Rache der Königin
meine Liebe«, sagte ich, »Ludwig ist ein Soldatenkönig wie sein Vater.«
»Man kann doch, wie sein Vater, Soldat und galant sein.«
»Aber ehrlich gestanden, Liebste, hätte ich seinen Vater nicht so leichten Herzens hier empfangen. Denkt nur daran, wie der
Prinz von Condé mit seiner schönen Gemahlin in die Niederlande fliehen mußte, um sie vor den Nachstellungen des Béarnaisers
in Sicherheit zu bringen.«
»Wie dem auch sei«, meinte sie in leicht gekränktem Ton, »je denfalls ist Euer Ludwig, auf den Ihr soviel haltet, den Frauen nicht zugetan.«
»Seine Mutter liebt er nicht und nicht seine Gemahlin, aber seine Schwestern liebte er sehr. Und vor allem achtet er das Gebot:
Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib.«
»Und Ihr, Monsieur«, fuhr Catherine auf und bohrte ihre Goldaugen in meine Augen, »seid Ihr auf Euren Kriegszügen diesem Gebot
gefolgt, Eures Nächsten Weib nicht zu begehren?«
Wahrhaftig, schöne Leserin, ich war baff, mit welcher Geschwindigkeit Catherine die Waffen zückte! Und ich sagte mir, daß
ihr Verhör leicht inquisitorischer werden könnte als die Inspektion des Königs!
Ich verlegte mich also auf die Wahrheit, die aber, wie du weißt, Leser, gefährlich sein kann, selbst wenn man unschuldig ist.
»Verführerischen Damen«, sagte ich, »bin ich nur zweimal begegnet, doch ohne ihren Lockungen zu erliegen.«
|111| Wo, wer, wann, wollte Catherine sofort wissen und forschte in anklagendem Ton, wes Nächsten Weib es denn war, das ich nicht
hätte begehren dürfen?
»Es gab keinen Nächsten, meine Liebe. Die eine war eine Witwe, bei der ich einquartiert war, und die anderen waren zwei junge
Waisen, bei denen Graf von Sault und ich in Susa logierten.«
»Höre ich recht?« rief Catherine, »zwei Italienerinnen! Zwei feurige Frauenzimmer! Und Ihr wollt mir weismachen, Ihr wäret
ihnen nicht erlegen?«
»Nein, Madame, davor bewahrte mich Graf von Sault. Er nahm es auf sich, sich während unseres ganzen Aufenthalts zu Susa der
Bigamie zu ergeben.«
»Graf von Sault soll Euch bewahrt haben! Noch so ein Liebhaber der Weiblichkeit! Eine schöne Garantie! Ich glaube eher, daß
Ihr einander die feurigen Weibsbilder geteilt habt!«
»Meine Teure«, sagte ich verstimmt, »Ihr habt nicht den mindesten Grund zu Eurem Verdacht. Ich war Euch auf diesem ganzen
Feldzug ehern treu, und damit Punktum, wie Ihr zu sagen beliebt.«
Doch wenn ich glaubte, ihrem Verhör mit dieser Redewendung ein Ende zu setzen, hätte ich ebensogut versuchen können, einen
Sturzbach durch einen Kiesel aufzuhalten. Sie hörte und hörte nicht auf, bis ich ihr schließlich entnervt den Rücken kehrte,
was freilich nicht besonders liebenswürdig war, ich bekenne es, und denn auch ein Schluchzen heraufbeschwor, das einem das
Herz zerriß. So konnte ich nicht anders, als ihr gut zuzureden, sie zu streicheln, zu liebkosen, bis wir beide fanden, daß
es keiner Worte mehr bedürfe. Und obwohl Catherine ihre törichten Anschuldigungen nicht zurücknahm, ließ sie sie doch fallen,
beide taten wir in schweigendem Einvernehmen, als hätten wir sie vergessen, und die Nacht endete, Gott sei Dank, zärtlicher,
als sie begonnen hatte.
***
Ludwig blieb nur zwei Tage und zwei Nächte in Orbieu. Am einundzwanzigsten Juli reiste er ab, und bei unserer letzten gemeinsamen
Mahlzeit wandte er sich endlich an Catherine mit der Anrede »meine Cousine«.
|112| Auch wenn es nur die gebührende protokollarische Anrede für eine Herzogin war, konnte Catherine nicht verhindern, daß Rosenfarbe
ihr Gesicht überlief und ihre Augen erglänzten.
»Meine Cousine«, sagte der König, »mein Cousin Siorac ist einer der wenigen Herzöge in diesem Reich, der keine Mühe scheut,
wenn es darum geht, seinem König zu dienen und seinen Besitz gut zu verwalten. Dafür soll er bedankt und belohnt werden, zumal
er mir in Italien und im Languedoc so gut gedient hat. Ich habe den Herrn Kardinal gebeten, auf seiner Heimkehr über Montfort-l’Amaury
zu reisen und ihn wie Euch, meine Cousine, mit nach Paris zu bringen. Dies wird um den zehnten September sein, so daß ich
Euren Gemahl für einen guten Monat Eurer Obhut überlasse.«
»Habt den größten Dank, Sire«, sagte Catherine, Tränen in den Augen.
Ludwig sah die Tränen, und schon begann er, ohne Übergang, von der Jagd zu reden. Alles, was im Betragen einer Frau weiblich
war, löste bei ihm Abwehr aus, wahrscheinlich weil es ihn wiederum an
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