'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
Sie erfuhr von der KTU, dass Xenias VW überprüft wurde und es keine schwerwiegenden Folgen nach sich zog, dass sie den Wagen unbewacht zurückgelassen hatte. Augenscheinlich hatte sich niemand an dem Auto zu schaffen gemacht. Somit wurden keine wertvollen Spuren vernichtet. Zudem ergab eine Recherche, dass der VW tatsächlich Xenia gehörte. Er war seit einem Jahr auf sie zugelassen. Im Wageninneren konnten unzählige Fingerabdrücke sichergestellt werden, die allesamt ein und derselben Person gehörten. Es war jedoch verwunderlich, dass keine eindeutigen Fingerabdrücke am Lenkrad gefunden werden konnten. Alle dortigen Abdrücke waren bis zur Unkenntlichkeit verwischt. Beinahe schien es so, als hätte Xenia flüchtig über das Lenkrad gewischt, bevor sie zu Fuß weitergeflohen war. Doch warum hätte sie das machen sollen? Wieso war sie überhaupt zu Fuß weitergeflohen?
Auf den ersten Blick erschien das nicht allzu überraschend, da sie in eine Sackgasse gefahren war. Aber genau dieser Punkt gab Nora zu denken. Von Xenias Vermieter hatte sie nämlich am Vormittag in Erfahrung bringen können, dass die 22-Jährige bereits seit einem Jahr in ihrer aktuellen Studentenbude wohnte. Hätte sie dann nicht wissen müssen, dass sie auf ihrem Fluchtweg in eine Sackgasse fuhr? Immerhin lag diese Gasse keine zweihundert Meter von ihrer Wohnung entfernt.
Und wieso ist sie überhaupt noch am Tatort gewesen, als ich dort eintraf? Es hat fast den Anschein, dass sie von mir gejagt werden wollte. Und womöglich wollte sie auch ganz bewusst zu Fuß weiterflüchten. Aber warum?
Diese Gedanken verleiteten Nora zu der Idee, dass Xenia womöglich etwas im VW verstaut hatte, das sie den Ermittlern zukommen lassen wollte. Doch die KTU hatte in dieser Hinsicht nichts finden können. Außerdem hätte Xenia ihnen eine Botschaft oder einen Gegenstand auf viel einfachere und sicherere Weise in die Hände spielen können.
Das ergibt noch immer kein stimmiges Gesamtbild. Einige Puzzleteile fügen sich nicht richtig ein. Ich habe das unbestimmte Gefühl, dass bei der ganzen Geschichte noch etwas im Argen liegt.
Nachdem Nora sich noch einige Zeit lang vergeblich den Kopf über Xenias merkwürdige Vorgehensweise zerbrochen hatte, lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück, dachte über Tommys situs inversus nach und fragte sich, warum er ihr von diesem Phänomen noch nie etwas erzählt hatte. Doch es war ihr nicht möglich, diesbezüglich einige logische Überlegungen anzustellen. Denn urplötzlich stürmte eine junge Frau in ihr Büro und schrie: „Ich kann Xenia nicht erreichen! Was ist hier los? Was ist passiert?!“
Die Frau war höchstens 23 Jahre alt, hatte kurze schwarze Haare und trug einen roten Pullover zu einer Jeans.
Völlig überrumpelt sah Nora sie an. „Beruhigen Sie sich zunächst einmal. Und dann sagen Sie mir, wer Sie sind und was Sie wollen.“
„Mein Name ist Caroline Kötter! Ich bin Xenia Bolls beste Freundin! Ich kann sie nicht erreichen! Sie geht nicht ans Telefon und ich konnte sie auch nicht besuchen, weil ihre Wohnung abgesperrt ist!“
„Setzen Sie sich erstmal.“ Nora deutete auf einen Stuhl vor ihrem Schreibtisch.
„Ich will mich nicht setzen! Was ist mit Xenia?! Lebt sie noch oder hat der Irre tatsächlich noch einmal zugeschlagen?! Ich habe Ihren Kollegen doch gewarnt! Sagen Sie mir, dass Xenia noch lebt! Sonst raste ich genauso aus wie dieser Irre dort draußen!“
„Es gibt keinen Irren . Zumindest nicht in der Form, wie Sie es vermuten.“
„Was soll das heißen? Der Mörder ist ganz sicher ein Irrer! Kein normaler Mensch würde diese Morde begehen! Der Typ muss wahnsinnig sein! Der gehört in eine Anstalt!“
„Bei dem Mörder handelt es sich nicht um einen Mann.“
„Wie bitte?! Wollen Sie mir weismachen, dass eine Frau für die Morde verantwortlich ist? Das kann nicht Ihr Ernst sein! Eine Frau könnte solche Taten niemals verüben! Niemals!“
„Leider ist es aber so. Ihre Freundin ist die Täterin.“
Auf diese Nachricht reagierte Caroline nicht so, wie Nora es erwartet hätte. Denn die Studentin lachte auf einmal aus vollem Hals: „Xenia soll die Mörderin sein?! Das ist lächerlich! Sie könnte keiner Fliege etwas zu Leide tun! Ich kenne sie seit über einem Jahr! Sie ist eine der nettesten und hilfsbereitesten Frauen, denen ich jemals begegnet bin. Daher versichere ich Ihnen, dass sie unter keinen Umständen die gesuchte Mörderin ist!“
„Ich kann nachvollziehen, dass Sie diese
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