Rabenschwarz
am Vortag aus dem Kassettenrecorder von Herbies Auto gehört, und Fritz war sie schon seit Längerem bekannt. Es war die Stimme vom Raben-Päul!
Wenn sie nicht alles täuschte, war Faßbender offensichtlich im Besitz der Kassette.
Auf Zehenspitzen wandte sich Fritz wieder um und pirschte sich zur Bürotüre vor, um zu verstehen, was der Alte da auf Band geschwafelt hatte. Sie bekam jedoch nur noch die letzten Sätze mit: »Dat Roland die treibende Kraft jewesen is, die misch damals mitjerissen hat, bedeutet net, dat ich net jenauso schuldig war wie er.« Es entstand eine kurze Pause, in der Päul tief atmete und nachzudenken schien. »Un weil isch mein janzes Leben lang zu feige war, die Jeschichte zuzujeben, wünsch isch mir wenistens, dat nach meinem Tod jeder erfährt, wat damals passiert is. Deshalb die Kassette. Ich hab et jestern jebeichtet un die Absolution bekommen. Aber in de Himmel komm isch bestimp trotzdem net mehr.«
Dann brach die Aufnahme ab, und das klassische Stück, das offensichtlich damit überspielt worden war, ging weiter. Fritz hörte ein deutliches Seufzen von Roland Faßbender. Sie beeilte sich hinauszukommen.
Auf dem Flur blickte sie sich gehetzt um und lief dann den Gang entlang. Diese Nachricht würde bei ihrem Hobbydetektiv Herbie einschlagen wie eine Bombe! Sie bremste ihren Elan und überlegte, dass es jetzt erst recht an der Zeit war, eine Flasche Wein zu köpfen.
* * *
Ein lautes Niesen kündigte Helmut Strecker an. Er blickte sich erschrocken nach hinten um. Niemand hatte ihn bemerkt. War das nicht diese hässliche Komplizin Feldmanns gewesen, die da gerade aus der Türe mit der Aufschrift Privat herausgeschlichen war? Er beschloss, sich an ihre Fersen zu heften. Wieder einmal hatte er Feldmann aus den Augen verloren. Sie konnte ihn unter Umständen zu ihm führen.
Ihre hektischen Bewegungen und ihre panischen Blicke, die sie alle paar Schritte um sich warf, signalisierten ihm, dass sie ganz offensichtlich etwas zu verbergen hatte.
Es ging in den Keller, und Strecker beschlich eine hoffnungsvolle Ahnung: Hatten sie in den Kellergewölben möglicherweise den Hund versteckt, nachdem sie ihn aus der Hütte herausgeholt hatten? Strecker witterte Morgenluft.
In sicherem Abstand folgte er der schlaksigen Gestalt die Treppen hinunter. Es wurde kühler. Der Weg führte durch mehrere Türen, die jedes Mal mit rasselndem Schlüsselbund geöffnet wurden. Und schließlich erspähte Strecker einen Weinkeller. Zuerst war er enttäuscht. Sollte sie hier unten wirklich nur eine Flasche Wein besorgen wollen? Aber dann machte sie sich an einer weiteren Türe zu schaffen. Dahinter war vielleicht der Hund verborgen! Aufmerksam wartete er auf irgendwelche Laute, die seine Theorie untermauern könnten. Aber es blieb still. Neugierig näherte Strecker sich der Türe. Fehlanzeige. Auch hier war nur ein Weinkeller.
Als er Fritz nicht direkt entdeckte, huschte er mutig die Steinstufen hinunter, um nach einer weiterführenden Türe zu suchen, aber in dem Moment, in dem er das erste Flaschenregal erreichte, erschien auch Fritz wieder auf der Bildfläche. Strecker presste sich mit dem Rücken an ein Regal. Die Flaschenhälse bohrten sich kühl und hart in seine Rückenpartie.
Noch bevor er etwas unternehmen konnte, war Fritz die Stufen wieder hinaufgestapft, versonnen das Etikett der Flasche betrachtend, die sie in Händen hielt. Dann wurde das Licht gelöscht, die Türe verschlossen, und das Klimpern des Schlüsselbundes war das Letzte, was Strecker für längere Zeit hörte.
Nach wenigen Minuten angestrengten Lauschens in der Finsternis kam er zu der Überzeugung, dass das Gangstertrio ihn eiskalt abserviert hatte. So eiskalt wie ... Seine Hand glitt über einen Flaschenrücken. Angeekelt zog er sie zurück. Staub!
In diesem Moment erkannte er einen schwachen Lichtschein in der totalen Finsternis. Am anderen Ende des Kellers schimmerte ein mattes, bläuliches Leuchten etwa in Deckenhöhe an der Wand. Ein Fenster? Eine Luke in die Freiheit?
Er tastete sich hinüber und stieß dabei etliche Male gegen die ein oder andere Kiste und das ein oder andere Regal. Das Festhalten und Reiben der schmerzenden Körperstellen wurde dabei vom klirrenden Zerschmettern diverser Weinflaschen begleitet.
Schließlich erreichte er das Licht und stellte fest, dass es sich hier in der Tat um einen Kellerschacht handelte, an dessen oberem Ende eine Metallplatte angebracht war, die mit etwa zwanzig
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