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Rabenzauber

Rabenzauber

Titel: Rabenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
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im Stich gelassen. »Ich habe euch doch gesagt, dass es innerhalb jeder Weisung immer unterschiedliche Fähigkeiten gibt. Eines der Dinge, die ich zu tun vermochte, meine Lehrerin aber nicht, bestand darin, die Vergangenheit eines Gegenstand zu lesen.«
    »Du wirst sehen, was Papa zugestoßen ist?«
    »Ich werde es versuchen«, sagte sie.
    Sie holte tief Luft und versuchte sich zu fassen, denn es tat weh, Gegenstände zu deuten, die eng mit dem Tod verknüpft waren. Vorsichtig legte sie die Finger auf den Stirnriemen. Bei dieser Art von Magie war es wichtiger, vorsichtig zu sein, als Macht zu haben. Sie ließ die Ranken von Magie durch ihre Finger gleiten und das Leder berühren.
    Nichts.
    Sie glaubte, falsch eingeschätzt zu haben, wie viel Macht sie brauchte, und öffnete sich, bis ihre Fingerspitzen kribbelten - immer noch nichts. Sie zog die Finger weg, als wäre sie verbrannt worden.
    »Lehr, könntest du etwas für mich holen …« Seraph sah sich um und blickte dann in die Ecke, in der Tiers Schwert unter Lehrs Bogen hing. Das Schwert hatte doch sicher genug
Geschichte, die sie lesen konnte. »Vaters Schwert. Hol mir das Schwert, bitte.«
    »Was ist denn?«, fragte Lehr, als er ihr die Waffe brachte.
    Seraph schüttelte den Kopf, nahm das Schwert und holte es aus der Scheide. »Ich weiß es nicht.« Sie legte das Zaumzeug beiseite und das Schwert auf den Boden. Dazu musste sie Gura anstoßen, damit er aus dem Weg ging, und das wiederum weckte Jes, der sich aufsetzte.
    »Papas Schwert«, sagte er.
    Sie nickte ihm zerstreut zu, rieb die Finger ein wenig gegeneinander und wartete, bis sie spürte, dass die Magie bereit war - genau, wie sie es getan hatte, als sie das Zaumzeug berührt hatte. Sie öffnete sich so weit sie konnte den Spuren der Zeit, die auf Gegenständen lagen, und berührte - Tod und Dunkelheit.
    Einen Augenblick verspürte sie brennenden Schmerz, als sprühendes goldenes Licht sich unter ihren Fingern sammelte, dann war es verschwunden. Als sie die Augen wieder öffnete, hatte sie das seltsame Gefühl, dass die Zeit gerade einen Sprung gemacht hatte und es ihr nicht aufgefallen war. Ihre Ohren klirrten, ihr Ellbogen fühlte sich an wie geprellt, und sie lag auf dem Rücken, den Kopf auf Jes’ Knie.
    Jes tätschelte ihr sanft die Wangen, und in seinen Augen flackerte der Hüter. »Haben die Funken dir wehgetan, Mutter?«
    »Nein, Jes«, sagte sie, setzte sich ohne Hilfe auf und legte den Kopf auf ihre hochgezogenen Knie, während hinter ihren geschlossenen Lidern Visionen flackerten.
    »Es geht mir gut«, sagte sie, als sie Lehrs beunruhigten Blick bemerkte. »Nur ein oder zwei blaue Flecke. Ich habe das hier lange nicht mehr gemacht und es falsch eingeschätzt. Das Schwert war keine gute Wahl.«
    Solsenti -Krieger nutzten ihre Schwerter für Generationen,
bis schließlich der Rost der Klinge ihre Kraft nahm. Sie gaben ihnen sogar Namen und dachten nie an das Pseudo-Leben, das durch so viel Tod geweckt wurde - oder an die Gefahr, die darin bestand, einem solchen Ding einen Namen zu geben. Es gab Geschichten über Schwerter, die vollkommen unerwartet standhielten, und andere, die dazu neigten, zu zerbrechen und ihren Besitzer zu beißen, aber Solsenti schienen diese Warnung nicht zu begreifen. Reisende läuterten ihre Klingen nach jedem genommenen Leben und warfen die Waffen von Toten weg.
    Tiers Schwert war alt. Seraph, nun wieder empfindsam geworden, konnte die Gier der Waffe nach Tiers Hand und einem Kampf immer noch spüren, obwohl es sich mehrere Handspannen von ihrem Rock entfernt befand. Aber der Tier, nach dem sich das Schwert sehnte, war eine Version von Seraphs Mann, den sie nie gesehen hatte: ein Mörder mit kaltem Gesicht, der sein Schwert Blut trinken ließ.
    Seraph berührte wieder das Zaumzeug, fuhr mit den Fingern über die blauen und roten Perlen am Stirnriemen und hielt dann das Gebiss ein wenig länger fest. Einen Augenblick später fühlte sie Mattigkeit, eine winzige Spur von Lehrs Trauer, als er das Zaumzeug berührt hatte, und einen Hauch von Zeit, dem es an Macht fehlte. Es fühlte sich an, als wäre das Zaumzeug, sogar das Gebiss, irgendwie erst vor ein paar Tagen entstanden.
    »Nichts«, seufzte Seraph entmutigt. Sie packte einen Lederriemen, und sowohl ihre Hand als auch das Leder leuchteten vor Macht, aber es gab keine aufblitzende Vision, nur Leere, als hätte Tier eine Falle ausgelöst, die die Geschichte des Zaumzeugs ausgewischt hatte.
    »Was hat das zu

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