Rache der Königin
Stimme, tief aus seiner Seele. Und ich schenkte ihm ein zweites Glas Moselwein
ein und läutete dem Diener, den leeren Teller abermals zu füllen.
Dann bot ich Hörner und seinen Männern zur Wohnstatt einen großen Boden über meinem Pferdestall, wo sie auch kochen könnten
wie auf Brézolles.
Zu meiner Verwunderung aber und obwohl mein Angebot mich durchaus ehrenhaft dünkte, stritt Hörner, so glücklich er war, hart
um die Höhe des Solds. Während ich meinte, der Sold für eine ständige Anstellung könne nicht so hoch sein wie für eine zeitlich
begrenzte Eskorte, hielt Hörner dagegen, daß er genauso hoch sein müsse, weil Gefahr und Mühsal die gleichen seien. Zuletzt
schämte ich mich, mit diesen braven Leuten, die so gut und treu dienten, länger zu feilschen (»Womit Ihr sehr Unrecht hattet«,
sagte mein Vater), und gestand Hörner zu, was er verlangte. Diese Ausgabe, dachte ich, wird mich nicht arm machen, und für
Catherines Sicherheit in und außerhalb unserer Mauern zu sorgen ist kein hinausgeworfenes Geld.
Kurios nun, daß Catherine, die mir für meine Fürsorge großen Dank wußte, die dauerhafte Anstellung Hörners und seiner Leute
aber noch aus sehr anderem Grunde guthieß.
»Ein Glück!« rief sie. »So könnt Ihr, wenn Ihr künftig in den Louvre geht, Euch mit einer Begleitung sehen lassen, die Euch
geziemt! Mein Gott, seid Ihr nicht Herzog und Pair und schuldet Eurem Rang mehr Pomp und Glanz? Eure guten Schweizer mit ihrer
furchteinflößenden Statur, ihrem starken und mannhaften Aussehen werden das trefflich machen, Ihr müßt sie nur noch in Eure
Farben kleiden, am besten Grün und Gold, das ergibt die schönste Wirkung. Und jeder, der dann einen unserer Schweizer durch
die Straßen reiten sieht, wird bedeutsam nicken und sagen: ›Das ist ein Schweizer des Herzogs von Orbieu! Wer weiß, um welche
große Affäre er so geschwind eilt?‹ Jaja, mein Freund, es geht nicht so weiter, daß Ihr Euch gebt, als wärt Ihr ein mickriger
kleiner Provinzherzog, der keinen Heller besitzt und an allem knausert, wo wir doch beide hübsch vermögend sind. Mein Freund,
erkennt die Zeichen der Zeit: Am Hof darf man nicht nur sein, man muß auch scheinen!«
|47| Als ich, vor meiner Abreise nach Italien, dies meinem Vater berichtete, gab er meiner kleinen Herzogin zu meiner nicht geringen
Überraschung recht.
»Eure reizende Gemahlin«, sagte er, »trägt einen gut bestellten Kopf auf den schönen Schultern. Wir einstigen Hugenotten sind
noch immer biblisch sparsam – ›das Heringsfaß stinkt eben immer noch nach Hering‹ –, wir halten unsere Taler wie mit Krallen
fest. Wir hätten gut in die antike römische Republik gepaßt, die karg und tugendhaft war. Aber in einer Monarchie wie der
unseren ist Prunk ein Machtmittel. Der König muß durch seine Großartigkeit nicht nur die eigenen Untertanen beeindrucken,
sondern auch die anderen Könige Europas, damit sie denken, wenn er soviel Geld für seinen Glanz ausgeben kann, hat er noch
viel mehr, um gegebenenfalls mächtige Armeen aufzustellen. Und so genügt es eben nicht, daß ein Herzog und Pair, der innerhalb
seines Umkreises ja ein kleiner König ist, sich als eine der Säulen des Staates versteht, er muß sich auch als solche darstellen.«
***
Von allen Kreuzen, die mein armer König in seinem kurzen und nicht sehr glücklichen Leben zu tragen hatte, waren sicherlich
diejenigen am schwersten, die seine Mutter, sein Bruder und seine Gemahlin ihm auferlegten. Das Wort Familie vermag ja höchst
Unterschiedliches zu bedeuten: Heißt es für den einen geteilte Einsamkeit, Beistand in Prüfungen, inniges Beisammensein, so
für den anderen giftige Spitzen, Scherereien und Bitternisse ohne Ende.
Wie vermeldet, hatte der junge Gaston d’Orléans, der untröstliche Witwer, sich bald nach dem Tod seiner Gemahlin in Maria
von Gonzaga verliebt, die Tochter jenes Herzogs von Nevers, dem jüngst das Herzogtum Mantua zugefallen war. Die Königinmutter
widersetzte sich dieser Verbindung, wie man sah, mit der wenig triftigen Begründung, daß der Vater der jungen Dame vor zwanzig
Jahren gegen sie die Waffen erhoben hatte. Doch auch der König und Richelieu wollten nichts davon wissen, und das aus folgendem
Grund: Zu leicht konnte Gaston, der ewige Störenfried, der gegen seinen älteren Bruder andauernd mehr oder minder offen rebellierte,
wegen jeder |48| Nichtigkeit dann zu seinem Schwiegervater nach
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