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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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hinter Glas und in einen Goldrahmen setzen, und so schmückt er meinen
     schönsten Salon.«
    »Was, Sioac! Eingerahmt und aufgehängt habt Ihr ihn? War der Plan als Wandschmuck gedacht? Oder um wirklich danach zu bauen?«
    »Aber genauso verstand ich ihn, Sire. Ich habe besagtes Torgebäude exakt nach Eurem Plan errichten lassen, habe Soldaten hineingesetzt,
     und seitdem gibt es keine Überfälle mehr.«
    »Das habt Ihr gut gemacht«, sagte Ludwig. »Ob Herzogtum, ob Königreich, es muß den Feinden wehren.«
    »Sioac«, fuhr er nach kurzem fort, »morgen abend erreichen wir Montfort-l’Amaury, ich habe Order gegeben, daß meine Regimenter
     dort biwakieren. Aber was mich angeht, wäre ich glücklich, wenn es Euch recht wäre, in Orbieu zu übernachten.«
    »Sire«, sagte ich, »es wird meiner Gemahlin und mir ein hohes Glück und eine außerordentliche Ehre sein, Euch in Orbieu zu
     empfangen, und ich bin mir sicher, daß das Datum Eures Besuchs noch für meine Kinder und Kindeskinder alljährlich ein Tag
     freudigen und stolzen Gedenkens sein wird.«
    Hierzu muß ich sagen, daß es gar nicht so leicht war, Ludwig |107| durch Dankesworte zufriedenzustellen. War man zu lang und zu rhetorisch, witterte er Getue und Schmeichelei. War man zu kurz,
     fand er das ungeniert und quasi eine Verletzung seiner Würde. Nach dem Anflug eines Lächelns zu urteilen, das über sein ernstes
     Antlitz huschte, hatte ich diesmal wohl das rechte Maß getroffen.
    Da der Lindwurm unserer Karossen, Kavallerie, Karren und Fußsoldaten alle zwei Stunden anhielt, beurlaubte mich Ludwig beim
     nächsten Halt, und ich machte mich eiligst auf die Suche nach Nicolas, seinem Bruder, dem Hauptmann von Clérac, und Marschall
     von Schomberg. Nicolas sagte ich, er solle sich am folgenden Morgen zwei Stunden vor Tag aufmachen, der Herzogin von Orbieu
     zu melden, daß der König in der kommenden Nacht bei uns logieren werde und alles zu seinem würdigen Empfang vorzubereiten
     sei. Monsieur de Clérac bat ich, er möge seinem Bruder Nicolas zehn seiner Musketiere zur Eskorte nach Montfort-l’Amaury mitgeben.
     Und Schomberg, er solle seinen Gardisten und Wachen Befehl erteilen, diesen Peloton vor der festgesetzten Aufbruchsstunde
     passieren zu lassen.
    »Gott sei Dank«, meinte Schomberg, »daß unsere nächste Etappe Montfort-l’Amaury ist. Dort gibt es nämlich an einem Teich,
     wo wir unsere Zelte aufschlagen können, ein weites Gelände, das Henri Quatres Feld heißt, Gott weiß warum.«
    »Aber ich weiß es! Von meinem Vater«, erwiederte ich lachend. »Henri wäre dort von einer jungen Bäuerin einmal beinahe mit
     einer Sichel erschlagen worden; sie war furchtbar aufgebracht gegen ihn, weil er auf ihrem Feld sein Geschäft verrichtete.«
    »Und wie hat Henri sich gerettet?«
    »Mit seinem üblichen Witz. ›Meine Schöne‹, hat er gesagt, ›wäre es nicht großes Unrecht, den König totzuhauen, nur weil er
     euren Acker düngt?‹ – ›Ich wußte nicht, daß Ihr der König seid‹, meinte die Bäuerin. ›Aufs Maul gefallen seid Ihr freilich
     nicht, wie es ja auch von ihm heißt, und Ihr starrt auch den Weibern auf den Busen.‹«
    ***
    Ich muß nun gestehen, daß ich mehr geschmeichelt als glücklich war, den König in meinem kleinen Reich zu empfangen, denn ich
     hatte mir meine Heimkehr anders vorgestellt, eher wie |108| Odysseus, dem nach dem Trojanischen Krieg Herz und Sinn einzig danach standen, Ithaka und seine treue Penelope wiederzusehen.
     Nach dem langen Umherziehen in Italien und Languedoc, nun, da endlich Frieden war, sehnte auch ich mich nach meiner ländlichen
     Zuflucht und nach ihr, deren schönster Zier, die mir in meinen Träumen mit dem Knäblein im Arm entgegentrat, das sie mir geboren
     hatte.
    Ja, ehrlich gesagt, Leser, und ohne meine Anhänglichkeit an den besten aller Herren zu schmälern, hätte ich das Wiedersehen
     mit meiner lieben Gattin gern gefeiert, ohne mir gleichzeitig den Kopf zerbrechen zu müssen, wie ich Ludwig nach allen Regeln
     des Protokolls bewirten könnte.
    Auf besagtes Protokoll hielt Ludwig tatsächlich viel, und einen selbst ungewollten Verstoß gegen die ihm geschuldeten Rücksichten
     verzieh er kaum. Diese Eigenheit (über die sein Vater Henri gelacht hätte, er, der immer und überall mit jedermann auf vertrautem
     Fuß war), ach, sie entsprang bei ihm nicht aufgeblasener Eitelkeit, sondern der Tatsache, daß er in Kindheit und Jugend unverschämt
     behandelt worden war von den

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