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Rache an Johnny Fry

Rache an Johnny Fry

Titel: Rache an Johnny Fry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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Zeitschriften?«, fragte ich.
    »Die kaufen ein oder zwei Fotos, aber niemand will in seinem Blatt über dieses Leid berichten, und die wenigen, die sich davor nicht scheuen, haben Leser, die längst Bescheid wissen. Ich will die Bilder Menschen zeigen, die bei ihrem Anblick erschrecken und dann helfen wollen.«
    »Und ich will Ihnen helfen, genau das zu tun.«
    Es war bereits nach elf, als ich mit meinen Notizen fertig war. Die Geschichten der sterbenden Menschen im Sudan verstörten mich sehr, weit mehr als beim ersten Mal, als ich Lucys Bilder gesehen hatte. Andererseits merkte ich, wie lindernd ihr Leiden auf meine sexuelle Anspannung wirkte. Meine Sorgen waren nichts, verglichen mit dem Elend, das diese hungernden Kinder zu ertragen hatten.
    »Ich habe etwas geräucherte Renke und einen Salat im Kühlschrank«, bot ich an, als wir ihre gesamte Mappe durchgesehen hatten.
    »Toll«, sagte Lucy. »Ich habe seit heute Morgen nichts gegessen.«

 
    Ich stellte alles Essen auf ein großes Holzbrett und öffnete die Flasche Wein. Nebeneinander setzten wir uns auf das Sofa im Wohnzimmer und aßen und tranken.
    Obwohl sie so jung war, war es sehr interessant und angenehm, sich mit Lucy zu unterhalten. Sie fragte mich nach meiner Arbeit und was ich im Einzelnen übersetzte.
    »Hauptsächlich Anleitungen und Artikel«, sagte ich, »und selbst wenn ich mal ein Buch übersetze, sind es niemals Romane oder interessante Sachbücher. Manchmal übersetze ich Leuten wie Brad ihre Korrespondenz. Ziemlich einfache Sachen.«
    »Ich wette, dass Sie trotzdem immer wieder auf knifflige Probleme stoßen«, sagte sie. »Wörter mit Doppelbedeutungen und Sätze, die Sie nicht verstehen.«
    »Nun ja. Aber nichts von dem, was ich tue, ist so interessant oder hat mit so viel Leidenschaft zu tun wie Ihre Arbeit«, sagte ich. »Ich meine, allein zuzuhören, wenn Sie erzählen, wo Sie überall schon gewesen sind, beschämt mich. Wie alt sind Sie? Fünfundzwanzig?«
    »Dreiundzwanzig.«
    »Ich bin fünfundvierzig, älter als Ihr Vater, und war noch nie in Afrika. Ich glaube nicht, dass ich jemals versucht habe, ein Leben zu retten.«
    »Vielleicht tun Sie’s jetzt«, sagte sie.
    Sie langte zu mir herüber und drückte mir die Hand.
    Dabei kam sie mit dem Ellbogen auf die Fernbedienung des DVD-Players, und der schlummernde Bildschirm erwachte zum Leben. Es war die harmlose Szene im Cafe, in der die schwarze Frau sich gerade zu Mel und Sisypha gesellt hatte.
    »Oh, entschuldigen Sie«, sagte Lucy. »Lassen Sie mich das wieder ausmachen.«
    Sie griff nach der Fernbedienung, drückte aber statt der Stopp-Taste den schnellen Vorlauf.
    Plötzlich tauchte ein schwarzer Mann auf, und dann saßen sie irgendwo in einem Wohnzimmer, der Mann lehnte sich zurück und die schwarze Frau rieb seinen riesigen erigierten Penis.
    »Oh mein Gott«, sagte Lucy.
    Ich nahm ihr die Fernbedienung aus der Hand und stellte die gesamte Anlage einschließlich des Bildschirms aus.
    »Wow«, sagte Lucy.
    »Es tut mir leid«, sagte ich. »Es war… Ich hatte Probleme und… und da kam ich an einem Sexshop vorbei und… bin einfach reingegangen.«
    »Ich habe immer schon mal so einen Film kaufen wollen«, sagte Lucy. »Ich habe noch nie einen gesehen.«
    »Warum nicht?«
    »Mir sind die Läden nicht geheuer.«
    »Sie könnten Ihren Freund schicken.«
    »Billy ist lieb«, sagte sie. »Aber was Sex angeht, ist er sehr, nun, rechtschaffen. Er nennt sich einen Feministen, und ich liebe ihn dafür, trotzdem glaube ich nicht, dass es ein Verbrechen ist, Leuten beim Sex zuzusehen.«
    So wie sie mich ansah, wirkte das, was sie sagte, eher wie ein Vorschlag und weniger wie eine Feststellung.
    »Nun«, sagte ich. »Ich könnte noch einmal in den Laden gehen und Ihnen eine DVD kaufen, und wenn wir uns das nächste Mal sehen, äh, gebe ich sie Ihnen.«
    »Können wir uns nicht diese hier jetzt ansehen?«, schlug Lucy vor.
    Mein Herz fühlte sich an, als versuchte es, den letzten Tropfen Blut aus sich herauszuquetschen, den es noch in sich hatte. Das Nein lag mir auf der Zunge. Sie war ein Kind. Ich kam mir vor wie ein Kinderschänder. Ich hatte eine Freundin…
    Ich schaltete den DVD-Player ein und fuhr zurück zu der Stelle, wo der schwarze Mann an den Tisch im Cafe kommt. Lucy sprang auf und knipste die Lampe aus, die ich eingeschaltet hatte. Dann setzte sie sich neben mich und schenkte uns beiden ein Glas Weißwein ein.
    »Das ist Stewart«, sagte die schwarze Frau, »ein Freund von

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