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Rabenschwarz

Rabenschwarz

Titel: Rabenschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Kramp
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»Bundesnachrichtendienst« ein.
    Tante Hetti trichterte ihm im Folgenden das, was er ohnehin schon wusste, nochmals mit eindringlicher Stimme ein: »Zwanzig Uhr!« wiederholte sie dreimal, und auch das Wort »Waldweg« versuchte sie ihm durch permanentes Wiederholen besonders ans Herz zu legen. Schließlich ordnete sie an, dass er bis zehn Uhr spätestens bei ihr zu Hause zu erscheinen habe, da das Geld mittlerweile eingetroffen und bereit zur Abholung sei. »Soll ich nicht vielleicht doch besser selber dabei sein?«, fragte sie ungewöhnlich verschüchtert.
    »Liebes Tantchen! Ich werde dir gleich mal eine Beule zeigen, die wird dich umstimmen. Hier haben wir es mit eiskalten Profis zu tun. Da waren sogar ein paar Gesichter bei, die kenne ich noch von der früheren Terroristenfahndungsliste aus der Sparkasse!«
    Schließlich klingelte Fritz an. Sie fragte in einer Art hinterhältigem Tonfall, ob er frisch und munter sei, was ihn vermuten ließ, dass die Heimfahrt am Abend, an die er sich kaum erinnerte, nicht ganz reibungslos verlaufen war. Er erinnerte sich nur an die Digitalanzeige der Nachttischuhr, bei deren Anblick er gekichert hatte: »Oh, einsneunundvierzig? Das ist aber billig!«
    »Du wirst staunen, was passiert ist«, tönte Fritzens Stimme aufgeregt aus dem Hörer.
    »Der alte Raben-Päul ist auferstanden und hat sich in den Kopf gesetzt, dem Wetterhahn vom Kirchturm mit einem künstlichen Uhu und Phosphoreiern den Garaus zu machen«, vermutete Herbie falsch.
    »Knapp daneben!«
    »Schade.«
    »Aber die Kirche, die ...«
    »Der Pastor! Natürlich! Ich werde sofort anrufen.«
    »Das kannst du dir sparen!«
    »Wieso dies?«
    Fritz räusperte sich und flüsterte danach nur noch. »Ich muss leiser sprechen. Faßbender schleicht in der Küche rum. Heute Morgen wurde es schon in Radio Euskirchen gemeldet: Pastor Rövenstrunck ist tot!«
    Herbie sank zurück in seine Kissen. »Sag das noch mal!«
    »Es sieht so aus, als sei er erschlagen worden. Man hat ihn im frisch ausgehobenen Grab von Rosi Kley gefunden.«
    Herbie wusste nicht, was er sagen sollte. Er öffnete ein paarmal den Mund und schloss ihn dann in Ermangelung einer Inspiration wieder. »Aber das wirft ja alle unsere Theorien über den Haufen«, brachte er schließlich hervor. Der Pastor war also vermutlich kaum der Mörder, auf dessen Spur sie waren. Es war unwahrscheinlich, dass zwei Mörder sich zeitgleich eingefunden hatten, um aus vollkommen unterschiedlichen Motiven die Bevölkerung Buchscheids auszurotten.
    »Ich muss Schluss machen. Faßbender kommt.« Fritz legte den Hörer auf, und Herbie betrachtete noch eine Weile nachdenklich das Telefon, bevor schließlich auch er den Hörer auf die Gabel legte.
    Dann meldete sich Köbes, und Herbie standen die Haare zu Berge. Aus einem Klanggemälde, das möglicherweise einem alten Hollywoodschinken mit Vivien Leigh entstammte, erklang dünn und kraftlos seine Stimme: »Die Ulrike ist schon wieder weg!« Herbie verdrehte die Augen und sah sich unterdessen in seiner Luxusunterkunft um. Wo war Julius?
    »Den Hund habe ich nach Gemünd gebracht.«
    »Wie bitte?«
    »Nach Gemünd. Mein Onkel hat dort einen Zwinger, in dem er bis zum Frühjahr seinen schwarzen Mischling drin hatte. Da habe ich ihn untergebracht.«
    »Warum, in aller Welt?«
    »Ich muss heute nach Trier. Ulrike hat dort scheinbar einen neuen Lover. Das muss ich mir ansehen.« Er schnäuzte sich trompetend, was sich harmonisch in eine Bläserpassage seiner Background-Musik einwob. »Keine Sorge! Ich werde heute Abend pünktlich an Ort und Stelle sein. Neun Uhr, bleibt’s dabei?«
    »Acht!«, schrie Herbie entnervt ins Telefon. »Um acht findet die Geldübergabe statt. Und du erscheinst gefälligst eine Viertelstunde vorher, damit du pünktlich wieder von der Bildfläche verschwunden bist! Ich habe das ungute Gefühl, dass irgendjemand aus Tante Hettis Dunstkreis unerwartet auftauchen wird, und da möchte ich einen erstklassigen Austausch inszenieren.«
    »Schon okay. Ach, und, Herbie ...«
    »Was?«
    »Wie ich eben sagte: Der Mischling meines Onkels war schwarz. Und damit es nicht unnötig auffällt, habe ich ...«
    »Nein!«
    »Ulrikes Freundin ist Friseuse. Sie war hier, um mir das mit Ulrike auszurichten, und da habe ich ... Sie sagt, das sei nur eine Tönung und das ginge nach ein paar Wäschen wieder völlig raus.«
    Wo war Julius? Herbie hatte plötzlich unbändige Lust, sich mit jemandem zu streiten, dem er Auge in Auge

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