'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
aber ich kann nicht zulassen, dass sie jetzt dort im Haus ist und mit dieser Hiobsbotschaft alleine zurechtkommen muss. Deshalb gehe ich nun zu ihr.“ Ohne Saskias wiederholte Proteste zu beachten, schritt Nora auf die Terrasse und begab sich zu Karla ins Haus.
Saskia starrte ihr wutentbrannt hinterher. Dann wandte sie sich an Tommy: „Ihre Kollegin will es unbedingt wissen, was? Na schön, dann soll sie es versuchen. Aber kommen Sie später nicht zu mir, um mir vorzuwerfen, dass ich Sie nicht gewarnt hätte!“
„Keine Sorge, das werden wir nicht machen.“ Thomas schob ein Bein vor und räusperte sich. Dann sah er Saskia fragend an. „Können Sie mir sagen, wann Sie Ihre Halbschwester zuletzt gesehen haben?“
„Äh, das müsste gestern Abend gewesen sein.“
„ Müsste gewesen sein ? Könnten Sie versuchen, sich genau zu erinnern?“
„Ja, es war gestern Abend, okay?“
„Um wie viel Uhr?“
„Gegen 21 Uhr. Ich ging von meinem Zimmer ins Bad. Gleichzeitig schritt Daniela über den Flur in ihr Zimmer. Das liegt direkt neben meinem.“
„Danach haben Sie Daniela nicht noch einmal gesehen?“
„Nein. Heute musste ich bereits früh zur Uni. Dort war ich bis vor etwa einer Stunde. Ich musste von einem Seminar zum nächsten rennen.“
„Was studieren Sie?“
„Englisch und Französisch. Ich möchte später als Dolmetscherin arbeiten.“
„Welches Verhältnis hatten Sie zu Ihrer Halbschwester?“
„Kein sehr gutes. Wir haben uns weder geliebt noch gehasst. Wir haben beide unser eigenes Leben geführt.“
„Kennen Sie Maria Ranz?“
Saskia zögerte. „Nie gehört.“
„Ganz sicher?“
„Ja.“
„Wollen Sie auch nicht wissen, wer das ist?“
„Ich nehme an, dass Sie es mir sowieso erzählen werden, falls es mit Danielas Ermordung zu tun hat.“
„Sie ist eine Studentin, die Daniela nicht besonders gut leiden konnte.“
„Tatsächlich? Ich dachte immer, Daniela wäre überall so beliebt gewesen?“
Thomas entging nicht, dass in Saskias Tonfall leichte Verbitterung lag. Deshalb hakte er nach: „War es schwierig für Sie, dass Daniela so beliebt gewesen ist?“
„Nicht die Spur. Ich bin mindestens genauso beliebt wie sie! Wahrscheinlich habe ich sogar mehr Freunde und Bekannte!“
„Kannten Sie Franziska Zucker?“
„Das ist die Studentin, die in der Uni-Bibliothek ermordet wurde, oder? Das stand in der Zeitung.“
„Das ist richtig.“
„Nein, die kannte ich auch nicht.“
„Wo waren Sie gestern zwischen 16 und 17 Uhr?“
„Sie wollen wissen, ob ich ein Alibi habe? Mensch, ich war doch heute während der Ermordung von Daniela in einem Seminar. Wenn ich also sie nicht getötet habe, dann werde ich wohl kaum die andere Studentin ermordet haben. Denn die Taten wurden ganz gewiss von ein und derselben Person begangen.“
„Beantworten Sie doch einfach meine Frage. Dann kann ich entscheiden, ob Sie wirklich unschuldig sind.“
Saskia kratzte sich am linken Unterarm. „Tja, leider habe ich kein Alibi für die besagte Zeit. Ich war gestern zwischen 16 und 17 Uhr alleine im Göttinger Wald . Ich brauchte eine Auszeit.“
„Eine Auszeit?“
„Ja. Ich wollte einfach alles hinter mir lassen, durchatmen und entspannen.“
„Dann werde ich wohl nur überprüfen können, ob Sie zur heutigen Tatzeit tatsächlich in einem Seminar gesessen haben.“
„Das muss doch auch reichen.“
„Sie ist wirklich sehr aggressiv“, hörte Tommy plötzlich die Stimme seiner Kollegin. Nora trat zurück auf die Terrasse und schüttelte den Kopf. „Ich wollte ihr lediglich beistehen, doch sie wurde ausfallend und beleidigend.“
Saskia hob die Achseln. „Ich habe es Ihnen doch gesagt. Aber Sie wollten nicht hören. Also mussten Sie fühlen.“ Schadenfroh blickte sie Tommy an. „Haben Sie noch weitere Fragen an mich oder kann ich endlich wieder in mein Zimmer?“
„Im Moment haben wir keine weiteren Fragen. Sie können zurück ins Haus gehen. Vielen Dank für Ihre Auskünfte.“
„Kein Problem.“ Saskia nickte den Ermittlern zu. Dann verschwand sie im Wohnzimmer und schloss die Terrassentür von innen.
Nora und Thomas blickten ihr einige Zeit nach. Anschließend schritten sie über den Kiesweg westlich am Haus vorbei, um sich zurück zu Noras Wagen zu begeben.
„Wir sollten jetzt zu den Müllers fahren“, schlug Tommy vor, als sie beim Auto ankamen. „Ich bin nämlich schon gespannt auf die Handschriftenprobe des Professors. Die dürfte uns einigen Aufschluss
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