Rabenzauber
er auch ging, es gab immer ein paar Sperlinge, die zu Tier kamen, um zu lauschen und ihn über sein Leben als Reisender zu befragen. Da Tier in seinem ganzen Leben noch nicht einen einzigen Reisendenclan gesehen hatte, erzählte er ihnen stattdessen von seinem Leben als Soldat - was sie offenbar ebenfalls zufriedenstellte.
Und dabei beobachtete er sie ununterbrochen. Er trennte die Rettenswerten von den Wertlosen und wandte dazu einen Prozess an, den der Sept von Gerant immer »Frettchen sieben« genannt hatte.
Der Sept hatte alle neuen Rekruten zusammengeholt und sie von zwei oder drei Veteranen ausbilden lassen. Dann hatte er einen Mann geschickt, der sie beobachtete - für gewöhnlich
war das Gerant selbst, aber Tier hatte diese Pflicht ebenfalls mehrmals erledigt.
Nach mehreren Wochen wusste der Beobachter, wer ein Unruhestifter oder feige war, und er hatte auch alle Männer entdeckt, die körperlich nicht zur Kriegsführung geeignet waren. Sie wurden mit ein wenig Silber entlohnt und weggeschickt.
Tier fand das Sortieren der Jungen des Geheimen Pfads ein wenig schwieriger, weil der Pfad genau die Art von Verhalten ermutigte, das er ausmerzen wollte. Er sah fünf oder sechs junge Männer, die er in keiner seiner Truppen haben wollte, und zehn weitere, die er selbst nach einiger Zeit in Form bringen könnte - aber er würde diese Jungen Phoran übergeben und keinem erfahrenen militärischen Anführer.
Phoran hatte gute Instinkte, aber er hatte auch Eigenschaften, die das Kommando über eine Gruppe, wie Tier sie vorschlug, schwierig machen würde. Erstens war er jung. Aber noch schlimmer war sein Ruf. Das würde es ihm schwer machen, die Sperlinge bei etwas anderem als betrunkenen Ausschweifungen anzuführen.
Also kam Tier zu dem Schluss, dass er die jungen Männer zunächst selbst ein wenig ausbilden musste. Er trank einen anständigen Schluck Bier. Er würde einfach warten, bis der nächste Streit ausbrach - was so, wie es aussah, binnen einer Stunde geschehen würde.
»Heute früh standen sie vor meiner Tür und klopften«, berichtete Collarn gerade mit sichtlicher Aufregung. »Mein Vater dachte, sie wollten mich festnehmen, weil ich irgendetwas Dummes angestellt hatte. Ich dachte, er werde auf der Stelle tot umfallen, als sie ihm sagten, der Kaiser sei zu dem Schluss gekommen, der Hüter der Musik brauche Hilfe, und die Meister der Musikhochschule hätten mich empfohlen.«
Tier lächelte ihn an. »Und, werdet Ihr es tun?«
Collarn grinste. »Und jahrelang Sklave eines alten Mannes sein, sauber machen, Instrumente stimmen und restaurieren? Aber selbstverständlich! Wisst Ihr, was in diesen Räumen im Palast versteckt ist?« Er machte eine vage Geste, die den gesamten Palast umfasste. »Ich auch nicht. Aber ich hatte heute schon Gelegenheit, Instrumente zu spielen, die mehr wert sind als alle Ländereien meiner Familie zusammengenommen.«
Tier unterhielt sich noch ein wenig länger mit ihm, verwickelte Myrceria vorsichtig mit in das Gespräch und zog sich dann selbst zurück. Als Myrceria und Collarn sich angeregt miteinander unterhielten, entschuldigte Tier sich und begann, durch das Auditorium zu schlendern, denn die unmissverständlichen Geräusche eines weiteren Duells erklangen irgendwo aus der Nähe der Bühne.
Er sprach beiläufig mit ein paar Jungen, an denen er vorbeikam. Als er den Kampf erreichte, hatten sich schon viele versammelt, um den Kombattanten Ermutigungen zuzurufen. Sie machten Tier gerne Platz. Sobald er klar sehen konnte, was los war, verschränkte er die Arme und schaute zu.
Der erste Junge war Toarsen, ein hitzköpfiger, verbitterter junger Mann, der wie die meisten seiner Kumpane zu viel Geld und nichts zu tun hatte. Aber er war schlau, was Tier gefiel, und kein Feigling.
Sein Gegner stellte eine kleine Überraschung dar. Es war einer der Zwanzigjährigen, die Tier für die größten Unruhestifter hielt - sie saßen für gewöhnlich nur am Rand und ließen andere ihre Dreckarbeit machen. Nehret gehörte für gewöhnlich nicht zu den Leuten, die sich an Duellen beteiligten.
Tier beobachtete die jungen Männer genau und konnte sehen, dass beide wie so viele Adlige seit ihrer Geburt als Schwertkämpfer ausgebildet worden waren, aber als Duellanten und nicht als Soldaten.
Als er genug gesehen hatte, wandte er sich dem Jungen zu seiner Rechten zu: »Würdet Ihr mir Euer Schwert leihen?«
Der Junge errötete und nestelte an dem Schwert herum, aber dann reichte er es Tier. Als
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