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Rabenzauber

Rabenzauber

Titel: Rabenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
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bedeuten?«, fragte Lehr.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Tiers Tod sollte dem Zaumzeug eingeprägt sein. Ich habe das hier lange nicht
mehr getan, aber ich hatte kein Problem, das Schwert zu lesen.«
    »Der Ort war besudelt«, erinnerte Lehr sie. »Vielleicht hat die Magie des Schattens etwas damit zu tun.«
    Seraph runzelte die Stirn. Es fühlte sich an, als wäre die Vergangenheit einfach von dem Zaumzeug getilgt worden, nicht wie ein magischer Angriff. »Feuer oder fließendes Wasser kann einen Gegenstand von seiner Vergangenheit säubern; ich nehme an, die Besudelung durch den Schatten kann das Gleiche leisten.«
    Geistig noch müder als körperlich, rieb sie sich das Gesicht. »Jes, könntest du Papas Schwert wieder in die Scheide stecken und dann weglegen?« Sie wollte es nicht noch einmal berühren. Logischerweise sollte sie nichts spüren, solange sie nicht danach suchte, aber sie fühlte, dass die Klinge wartete. »Wir sollten lieber schlafen. Morgen werdet ihr beide anfangen müssen zu pflügen. Ich werde eurer Tante und eurem Onkel die Nachricht von Tiers Tod überbringen.«
     
    Seraph wartete, bis alle schliefen, bevor sie sich nach draußen schlich. Sie gebrauchte genug Magie, um Jes und Gura nicht zu stören, die beide immer noch vor dem Feuer zusammengerollt lagen.
    Sie ging, bis sie weit von der Hütte entfernt war; der Boden war unangenehm kalt an ihren bloßen Füßen. Als sie stehen blieb, legte sie den Kopf gegen die raue Rinde eines Baums und suchte Frieden in seiner starken, langsam wachsenden, langlebigen Gegenwart - aber sie spürte nur Zorn.
    Er stieg von ihren Fußsohlen auf und brodelte durch ihren Körper, bis er in die langen Haarsträhnen gezwungen wurde. Ihre Hände zitterten, als sie sich um den unglücklichen Baum bogen und in die Ringe krallten. Ihr Atem kam in einem tiefen, stöhnenden Knurren heraus.

    Und mit dem Zorn kam Magie, zerstörerisch und heiß und ebenso ziellos wie ihre Wut. Denn der, der ihr diesen Zorn und diesen Schmerz bereitet hatte, war tot.
    »Tier«, flüsterte sie, und mit einer Stimme der Macht, die den Boden unter ihren Füßen beben ließ, fragte sie: »Warum hast du mich verlassen?«
     
    »Hör auf das, was Jes sagt«, riet Seraph Lehr am nächsten Morgen. »Er wird sich um Scheck kümmern und aufpassen, dass er sich nicht überanstrengt. Scheck wird das ganze Feld pflügen müssen, und ihr solltet gut achtgeben, dass er sich nicht wehtut.«
    »Ja, Mutter«, antwortete Lehr geduldig. Seraph war blass und müde und fürchtete offensichtlich, ins Dorf zu gehen - das konnte er ihr nicht übel nehmen.
    »Rinnie, du bringst den Jungen an diesem Morgen mehrmals Wasser. Das ist wichtiger, als mit dem Garten fertig zu werden.«
    »Ja, Mutter«, sagte Rinnie in solch deutlicher Imitation von Lehrs Tonfall, dass ihr Bruder sich abwenden musste, damit niemand sein Grinsen sah.
    »Also gut.« Seraph nickte kurz. »Ich sollte rechtzeitig zurück sein, um das Mittagessen zuzubereiten - aber wenn ich es nicht schaffe, habt ihr Brot, Honig und Käse.« Damit drehte sie sich um, machte sich auf den Weg zum Dorf und überließ die Kinder ihren Aufgaben.
     
    Scheck bekam mehr Ruhepausen, als Lehr ihm gegönnt hätte, aber er ließ Jes entscheiden, wann sie aufhören sollten. Nach jeder Rast tauschten sie die Aufgaben. Die Erde war ein wenig steinig, und der Pflug bockte und wackelte unerwartet, bis sie ebenso müde waren wie das Pferd.
    Nach ein paar Stunden ließ Scheck den Kopf hängen, und
Schweiß drang unter seinem Geschirr vor. Sie hatten schon fünf mehr oder weniger gerade Furchen gezogen, doch dreiundzwanzig lagen noch vor ihnen. Lehr ging neben Jes her, der die Handgriffe hielt. Die langen Zügel zogen sich durch Metallringe im Geschirr auf Schecks Rücken und hingen über Jes’ Schultern, also blieb Scheck sofort stehen, als der Junge haltmachte.
    »Er kann doch nicht schon wieder müde sein«, wandte Lehr ein. »Wir haben seit der letzten Rast noch keine fünfzig Schritte hinter uns.«
    »Still«, befahl Jes.
    Lehr hatte auf halbem Weg die erste Furche entlang aufgehört, um nach dem Fremden in seinem Bruder Ausschau zu halten, aber nun sah er ihn wieder.
    Sofort fiel ihm auf, wie still das Land war. Kein Vogel zwitscherte, keine Grille zirpte. Leise klappte er die Scheide mit seinem langen Messer auf und legte die Hand an den Griff. Der Wald schien irgendwie dunkler zu sein als noch einen Augenblick zuvor.
    Scheck hob den Kopf, und er

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