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Rabenzauber

Rabenzauber

Titel: Rabenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
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diese Mauern zu gelangen, bis die Energie, die Lehr hinterließ, verschwunden war, und das würde wahrscheinlich einen Monat oder länger dauern.
    Das Tor erwies sich als schwieriger. Als er fertig war, waren sowohl die Stute als auch Jes ein wenig ungeduldig.
    »Zumindest gibt es nur dieses eine Tor«, sagte Lehr, als er schließlich zufrieden war. Die Mauer hatte ihm das gezeigt.
    »Mauern und Tore«, sagte Jes. »Warum, Jäger?«
    »Weil Jäger Fallen stellen.« Er hatte Jes’ knappe Worte problemlos deuten können. Dann stieg er müde in den Sattel. Er tätschelte Seide entschuldigend den Hals, weil er das so ungeschickt getan hatte. »Brewydd sagte, dass Zäune, Mauern,
Tore, Schlösser und Türen mir gehorchten, weil sie Dinge hinter sich festhalten und damit unter meine Weisung fallen.«
    »Ja, Jäger fangen einen Teil ihrer Beute mit der Hilfe von Fallen«, sagte Jes nachdenklich.
    Lehr lenkte Seide auf den Weg nach Hause, wobei er sich darauf konzentrieren musste, im Sattel zu bleiben. Er hatte in der vergangenen Nacht nicht viel geschlafen, und die Magie, die er heraufbeschworen hatte, hatte ihn erschöpft.
    »Die Tasche«, sagte er plötzlich erschrocken. »Hast du die Tasche geholt, die Brewydd Mutter schicken wollte?«
    »Ja«, sagte Jes. »Eine Tasche mit Mermori . Die von Rongier dem Bibliothekar und andere, die zu Benroln gekommen waren. Insgesamt fünf. Mutter wird nicht froh darüber sein. Sie hat schon zu viele von ihnen.«
    Die Sonne war warm, und Lehr musste sich anstrengen, um auch nur die Augen aufhalten zu können. Seine Lider brannten, und der Hals tat ihm weh.
    »Geh und schlafe ein bisschen«, sagte der Hüter an Seides Schulter. »Jes und ich werden auf dich aufpassen. Du brauchst nicht mehr zu tun, als zu schlafen.«
    »Ich bin krank«, stellte Lehr überrascht fest.
    »Ja«, sagte der Hüter. »Ruh dich aus.«

10
    » D u hättest ebenfalls mitgehen sollen, als die Kinder zum Angeln loszogen«, stellte Tier leise fest, ohne von seiner Schnitzarbeit aufzublicken.
    Dass von den »Kindern« - Hennea, Phoran, seine Wachen und Rinnie - nur noch eines diese Bezeichnung verdiente, machte die jungen Leute nicht weniger zu Tiers Schutzbefohlenen, das wusste Seraph. Wenn er jemanden gern hatte, nahm er diese Person unter seine Fittiche, selbst Ciro, der ein Altersgenosse von Tiers Großvater war.
    »Du bist ebenso unruhig wie ich«, sagte sie, drehte sich um und ging in einer anderen Richtung auf und ab. »Du schnitzt immer nur, wenn du nervös bist.«
    Tier hielt den unkenntlichen Gegenstand hoch, den er den größten Teil des Morgens mit dem Messer bearbeitet hatte. »Offenbar eine gute Entscheidung von mir«, sagte er.
    Seraph setzte sich neben ihn auf die Verandabank und lehnte den Kopf gegen seinen Arm. Sie seufzte. »Es hat zwei Augen, aber das rechte ist zu groß und sitzt ein wenig tiefer als das andere.«
    »Das ist der Mund«, sagte er. Er legte die Schnitzerei auf den Schoß und zauste Seraphs Haar. »Sie sollten inzwischen zurück sein, selbst wenn sie den gesamten Clan mitbringen.«
    »Wenn man der Karte glauben darf«, erinnerte sie ihn. »Niemand von uns war jemals in dieser Gegend. Landkarten sind unzuverlässig.«

    Sie hatten dieses Gespräch in der vergangenen Woche schon in mehreren Variationen geführt. Das hier war die zweite Runde an diesem Morgen, und diesmal war es Seraphs Rolle, auf die harmlosen Dinge hinzuweisen, die ihre Jungen vielleicht aufgehalten hatten - zumindest nahm sie an, dass Jes mit Lehr gegangen war.
    Gura, der zu ihren Füßen lag, hob den Kopf und blickte zu dem Weg, den Lehr genommen hatte. Seraph fühlte, dass Tiers Pulsschlag sich ebenso beschleunigte wie der ihre, aber dann drehte sich Gura nur auf den Rücken, um den Bauch in die Vormittagssonne zu recken.
    Tier seufzte. »Hennea hat zumindest alle anderen mitgenommen, damit Phoran nicht auch noch auf und ab geht. Für einen Mann, der den Ruf hat, ein träger Frauenheld zu sein, kann er wirklich nicht lange still sitzen bleiben. Ich fürchtete schon, ihr beide würdet anfangen zusammenzustoßen.«
    »Aber wenn er nicht gerade in Bewegung ist, sieht er aus, als wolle er sich nie wieder von der Stelle rühren«, sagte Seraph.
    Tier lachte. »Man muss es dir lassen …«
    Gura kam auf die Beine und bellte leise. Er starrte den Weg an. Seraph hielt ebenfalls Ausschau, aber das half nicht viel, weil der Weg in Biegungen über den bewaldeten Hang verlief.
    Tier legte die Schnitzerei wieder beiseite und

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