Rabenzauber
sollte.
Als Benroln weg war, sagte Jes: »Er hat keine offenen Wunden, Mutter, aber Lehr wurde verletzt.«
Seraph nickte. »Bringt diesen hier zum Bauernhaus und achtet darauf, dass niemandem wehgetan wird. Ich werde mein Bestes für Lehr tun.«
Sie wartete, bis Jes und Hennea den halben Weg zum Bauernhaus zurückgelegt hatten, bevor sie nach ihrem Sohn rief. Lehr kam. Es war zu dunkel, um ihn gut sehen zu können, aber sie roch das Blut an ihm.
»Danke«, sagte sie. »Wenn du heute Nacht nicht hier gewesen wärest, wären Benroln und ich sehr wahrscheinlich tot.«
»Stattdessen sind drei Männer gestorben«, sagte er. »Jes hat den vierten gefesselt, bevor ich ihn erreichte.«
»Diese Männer waren bereit, für Gold zu töten«, sagte Seraph. Worte waren nicht ihre Stärke, aber für Lehr hatte sie die richtigen gefunden. »Sie hätten zweifellos auf Befehl des Kaufmanns auch noch andere umgebracht. Und jetzt werden sie niemanden mehr ermorden.«
»Als ich sie tötete«, flüsterte Lehr, »war es so einfach. Einfacher, als Rehwild zu jagen. Was bin ich, Mutter?«
»So ist es für einen, dem eine Weisung zuteil wurde«, sagte sie. »Keine der Weisungen ist einfach zu befolgen. Du bist Jäger, und zu den Aufgaben eines Jägers gehört es auch, den Tod zu bringen.«
Sie breitete die Arme aus, und als Lehr vor ihr auf die Knie sank, zog sie ihn an sich. Er vergrub sein Gesicht an ihrer Halsbeuge.
»Es gefällt mir nicht«, sagte er.
»Still.« Sie hielt ihn fest und wiegte ihn ein wenig, wie sie es getan hatte, als er noch klein war. »Still.«
»Jemand wartet vor unserem Zelt auf uns«, stellte Jes fest, als Gura vergnügt bellte und mit wedelndem Schwanz auf das Zelt zurannte.
»Ah«, sagte Brewydd, die auf einer Bank saß, welche jemand für sie dorthin getragen haben musste. »Es ist euch offenbar gelungen, Benroln von seiner Dummheit abzuhalten. Das ist mehr, als ich bisher geschafft habe.« Gura setzte sich neben die alte Frau, legte seine große schwarze Schnauze auf ihr Knie und seufzte zufrieden.
»Wohl kaum«, erwiderte Seraph. »Ich habe ihn nur darauf hingewiesen, dass der Kaufmann, mit dem er Geschäfte machen wollte, ein Dieb und ein Mörder ist - und dass jeder andere Solsenti , der für einen solchen Gefallen zahlen will, wahrscheinlich genauso schlimm sein wird.«
Die alte Frau lachte leise. »Daran hätte ich nie gedacht.«
»Es wird ihn nicht aufhalten«, meinte Seraph. »Offensichtlich hat er ähnliche Dinge schon vorher getan; er wird sie wieder tun.«
»Die meisten waren nicht so schlimm«, sagte Brewydd. »Obwohl es sicher keine edle Tat ist, dafür zu sorgen, dass ein Dorf im Hochsommer einen Monat keinen Regen sieht, und sich dann dafür bezahlen zu lassen, ihnen Regen zu bringen.«
»Nein«, stimmte Hennea zu.
»Sprich bei dieser Versammlung heute Abend mit ihm«, wies Brewydd Seraph an. »Er muss verstehen, wie dumm es ist, was er tut.«
»Was wird Reden schon nützen?«, fragte Lehr. »Hast du ihm nicht schon gesagt, dass das, was er tut, falsch ist? Wieso sollte er auf Mutter hören, wenn er nicht auf dich gehört hat?«
»Ha!«, rief Brewydd. »Ein Mann hört lieber einer schönen Frau als einer verschrumpelten Alten zu. Du, Junge«, sagte sie und zeigte auf Lehr. »Du kannst einer alten Frau nach Hause helfen.«
Lehr holte tief Luft, biss die Zähne zusammen und nickte. Als er ihren Arm nahm, tätschelte Brewydd seinen Bizeps ein wenig, bevor sie sich von ihm hochziehen ließ. »Deine Mutter hat dich gut erzogen, Junge. Es ist schön, wenn ein junger Mann freundlich zu alten Frauen ist.« Sie zwinkerte Seraph zu, und als Lehr sie zu ihrem Wagen zurückführte, redete sie weiterhin auf ihn ein.
»Also gut«, meinte Seraph und hoffte, dass Brewydd Lehr besser helfen konnte, als es ihr gelungen war. »Suchen wir Benroln.«
»Seraph«, sagte Hennea. »Wenn du Benroln wegen dem, was er getan hat, angreifen wirst, wird das Lehr freuen, und wir gehen morgen getrennte Wege. Benroln wird immer noch Gold vom nächstbesten Solsenti nehmen, der möchte, dass die
Felder seines Nachbarn zerstört werden, und du wirst die Befriedigung haben, ihm zu sagen, was du von ihm hältst.«
»Du hast einen anderen Vorschlag?«, fragte Seraph.
»Der Geheime Pfad ist sehr mächtig«, sagte Hennea. »Sie behaupten, dass sie das Kaiserreich regieren, und das könnte durchaus der Wahrheit entsprechen. Mehr Leute zu haben, die uns helfen, könnte sich als nützlich erweisen.«
»Ich habe
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