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Rache ist lavendelblau

Rache ist lavendelblau

Titel: Rache ist lavendelblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fannie Ennser
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habe. In Europa dürfte es jetzt früher Abend sein, schätzte sie. Er war nicht im Büro, sondern in seiner ehelichen Wohnung. Unter ihnen war ausgemacht, ihren fernmündlichen Kontakt ausschließlich zu Bürozeiten zu pflegen. Das erweckte keinen Verdacht, schließlich hatte man ja immer wieder geschäftlich miteinander zu tun.
„Ich melde mich bald bei dir und danke, dass du mich verständigt hast“, dann legte er auf.
Heidrun kannte die Spielchen der heimlichen Liebhaber, deren Ehefrau unverhofft dazwischengetreten war.
*

Wieder daheim
 
     

    Unter dem Stapel von Post, das meiste davon Werbematerial, fand Heidrun eine bunte Karte vor. „Herzliche Grüße aus Venedig, schade, dass du nicht mitkommen konntest, Solveigh“, entzifferte sie die krakelige Schrift der jungen Freundin. Sie waren zeitgleich abgereist, Solveigh nach Italien, Heidrun nach Übersee.
„Ich werde sie einladen, hab´ schon so lange nichts mehr von ihr gehört, besser, ich ruf´ sie gleich an, sonst vergesse ich wieder.“ Heidrun stand auf, es schwindelte sie, hastig griff sie nach der Stuhllehne, die Lampe über dem Küchentisch drehte sich im Kreis, die Wände schwankten, sie kippte in die Finsternis.
„Ich muss den Westheimer anrufen“, murmelte sie, als sie sich wieder aufgerichtet hatte. Ihr war übel, sie verspürte Brechreiz und hatte Kopfschmerzen. Wie lange sie am Küchenboden gelegen war, wusste sie nicht. In der Zwischenzeit war es dämmrig geworden. Als sie ihre Post gelesen hatte, war es noch hell gewesen, daran konnte sie sich erinnern.
Der Hausarzt war schnell zur Stelle. Heidrun saß blass auf ihrem Bett und fühlte sich elend. Dr. Westheimer fühlte ihren Puls, maß den Blutdruck und griff nach den paar Medikamentenschachteln, die auf ihrem Nachtkästchen standen.
„Ist das alles, was du einnimmst, sonst nichts?“
„Ich brauche nicht mehr, meist ist es nur mein niedriger Blutdruck, der mir zu schaffen macht, wahrscheinlich auch die Reise. Ich bin erst letzte Nacht aus Costa Rica zurückgekommen.
Westheimer wiegte seinen Kopf hin und her, so als wolle er vorerst das Gewicht seiner Worte ermitteln, bevor er sie seiner Patientin zumutete.
„Heidrun, das hier war wohl nur ein kleiner Kreislaufkollaps, aber“, er dehnte das „aber“ lange aus und blickte ihr sorgenvoll in die Augen. „Aber du weißt, dass ich dir eine Therapie empfohlen habe, die du nicht ausschlagen solltest. Du gehörst ins Krankenhaus und nicht hierher, je länger du zuwartest, desto geringer sind deine Chancen.“
„Meine Chancen sind jetzt schon sehr gering, Walter, und ich sage dir nochmals, dass ich nicht ins Krankenhaus gehe, keine Chemotherapie über mich ergehen lasse und auch sonst nichts unternehmen werde, was meine derzeitige Lebensqualität beeinflussen könnte.“
„Wie du willst, Heidrun, es ist deine Entscheidung. Ich möchte aber nochmals ausdrücklich darauf hinweisen, dass wir auch im fortgeschrittenen Stadium einer Krebserkrankung gute Erfolge vorweisen können, vorausgesetzt, man wartet nicht zu lange“, dozierte er. Der Arzt schob eine Augenbraue hoch und hob den Zeigefinger: „Deine Lebensqualität, liebe Heidrun, wird bald eine andere sein.“
„Ich habe schon zu lange gewartet“, antwortete sie ihm. „Schreib´ mir nur bitte ein Kreislaufmittel auf und danke, dass du so schnell gekommen bist.“ Heidrun sank erschöpft zurück und zog sich die Decke über den Kopf.
„Desider, wenn du nur hier wärst“, schluchzte sie und vergrub ihr tränennasses Gesicht im Polster. „Nein, besser nicht, ich will nicht, dass du mich so siehst.“
Das schrille Klingeln des Telefons schreckte Heidrun aus dem Schlaf. Grelles Tageslicht blendete sie. Sie wälzte sich zur Seite und griff schlaftrunken nach dem Handy. Claus war in der Leitung.
„Hallo Mutter! Du bist schon zuhause? Warum hast du dich noch nicht gemeldet, wie geht´s dir?“ Heidrun konnte sich nicht genug über ihren Sohn wundern, der sich bisher nie durch besondere Fürsorge seiner Mutter gegenüber ausgezeichnet hatte.
„Prächtig geht es mir und es war so schön!“ Diese Feststellung entsprach nur teilweise der Wahrheit.
„Bist du daheim heute? Wenn ja, dann kommen wir dich besuchen. Katrin kommt auch mit, wenn es dir Recht ist“, flötete er in ungewohnter Fröhlichkeit.
Wollte ich nicht zur Friseurin? Warum hab ich nur ja gesagt? Ob sich Desider meldet? Solveigh, mein Gott, auf die habe ich ganz vergessen. Meine Brust schmerzt, die Lymphknoten sind wieder

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