Rabenzauber
anzureden. Ihr seid ein Bauer und ein billiger Illusionist - Euer Bann hat nicht einmal Uns halten können -, der über keinerlei echte Magie verfügt. Der namenlose König regierte die Welt, Willon. Es brauchte die gesamte Menschheit und den Tod eines großen Magiers und eines großen Kriegers, um ihn zu besiegen. Er war ein König. Ihr hattet doppelt so viel Zeit wie er, und was beherrscht Ihr? Einen verrückten Jungen, der tot am Fuß dieser Klippe liegt. Eine Geheimgesellschaft von Idioten, die nur sich selbst dienten und Opfer eines Barden wurden, der ihr Gefangener war.« Und als Phoran sah, wie Zorn auf den Zügen des Schattens aufleuchtete, fügte er im gleichen Tonfall hinzu: »Lauf, Rinnie.« Dann fuhr er fort.
»Wo sind denn die schrecklichen Ungeheuer, die dem namenlosen König dienten? Ihr seid ein Versager, ein Kleinkrämer, der kaum über wirkliche Macht verfügt.«
»Und Ihr seid der Kaiser von gar nichts , Phoran. Ihr seid nichts als ein Säufer, der sich einbildet, er solle ein Herrscher sein. Ihr habt keine Macht, denn ansonsten wäret Ihr nicht hier.« Er bewegte drohend die Hände.
Phoran hörte Rinnies Schritte nicht, und er konnte sich nicht leisten, Willon aus den Augen zu lassen, um festzustellen, ob sie die kleine Ablenkung, die er geschaffen hatte, bereits ausnutzte.
»Ich glaube, ich bin Eurer müde, Kaiser«, fuhr der Schatten fort. »Sterbt.«
Als er das letzte Wort aussprach, stellte Phoran fest, dass er nicht mehr atmen konnte.
»Nein!«, rief Rinnie. »Hört auf!«
Eine Windbö kam aus dem Nichts und schleuderte den Schatten zu Boden - und Phoran konnte wieder atmen.
Er rannte los, packte Rinnie und schob sie auf die Treppe zu. »Lauf!«, rief er und kehrte zu dem abgelenkten Zauberer zurück.
Wenn er nicht versucht hätte, Rinnie auf die Sicherheit zuzuschieben, hätte er es vielleicht geschafft, aber er hatte gerade erst die Hälfte der Entfernung zum Schatten zurückgelegt, als der Zauberer auch schon wieder aufstand, eine Geste zu ihm hin machte und etwas sagte, das finster und hässlich klang
Etwas traf Phoran mit der Wucht eines zutretenden Schlachtrosses vor die Brust. Er taumelte rückwärts und stieß an die halbhohe Mauer. Wenn der Bann, den der Zauberer nach ihm geschleudert hatte, an Kraft nachgelassen hätte, hätte Phoran sich halten können, aber er schob ihn immer weiter, bis er über die Mauer fiel.
»Wir können nicht zu Fuß gehen«, sagte Tier zu Hinnum und war überrascht, wie ruhig er sich anhörte. Er stieß einen zweitönigen Pfiff aus, mit dem er die Kinder immer zu den Mahlzeiten oder zur Arbeit rief. Jes würde antworten, selbst wenn er schlief.
»Ihr könnt nicht siegen«, sagte Hinnum. »Dieser Ring ist keine wirkliche Lerche, ob er nun die Weisung eurer Tochter enthält oder nicht.«
»Dennoch«, erwiderte Tier und griff nach Schwert und Laute - ein Barde sollte hin und wieder eine Laute dabei haben. »Meine Kinder brauchen mich.«
»Ihr seid die einzige Hoffnung der Welt«, sagte Hinnum. »Ihr könnt nicht die Welt für eure Kinder opfern.« Er hielt inne. »Ich hatte Enkel, die mit Colossae starben.«
Seraph steckte sich den Tigeraugenring an den Finger. »Manchmal ist ein Opfer notwendig«, sagte sie. »Manchmal. Aber nicht von allen wird verlangt, das gleiche Opfer zu bringen. Hinnum, der Tod von Colossae war die einzige Möglichkeit, die Welt zu retten. Ohne den Tod deiner Kinder wären alle gestorben. Der Tod meiner Kinder würde nur helfen, ein wenig Zeit zu schinden.« Sie drehte sich zu der Stelle um, wo sich die Sturmwolken auflösten. »Du und Hennea, ihr glaubt, die einzige Möglichkeit, den Schatten zu besiegen, liege in den Namen der Alten Götter - aber die haben wir nicht.«
Man sah ihr die Anstrengung des Vortags an. Ihre Wangen waren hohl, als hätte sie seit Monaten nicht genug gegessen, sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, und ihre Zöpfe waren unordentlich geflochten. Tier fand sie wunderschön.
»Die Versuchung bei Kämpfen«, sagte er zu Hinnum, »besteht darin, die erfolgreichen Taktiken des Feindes zu übernehmen.« Er öffnete das Tor der Koppel, holte Scheck heraus und begann ihn zu satteln. »Willon hat sich uns in der Nacht, als wir den Pfad in Taela zerstörten, nicht stellen können,
sondern er floh und wählte damit einen Zeitpunkt und einen Ort, die ihm besser passten. Mir kommt es so vor, als sei es ihm sehr wichtig gewesen, sich all diese Jahre zu verstecken - vielleicht ist er deshalb geflohen. Ich
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