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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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dienen?«
    »Sicherlich«, versetzte ich. »Darf ich Fogacer fragen, Eminenz? Und wenn er ja sagt, was soll er tun?«
    »Nichts, was mit seiner Robe nicht vereinbar wäre. Es geht darum, im Beichtstuhl diese oder jene bewußte Person anzuhören.
     Sie haben alle feine Ohren und ein ausgezeichnetes Gedächtnis, aber, weil das Fleisch schwach ist, auch einige Sünden zu beichten.«
    »Heißt das, Eminenz, daß ich unseren Domherrn, nachdem er die bestimmten Personen im Beichtstuhl gehört hat, zu Tisch bitten
     soll? Und nachher alles, was er mir berichtet hat, zu Papier bringen und Ludwig und Euch mitteilen soll?«
    »Genau das. Und weil Ihr nicht fragt, mein Cousin, weshalb ich den Domherrn gern als eine Art Relais zwischen Euch und mir
     wüßte, will ich Euch hierüber aufklären. Ich muß immer befürchten, daß besagte Personen auf dem Weg zu Monsieur de Guron oder
     zu Euch mal verfolgt und somit überführt werden. Aber wer kann etwas dabei finden, wenn sie in eine Kirche zur Beichte gehen?
     Die Rapporte, die Ihr mir, sie betreffend, nach Italien senden werdet, unterzeichnet Ihr mit dem Namen eines griechischen
     Philosophen, jedesmal eines anderen.«
    Hierauf erkundigte sich der Kardinal höflich nach dem Ergehen der Frau Herzogin von Orbieu, und ohne meiner Antwort länger
     als nötig zuzuhören, ließ er mich von einem Musketier zur Tür seines Hauses geleiten. Was nicht nur Höflichkeit war, man gelangte
     ebenso schwer in sein Haus hinein wie wieder hinaus.
    |165| Im Hof des Palais empfing mich das zärtliche Wiehern meiner Accla, die mich witterte, noch ehe sie mich sah. Ich hatte diesmal
     nur wenige Leute bei mir: Nicolas und vier Schweizer, denn laut einem königlichen Erlaß waren die privaten Eskorten derzeit
     auf ein Minimum zu beschränken, um die Bewegungen der Regimenter in der Kapitale nicht zu behindern.
    Die gute Accla erhielt längst nicht so viele Liebkosungen, wie sie erwartete, so sehr drängte es mich, zu Catherine zu eilen
     und sie aus ihrer Sorge zu erlösen. Doch anscheinend war ich nicht der einzige, der sich sorgte, denn sobald Nicolas konnte,
     lenkte er sein Tier an meine Seite.
    »Monseigneur, darf ich eine Frage stellen?« begann er mit etwas bebender Stimme.
    »Hier?« sagte ich. »Kannst du nicht warten, bis wir zu Hause sind?«
    »Monseigneur, die Frage ist für mich wichtig, schließlich ist mein Schicksal an Eures gebunden.«
    »Schicksal! was für ein großes Wort!«
    »Monseigneur, das Leid unserer Angehörigen wäre groß, wenn wir von einer Kugel getötet würden.«
    »Oder an der Pest stürben? Oder eher in glutvollen Armen vergingen?«
    »Monseigneur, Ihr höhnt. Aber denkt doch, wie die Frau Herzogin über Euren Tod weinen würde!«
    »Oder Henriette über deinen!«
    »Monseigneur, Ihr schraubt mich.«
    »Ach, nicht doch! Stell deine Frage, Nicolas, aber mach es kurz.«
    »Monseigneur, in zwei Worten nur: Gehen wir?«
    »Nicolas, deinen zwei Worten fehlt ein drittes: wohin?«
    »Ihr wißt schon, wohin. Man schreit es ja auf dem Pont-Neuf aus, Monseigneur, die ganze Stadt weiß es.«
    »Und du weißt auch schon, wohin wir gehen?«
    »Ja, Monseigneur. Außerdem hörte ich von meinem Bruder, Monsieur de Clérac, daß die Musketiere des Kardinals Order haben,
     im Quartier zu bleiben, ihre Pferde zu striegeln und neu zu beschlagen.«
    »Nun verrate mir doch, Nicolas, woher ein Hauptmann der Königlichen Musketiere weiß, was bei den Musketieren des Kardinals
     vorgeht?«
    |166| »Wir spionieren sie ein bißchen aus, wir sind ja gewissermaßen ihre Rivalen.«
    »Ein bißchen?«
    »Vor allem fürchten wir, sie könnten vor uns in den Kampf ziehen.«
    »Du sagst ›wir‹. Noch bist du kein Musketier.«
    »Und heilfroh, es noch nicht zu sein, weil ich Euch diene, Monseigneur.«
    »Du dienst mir, Nicolas, und hast die Unverfrorenheit, mich nach einem Staatsgeheimnis zu fragen?«
    »Staatsgeheimnis!« sagte Nicolas. Und mit einer Naivität, die mich belustigte und rührte, setzte er hinzu: »Soviel verlange
     ich gar nicht!«
    »Nun ja!« sagte ich versöhnlich. »Das Verlangen ist noch kein Vergehen. Warte, bis wir im Hôtel des Bourbons sind. Dann sage
     ich Madame, wie es damit steht.«
    Ich sage wie gewohnt »Hôtel des Bourbons«, aber nur der Abkürzung halber, denn so heißt nicht mein Haus, sondern meine Straße.
     Das Hôtel selbst wurde nie von einer königlichen Familie bewohnt. Übrigens ist es ein bißchen zu groß für uns, aber weil es
     unter Franz I.

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