Rache: Die Eingeschworenen 4
Ruderschlägen. Wir sollten sie warnen, denn sie fuhr jetzt dicht am Ostufer. Am westlichen Ufer gab es eine starke Strömung, die alles mit sich fortriss. Ich war mir inzwischen ziemlich sicher, dass wir nicht mehr allein waren, selbst wenn bisher nur Kuritsa wirklich wusste, dass hier noch andere Menschen waren. Palligs Leute? Vielleicht die beiden, die mit dem Boot entkommen waren, oder der, der zu Fuß geflohen war.
Ich betete zu Odin, dass es diese drei wären, als ich den Mann entdeckte, der nicht mehr als eine Armlänge von mir entfernt im Gebüsch stand.
Er war barhäuptig, und sein dunkles Haar war zu mehreren Zöpfen geflochten, dazu hatte er sich mit Holzkohle Streifen auf Wangen und Stirn gemalt, wahrscheinlich um sich zu tarnen. Schon daran erkannten wir, dass er kein Freund war, denn das tat nur jemand, der nicht gesehen werden wollte, und seine gezogene Bogensehne mit dem langen Pfeil voller Widerhaken verriet, auf welches Wild er es abgesehen hatte.
Der Brachvogel rief wieder und schwebte über seinem Nest, dem der Mann vielleicht zu nahe gekommen war. Er sah nach oben, denn er wusste, wenn jemand dieses Zeichen zu deuten verstand, hatte er sich verraten. Dann entdeckte er mich und riss erschrocken die Augen auf.
Für einen Pfeil war es zu spät. Ich ließ den Bogen fallen, brach durch das Weidengestrüpp und versuchte gleichzeitig, meinen Sax aus der Scheide zu ziehen, die ich umgehängt hatte. Der Mann gab einen grunzenden Laut von sich und wollte zurückweichen, um Platz zum Schießen zu gewinnen, aber dafür war es zu spät. Weidenzweige peitschten mir ins Gesicht und zerrten an meiner Tunika.
Er ließ seinen Bogen fallen und versuchte, mit dem Pfeil nach mir zu schlagen, aber ich warf mich auf ihn und packte seine Hand, er packte meine andere. Wir rangen miteinander, sein Gesicht war dicht vor meinem, er stank nach Zwiebel und Angst, und sein Schweiß verschmierte die Rußstreifen auf seinem Gesicht.
Er riss sein Knie hoch und hätte mich beinahe empfindlich getroffen, aber ich machte eine halbe Drehung, und stattdessen traf er mit voller Wucht meinen Oberschenkel, der sofort taub wurde. Eigentlich hätte ich um Hilfe rufen sollen, aber das hätte nicht nur meine, sondern auch seine Gefährten alarmiert, und er war offenbar zu demselben Schluss gekommen, denn wir kämpften lautlos, nur begleitet von unserem Keuchen und Stöhnen.
Mein taubes Bein ließ mich stolpern, ich fiel auf die Seite und riss ihn mit; zusammen krachten wir in das Weidengestrüpp, und als er auf mir landete, war mein Knie zwischen seinen Beinen, und er stieß einen Schmerzenslaut aus, der in ein dünnes, hohes Winseln überging, weil er meine Hand mit dem Sax losgelassen hatte und jetzt wusste, dass er verloren war.
Ich legte den Arm um ihn und stieß von hinten zu. Ich spürte, wie etwas nachgab, dann glitt die Klinge an einer Rippe entlang, bis sie eine Lücke fand und ich den Sax ganz hineinstieß.
Er ließ meine andere Hand los, und ich hielt sie ihm über den Mund. Seine Augen, die dicht vor meinem Gesicht waren, wurden groß und rund vor Angst, fast als bettelte er, ich solle das Messer herausziehen, und eine Träne fiel aus seinem Auge. Dann rollte ich ihn von mir herunter und stand keuchend auf.
Er fiel auf den Rücken, die Augen weit offen, und zuckte ein paarmal mit den Beinen. Seine Finger bewegten sich, wie bei einem Kind, das zum Abschied winkt.
Als Kuritsa sich näherte, fuhr ich in Panik herum, sodass er sofort stehen blieb und die Hände hob, bis ich ihn erkannte. Ich hatte einen sauren Geschmack im Mund und spuckte aus, der Schweiß brannte mir in den Augen, und ich musste sie zusammenkneifen, während die Mücken sirrten und sich gierig auf das frische Blut stürzten, das durch die wollene Tunika des Mannes drang.
» Da vorn sind Männer«, flüsterte Kuritsa dicht an meinem Ohr. » Sie liegen im Schilf versteckt, in diesen Booten aus Holz und Leder, wie man sie hier hat.«
Der Tote hatte Augen wie ein Hund, ein trauriger, geprügelter, von den Göttern verlassener Hund. Eigentlich hätte ich ihn nach seinen Habseligkeiten durchsuchen sollen, von der Achselhöhle bis zu den Stiefeln, obwohl ich gewettet hätte, er besaß nicht einmal einen leeren Beutel. Finn hätte ihn durchsucht, Hlenni ebenfalls, der sogar in Blut und Scheiße gewühlt hätte, um Beute zu finden. Aber mir war im Moment nicht danach zumute.
Wir stolperten davon und nahmen seine Pfeile mit, Kuritsa ging voraus.
Es waren
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