'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
Sag es nicht!“
Nora und Tommy sahen einander verwirrt an. Contento, der etwas weiter abseits stand, spitzte die Ohren.
„Es geht nicht mehr, hörst du?! Ich kann deine dreckigen Geschäfte nicht mehr decken! Ich habe das lange genug ertragen! Das Maß ist voll, denn jetzt geht es um Julias Leben!“, keifte Corinna.
„Mach das nicht! Die Ermittler werden sonst denken, dass ich -“, schrie Franz laut, als Nora ihn unterbrach: „Sprechen Sie weiter, Frau Bartel. Was können Sie nicht mehr decken? Worum geht es?“
Nora und Tommy ahnten, was Corinna ihnen nun sagen würde. Und diese Ahnung sollte sich prompt bewahrheiten. Corinna hob ihren Kopf und antwortete so angewidert wie eben möglich: „Franz betrügt mich mit einer billigen Nutte. Bei dieser war er am Sonntagabend. Ich weiß es. Ich bin mir hundertprozentig sicher.“
Franz äugte beschämt zu Boden. Von seiner Wut gegenüber den Kommissaren war von der einen auf die andere Sekunde nichts mehr zu spüren. Schlagartig wirkte er wie ein verschüchterter Junge, der die Hände soeben tief in seinen Hosentaschen verstaute.
„Das geht schon seit vier Monaten so“, fuhr Corinna jammernd fort. „Vergangene Woche war er gleich drei Mal bei dieser Schlampe.“
„Sie wissen davon?“, fragte Nora.
„Ja, ich weiß es!“
„Und weshalb tolerieren Sie das?“
„Wegen Julia natürlich! Ich komme selbst aus einer zerrütteten Familie. Es ist sehr schlimm, wenn Mutter und Vater sich trennen, während das Kind in der Pubertät steckt. Das verkraftet niemand so leicht. Und da ich Julia über alles auf der Welt liebe, muss ich diesen ganzen Mist irgendwie tolerieren. Doch jetzt wurde meine Kleine entführt und ich kann nichts machen, um ihr zu helfen!“
Nora schluckte. Sie zog ein Taschentuch hervor und überreichte es Corinna, die sich völlig ihren Tränen hingab.
„Die ganze Sache tut uns … aufrichtig leid“, ließ Nora dann vorsichtig verlauten, wobei sie bemerkte, dass ihr in dieser Situation die passenden Worte fehlten. Sie wusste beim besten Willen nicht, was sie sagen sollte.
Zeitgleich trat Thomas näher an Franz heran. „Wie heißt diese Prostituierte und wo können wir sie finden?“
Franz schwieg eine Weile, ehe er kleinlaut von sich gab: „Ihr Name ist Nicole. Sie arbeitet im Aischa . Ich treffe sie regelmäßig im Göttinger Wald .“
Thomas atmete tief durch. Nach einem kurzen Zögern sah er zu Nora, dann zu Contento. „Bleibst du noch ein wenig hier bei Frau Bartel, Rafael? Nora und ich werden jetzt die Kollegen bei den Befragungen der Nachbarn unterstützen.“
Rafael nickte. „Kein Problem. Ich bleibe hier.“
Während Franz im Badezimmer verschwand, setzte Contento sich neben Corinna und sah ihr aufmunternd in die Augen. Unterdessen schritten Nora und Thomas zur Tür.
„Dieses miese Schwein“, stieß Nora aus, als sie auf den Flur hinaustraten. „Er sucht tatsächlich eine Prostituierte auf. Dabei hat der Mann eine Familie, verflucht. Warum macht er so einen Mist? Wieso zerstört er dadurch alles?“
Thomas hob die Schultern. „Ich kann es dir beim besten Willen nicht sagen. Es tut mir einfach nur unendlich leid für Corinna und Julia. Aber das hilft den beiden leider auch nicht viel.“
Nora holte tief Luft. Dann wechselte sie das Thema: „Da der Täter keine hilfreichen Hinweise hinterlassen hat, bleibt uns zunächst wirklich nichts weiter übrig, als den Kollegen bei den Befragungen der Nachbarn zu helfen, nicht wahr?“
Tommy brummte ein reserviertes „Stimmt“ als Antwort. Er hasste es, wenn ihm die Hände gebunden waren. Im Gegensatz zu Nora war er kein geduldiger Mensch. Er liebte es, nach der Hau-Ruck-Methode vorzugehen, selbst wenn er damit hin und wieder Fehlschläge einstecken musste. Nun blieb dem Draufgänger jedoch nichts anderes übrig, als in den folgenden zwei Stunden gemeinsam mit seinen Kollegen die Bewohner zum heutigen Abend zu befragen. Während er wiederholt daran dachte, wie beruhigend eine Zigarette in dieser Situation wäre, machte er sich an die Arbeit.
Erst um kurz vor halb zwei beendeten sie ihre letzten, wenig ergiebigen Befragungen. Da ihnen zu diesem Zeitpunkt vor Übermüdung fast die Augen zufielen, entschlossen sie sich dazu, die Täterjagd für die heutige Nacht ruhen zu lassen und den Nachhauseweg anzutreten. Vor Ort konnten sie nichts mehr erreichen. Der Täter hatte ihnen wieder einmal keine Spur hinterlassen. Er schien sie regelrecht auszulachen.
Deprimiert verabschiedete
Weitere Kostenlose Bücher