Rache der Königin
erbaut wurde, hat es mit seinen steinernen Fensterkreuzen eine Eleganz, in die ich ganz verliebt bin, weshalb
ich es mit vieler Sorgfalt und viel Geld instand halte.
Um mich gegen nächtliche Überfälle von Verbrechern zu wappnen, habe ich, wie mein Vater, das Haus dazugekauft, das meinem
auf der anderen Straßenseite gegenüberliegt, und dort meine Schweizer einquartiert. Wenn mein Tor bei Nacht von verwegenen
Strolchen angegriffen würde, sähen sie sich zu ihrem Schaden zwischen zwei Musketenfeuer gestellt. Meine Schweizer haben in
der Rue des Bourbons einen guten Ruf, sie sind nicht streitsüchtig, nicht laut, und ihre Erscheinung, ihre Statur und ihr
Benehmen beruhigen unsere Nachbarn. Einer, der sein Stadthaus verkaufen wollte, um sich aufs Land zurückzuziehen, hob den
Käufern gegenüber hervor, daß die Rue des Bourbons die sicherste Straße von Paris sei, denn schon bei Ansicht meiner Schweizer
nähmen die Halunken die Beine in die Hand.
Sowie Catherine das Haustor des Hôtel des Bourbons in den Angeln gehen und die Hufe unserer Pferde im Hof klappern hörte,
kam sie auf die Freitreppe gelaufen, und ich, schon abgesessen |167| von meiner Accla, rief ihr auf lateinisch zu:
»Ma
neo
!«
1 , weil ich nicht wollte, daß das Gesinde es vor ihr höre. Und Catherine, bei den guten Schwestern von Nantes erzogen, verstand mich, ihr schönes Gesicht erblühte in hellster Freude,
sie wirbelte die Stufen so geschwind herunter, daß sie die letzte verfehlte und mir in die Arme flog.
Wie seltsam, daß diese Umarmung mir jetzt so deutlich gegenwärtig ist als ein goldener Augenblick meines Lebens! Ich weiß
nicht, ob die Macht, die den Himmel regiert, mir eines Tages ihr Paradies öffnen wird und ob ich an jenem ätherischen Ort
der ewigen Seligkeit teilhaftig sein werde. Für mich – aber bitte, sagen Sie das nicht meinem Pfarrer – besteht das Paradies
aus den Menschen, die ich hier auf Erden liebe.
***
Am achtundzwanzigsten Dezember 1629 verlieh Ludwig vor dem zu diesem Zweck versammelten Großen Rat Richelieu den Titel eines
Generalleutnants der Königlichen Armeen, womit er alle Autorität über die Marschälle von Frankreich, also Bassompierre, Schomberg,
Créqui und La Force, erhielt, die am nächsten Tag mit ihm nach Italien gingen.
Es war nicht das erstemal, daß Ludwig seine Macht auf Richelieu übertrug. Er hatte es in La Rochelle bereits getan, bevor
er, durch das windige und kalte Wetter an der Küste angegriffen, zur Genesung für einige Wochen nach Paris heimkehrte.
Etwas eifersüchtig indessen auf die große Autorität, die er dem Kardinal überließ, konnte er sich die herbe Anmerkung nicht
verkneifen: »Ohne mich habt Ihr nicht mehr Autorität denn ein Kochtopf.« Eine Bosheit, über die er den Kardinal aber am folgenden
Tag durch liebevolle, von Herzen kommende Worte tröstete.
Tatsächlich wurde Ludwigs pessimistisches Wort gründlich widerlegt. Die Marschälle merkten schnell, daß der Kardinal die Schlachten
Henri Quatres besser kannte als sie selbst, daß er viel mit Karten arbeitete (die sie selbst nur selten zu Rate zogen), daß
sein Kundschafterdienst hervorragend organisiert war, daß er den Verlauf jeder Unternehmung bis ins letzte |168| durchdachte, aber ebensogut auch in der Hitze des Augenblicks entscheiden konnte.
Immer wieder habe ich gesagt, daß Richelieu, der mittellose Nachgeborene, niemals die Soutane gewählt hätte, sondern den Küraß,
wäre es nicht um den Erhalt eines Bistums gegangen, das seiner Familie sonst verfallen wäre. Mit welchem Stolz hatte er besagten
Küraß während der Belagerung von La Rochelle getragen und mit welch sichtlicher Befriedigung trug er ihn auch am neunundzwanzigsten
Dezember 1629, als er in aller Frühe an der Spitze von zweiundzwanzigtausend Mann Paris verließ. Ich sah ihn auf seiner schönen
rotbraunen Stute, mit wehendem Helmbusch, in weißen Stiefeln, ein rostrotes Gewand mit Goldstickerei unterm schimmernden Küraß.
Ich wußte, daß es bei dem Marschtempo der Infanterie über anderthalb Monate dauern würde, bis die Armee Briançon erreicht
hätte, daß aber die Kurierreiter des Kabinetts doppelt so schnell waren, vor allem sicherer als die Post, und so erwartete
ich Nachrichten nicht vor anderthalb Monaten. Tatsächlich traf wenig später ein mit Wachs gesiegelter Umschlag ein, doch der
war fliederfarben und obendrein parfümiert. Teufel! dachte ich, sollte der Kardinal sich dem
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