Rabenzauber
gesorgt hatte, wie er konnte, und ging zu dem Karis - wobei er sorgfältig darauf achtete, die Stellen zu meiden, wo der Boden weich war.
Als er die Tür des kleinen Wagens öffnete, schlug ihm der Geruch von Krankheit entgegen. Brewydd brauchte so wenig Platz, dass er sie beinahe für eine zusammengeknüllte Decke gehalten hätte, bevor sie sich bewegte.
»Du bist hier, Junge«, sagte sie. »Ich habe mir schon Sorgen gemacht, ihr würdet zu spät kommen, aber dann spürte ich, wie die Erde auf den Ruf eines Hüters hin ihre Kinder aufnahm. Ich wusste, dass du hier bist.«
Er nahm sie in die Arme und trug sie hinaus in die Sonne, denn er hoffte, dass die Wärme ihr helfen würde. Sie schien nur noch halb so viel zu wiegen wie bei ihrer letzten Begegnung.
»Wir hätten mit euch kommen sollen«, sagte er. »Rinnie war bei Tante Alinath in Sicherheit. Wenn wir mitgekommen wären, wäre das hier nicht passiert.«
Sie streckte die Hand aus, um seine Wange zu berühren, und tätschelte sie sanft, und er erkannte, dass sie blind war.
»Wer weiß, was geschehen wäre. Das hier ist bereits niedergeschrieben, Junge, und dir und mir steht es nicht zu, es noch zu ändern.«
»Brewydd?« Jes hatte seine Bank verlassen. Lehr blickte auf und sah, dass sein Bruder aufgehört hatte zu weinen. »Wir bringen dich nach Hause, und Mutter wird sich um dich kümmern, wie sie es bei Papa tut.«
»Nein, Junge«, erwiderte die alte Frau freundlich. »Ich bin nur geblieben, um mit euch zu reden. Eine meiner Begabungen bestand in Voraussicht - eine schwach ausgeprägte Begabung, aber sie sagte mir, ich solle warten. Trauere nicht um mich, Lehr.« Sie wischte eine Träne mit dem Daumen ab. »Ich
bin eine sehr alte Frau. Zu alt, um diese Krankheit als das zu erkennen, was sie war. Das hätte ich tun sollen. Ich wusste schließlich, dass es einen neuen Schatten gab.«
»Was ist passiert?«, fragte Lehr. Er trug sie zu dem Ahornbaum und der Bank und setzte sich hin, wobei er sie weiter im Arm behielt, als könne sie das irgendwie schützen.
»Ich heilte die Menschen, und am nächsten Tag kamen sie zurück, und es ging ihnen noch schlechter als zuvor. Es war eine Schattenseuche, Junge. Tod, um die Macht des Schattens zu nähren. Ich wusste, wonach ich Ausschau halten sollte, aber ich hatte es vergessen, alte Frau, die ich bin. Als es mir schließlich einfiel, war ich selbst schon krank, und der halbe Clan ebenfalls. Ich habe sie geheilt und dann mich selbst, aber es war zu spät. Das Heilen nahm mir mehr, als ich zu geben hatte, also werde ich sterben. Ebenso, wie diese Stadt gestorben ist. Vom Schatten getötet. Ich habe es gesehen.«
»Mutter sagt, Lerchen können Schatten nicht sehen«, sagte Lehr leise.
Sie schüttelte den Kopf, »Doch. Wir können es alle ein wenig, es ist nur schwer für die, die nicht die Augen eines Jägers oder die Instinkte eines Hüters haben. Die Weisungen haben mehr gemeinsam, als sie unterscheidet, auch wenn die Raben gern das Gegenteil behaupten.«
»Der Schatten hat diese Stadt umgebracht«, sagte Jes.
Brewydd nickte. »Alle, die nicht Opfer von Messer oder Keule wurden. Der Schatten wird nun seine volle Kraft erreicht haben. Sagt eurer Mutter, sie soll vorsichtig sein.«
»Ist es ein Mann?«, fragte Lehr.
Sie schüttelte den Kopf, »Das weiß ich nicht. Man sollte nichts im Vorhinein annehmen. Es könnte jeder sein. Ihr habt Fragen, die ich beantworten sollte. Wichtig genug, dass ich bis jetzt überlebte.«
»Phorans Memento ist immer noch da«, sagte Jes.
Lehr berichtete über den gescheiterten Attentatsversuch, der Phoran dazu gebracht hatte, aus Taela zu fliehen.
»Papa denkt, das Memento wird nicht verschwinden, bis der Schatten vernichtet wurde.«
Wieder nickte die alte Frau. »Wenn das Memento nicht verschwunden ist, als die anderen starben, dann ist das wohl so. Aber es wird auch stärker und dem Mann ähnlicher werden, zu dem es einmal gehörte. Es könnte sein, dass selbst der Tod des Schattens es nicht befreien wird - wie bei den Edelsteinen mit den Weisungen.« Sie schluckte. »Sagt das eurer Mutter. Das Memento ist wie die Edelsteine mit den Weisungen - aber seine Weisung ist eher an Phoran gebunden als an einen Stein. Das könnte ihr helfen.«
Sie hielt inne und atmete nur langsam und flach. »Was sonst noch?«, fragte sie ungeduldig. »Es gab zwei Dinge - ich weiß, dass es zwei waren.«
»Papa«, murmelte Jes. »Lehr wird es dir sagen.«
»Mutter glaubt, dass etwas, was der
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