Rache - 01 - Im Herzen die Rache
wirklich anschauen und wahrnehmen würde.
Kapitel 2
Fahre in 15 Min los. Treff dich dort.
Chase Singer schickte noch schnell eine SMS an Zach, bevor er sein neues Nokia Handy, ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk seiner Mom (eines, das sie sich nicht wirklich leisten konnten), sorgsam wieder in die Tasche seiner Jeans gleiten ließ.
Jedes Jahr kurz vor den Weihnachtsferien nahm es einer der Seniors der Ascension High in die Hand, die ultimative Party zu organisieren. Halb Weihnachtsfeier, halb Bergfest, um den Abschluss der ersten Schuljahreshälfte zu zelebrieren, war die Party immer von der Sorte, aus der Legenden gemacht sind – Legenden, die sechs Monate weiterlebten, bis wieder Gras darüber gewachsen war. Ian Minsters Eltern, die sich gerade in ihren zweiten Flitterwochen befanden, hatten sie es zu verdanken, dass dieses Jahr das Minster’sche Anwesen den Hotspot abgab, wo man seinem Ruf alle Ehre machen beziehungsweise diesen komplett ruinieren konnte, je nachdem.
Chases Handy vibrierte und er angelte es aus seiner Hosentasche. Neue Mitteilung von Lindsay Peters: Kann ich heute Abend mit zur Ascension-Party kommen? Chase antwortete ihr nicht. Er hatte seit ein paar Wochen was mit Lindsay, einer Unterstufenschülerin aus der nahe gelegenen Trinity High, laufen. Sie waren sich auf einer Footballfeier begegnet und anfangs hatte er sie cool gefunden. Es machte ihr nichts aus zu fahren, um ihn zu sehen, und sie war nicht allzu anspruchsvoll. Doch inzwischen langweilte sie ihn. Sie hatte eine ganz hübsche Figur – allerdings nur, solange sie ihren Push-up-BH anbehielt –, eine sanfte Stimme und ein strahlendes Lächeln. Aber sie trug ein wenig zu viel Make-up und lachte immer zu laut, auch wenn seine Witze gar nicht so lustig waren. Und selbst dann, wenn er noch nicht einmal versuchte, witzig zu sein. Vor ein paar Wochen hatte er angefangen, ihr von dieser tollen Doku über Insekten zu erzählen, die er kürzlich gesehen hatte, doch sie glaubte, er rede über die Handlung eines Science-Fiction-Films. Außerdem kaute sie immer mit offenem Mund. Nein, er wollte definitiv nicht, dass sie heute Abend mitkam.
Als Chase das Handy zuklappte, fiel sein Blick auf die Uhr. Er musste sich beeilen.
Das winzige Badezimmer am Ende des Flurs war vor lauter Dampf ganz vernebelt. Chase schnappte sich ein jetzt knitterfreies knallrotes Poloshirt, das an der Duschvorhangstange hing. Als er das heiße Wasser am Waschbecken abstellte, bebten die Rohre und gaben ein ächzendes Geräusch von sich. Er wischte das Kondenswasser vom Spiegel und begutachtete sein Outfit. Wirkte es vielleicht übertrieben? Er verteilte einen Klacks Gel in seinem kurzen braunen Haar und zog an dem Wirbel, der wie eine Spargelsprosse von seiner linken Kopfseite abstand. In seinem Poloshirt, den Jeans und den makellosen Sneakers sah er aus wie ein typischer adretter Junge aus besserem Hause – und nicht wie jemand, der mit seiner Mom in einem kleinen Wohnwagen am Stadtrand lebte.
Was natürlich auch der Sinn der Sache war.
Chase checkte sein Handy; noch eine Nachricht von Lindsay – Hab dich schon ’ne ganze Woche nicht gesehen! –, die er schnell löschte. Er hatte einen genauen Zeitplan: Wenn er bei den Minsters ankam, würden die jüngeren Mädels gerade genug getrunken haben, um ihre Hemmschwelle fallen zu lassen, aber noch nicht so viel, um zu breit zum Flirten zu sein. (Als er es dieses Jahr auf der Halloweenfete endlich geschafft hatte, eine scharfe Zehntklässlerin dazu zu überreden, die Party für eine private Fummel-Session zu verlassen, zog sie, kaum dass sie im Wald angekommen waren, ihre Hose runter und fing an, kichernd an einen Baum zu pinkeln. Er hatte sie halb zur Party zurücktragen müssen, wo er sie schließlich bei ihren Freundinnen abladen konnte.)
Der heutige Abend würde ein Erfolg werden. Er musste. In etwas mehr als einer Woche, am zweiten Januar, fand das Footballfest der Ascension Highschool statt. Das war die alljährliche Feier zum Saisonabschluss der Ascension Warriors, dem ganzen Stolz der Stadt (zumindest, wenn sie gewannen), und außerdem eine wichtige Wohltätigkeitsveranstaltung. Die meisten der Spieler brachten zu diesem Anlass eine ganze Gefolgschaft samt Eltern, Geschwistern und Freundinnen mit. Letztes Jahr war er allein dort aufgekreuzt und war ziemlich gekränkt gewesen, als die Jungs sich darüber lustig machten, dass er es nicht geschafft hatte, ein Date an Land zu ziehen.
In diesem Jahr organisierte
Weitere Kostenlose Bücher