das die Rosi dir am Telefon erzählt haben muss. Etwas, das vielleicht ganz unwichtig erscheint, aber das Aufschluss über ein enormes Geheimnis geben kann, dem Rosi auf der Spur war, verstehst du?«
»Ein Geheimnis? Rosi?« Richard rieb sich die Mundwinkel. Zurück blieb verschmierter Staub am Kinn. »Ich habe wirklich keine Ahnung, was du meinst, Herbie!«
»Irgendetwas, das mit Päul zusammenhängt. Etwas, das er erzählt hat. Etwas, wegen dem sie deinen Rat einholen wollte.«
Richard seufzte. »Herbie, ich finde es fantastisch und aufopfernd von dir, dass du deine Tage damit verbringst, die letzten Stunden meiner Frau zu rekonstruieren, aber ich kann dir nicht weiterhelfen. Ich habe von Anfang an keinen Hehl daraus gemacht, dass ich von deinen Theorien bezüglich Rosi und Päul nichts halte.«
»Können wir nicht vielleicht doch einen
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