'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
Nora sich von Tommy und entfernte sich vom Hochhaus. Sie trottete in die spärlich beleuchtete Gasse, wo ihr Auto auf sie wartete. Nachdem sie die Fahrertür aufgeschlossen hatte, setzte sie sich in den Sitz, schnallte sich an und legte ihr Handy auf die Ablage vor sich.
Was für eine beschissene Woche! Welcher kranke Mensch ist zu solchen Morden nur fähig? Was treibt ihn zu seinen Handlungen an? Welchen unvorstellbaren Hass muss er in sich tragen? Und was wird er nun mit Julia anstellen? Welchen Schmerz muss sie empfinden?
Falls sie überhaupt noch lebt ...
41
„Was ist los? Was ist passiert?“, wollte Jasmin am Mittwochmorgen um neun Uhr von Bill in Erfahrung bringen. Die Schülerin saß auf der Couch im Wohnzimmer ihres Elternhauses und überkreuzte ihre Beine. Bill hatte soeben einen Anruf mit einer augenscheinlich negativen Nachricht erhalten, denn er schlurfte mehr als bedrückt auf Jasmin zu und atmete so schwer, dass die 16-Jährige sein Schnaufen sogar auf einige Meter Entfernung hören konnte.
Aufgrund der derzeitigen Situation hatte Bill sich zwei Wochen Urlaub genommen. Er wollte Jasmin beweisen, dass sie nicht alleine war. Daher hütete er nun genau wie Anna rund um die Uhr das Haus und war immer sofort zur Stelle, wenn Jassi etwas brauchte oder mit ihm über ihre Furcht reden wollte. Zudem war er der einzige, der das Haus regelmäßig verließ, um Verpflegung zu besorgen.
Während Anna oben im Bad eine Morgendusche nahm, sah Bill mit betretener Miene zu Jassi. „Es ist etwas Schreckliches passiert. Franz Bartel war gerade am Telefon. Es geht um Julia.“
„Was ist mit ihr? Sag schon! Los!“
„Es ist nicht einfach für mich, dir das mitzuteilen. Julia wurde -“ Er stockte. Es fiel ihm sichtlich schwer, die folgenden Sätze über die Lippen zu bringen. „Sie wurde gestern Abend entführt. Franz dachte, dass wir das wissen sollten. Es … es tut mir leid, Schatz.“
„Wie bitte?! Nein! Nein, das muss ein Scherz sein!“ Die Augen weit aufgerissen, schlug Jasmin die Hände vor den Mund. Dann warf sie sich auf die Couch, wobei sie mit voller Wucht in eines der Kissen boxte. „Nicht auch noch Julia! Das gibt es nicht! Lebt sie noch? Gibt es irgendwelche Hinweise? Was macht die Polizei?!“
„Es gibt keinerlei Anhaltspunkte auf ihren Aufenthaltsort. Die Polizei weiß nicht, ob sie noch lebt. Aber ich befürchte, wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen.“
„Das ist unmöglich! Dieser Irre will doch mich ! Warum hat er Juliaentführt, wenn er unbedingt mich will? Ich verstehe das nicht!“
„Es könnte sein, dass du als Ablenkung gedient hast. Unter Umständen ist Julia die ganze Zeit sein Hauptziel gewesen.“
„Dieses Schwein! Was können wir denn jetzt machen?“
„Leider können wir jetzt nur abwarten.“
„Aber jede einzelne Sekunde könnte es zu spät sein! Wir müssen doch etwas unternehmen!“ Jasmin schnappte verzweifelt nach Luft. Ihr Kopf lief so rot an, dass sie jeden Moment einen Schwindelanfall zu erleiden drohte. Als Bill dies sah, meinte er: „Ich hole dir ein Glas Wasser. Atme tief ein und aus. Es wird alles gut werden. Ganz bestimmt.“
Während er in die Küche lief, schloss Jasmin ihre Augen und wischte sich die ersten Tränen von den Wangen. Dann lehnte sie sich zurück und legte ihre Hände neben sich auf die Kissen. Doch schon im nächsten Moment schreckte sie wieder vor; ein lautes Geräusch ließ sie aufhorchen. Schnell erkannte sie, dass es der Piepton ihres Handys war. Sie zog das Gerät, das sie von der Polizei wie versprochen zurückerhalten hatte, aus der Hosentasche und lugte auf den Bildschirm:
SIE HABEN EINE SMS ERHALTEN
Da Jasmin den Absender nicht kannte, hielt sie die Luft an. Sie ahnte, von wem sie die Kurznachricht bekommen hatte. Und kaum hatte sie die SMS ebenso neugierig wie widerstrebend geöffnet, da ließ ihr deren Inhalt auch schon das Blut in den Adern gefrieren.
Hallo Jasmin! Möchtest du wissen, was ich mit deiner Freundin Julia gemacht habe? Ja? Dann warte einen Augenblick. Ich werde es dir zeigen.
Stocksteif saß Jasmin auf der Couch. Sie wollte nach Bill rufen, aber ihrer Kehle entsprang kein einziger Laut. Zu verstört, um schreien zu können, sah sie auf ihr Handy hinab. Dieses piepte im selben Moment zum zweiten Mal. Jetzt hatte sie jedoch keine SMS erhalten. Diesmal sollte ihr der Schock noch tiefer in die Glieder fahren.
Sie hatte eine Bildnachricht bekommen.
Als sie diese öffnete, erschien ein Foto auf dem
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