Rache ist lavendelblau
angeschwollen, wie erkläre ich das Desider, wenn er mit mir schlafen will? Soll ich nicht doch mit ihm reden? Ich muss noch einkaufen gehen, nein, ich werde die Hasiba schicken.
Claus und Katrin standen pünktlich an der Tür. Claus hatte Blumen mitgebracht und Katrin einen Kuchen, von dem sie felsenfest behauptete, ihn selber gebacken zu haben. Heidrun war erfahrungsgemäß misstrauisch, wenn es um Behauptungen ging, die den Bürgen selbst betrafen.
Der späte Nachmittag lief dank Heidruns Urlaubsbericht recht unterhaltsam dahin, gewürzt mit Geschichten über Ephraim, dem stets Weißgekleideten und Pinocchio mit seiner hochalpinen Ausrüstung, die gleich zu Beginn die Gruppe in Angst und Schrecken versetzt hatte.
„Da würde ich auch gerne hin, aber dazu fehlt uns das Geld“, warf Katrin ein, und ihre Worte klirrten so hart, wie ein eben von der Dachrinne gestürzter Eiszapfen auf Beton. Mit einem Schlag war es kalt im Raum geworden.
„Da musst du halt ein bisschen sparen, meine Liebe“, zischte Heidrun, die das Thema schon vorausgeahnt hatte. Claus räusperte sich.
„Sag, kommt Romana manchmal vorbei?“, versuchte er etwas ungelenk abzulenken. Heidrun war auf der Hut, sie kannte ihre Brut nur allzu gut.
„Sie war einmal hier, und was denkst du, wollte sie? Geld! Hast du eine Ahnung, was die mit ihres Vaters Erbe angestellt hat?“
„Mama“, versuchte Claus zu besänftigen, „so viel war das auch wieder nicht, schließlich mussten wir durch vier teilen.“
„Sag bloß, du, äh, ihr, habt auch nichts mehr davon übrig?“, bohrte Heidrun nach.
„Wie auch, wir haben Ausgaben, die Galerie …“, Heidrun fiel ihrem Sohn ins Wort und unterbrach dessen Aufzählung.
„Die, wie es aussieht, nichts einbringt. Ja und dann noch ein Pferd, zwei Autos, teure Garderobe und, und, und ...“ Sie schnaubte, stand auf und begann, das Geschirr in die Küche zu tragen. Claus und Katrin blieben wie übergossen in ihren Fauteuils kleben, sie spürten ihre Felle davonschwimmen. Doch Katrin hatte ihre Fassung bald wiederlangt und griff nach einem letzten Strohhalm.
„Heidrun, in zwanzig Jahren wollen wir nichts mehr erben, Claus bräuchte jetzt etwas Unterstützung“, lechzte sie um Mitleid heischend.
„Ihr kennt meinen Standpunkt, und der heißt ‚s p a r e n‘. Wo denkt ihr, wären wir hingekommen, in der Zeit als ich Alleinverdienerin war? Als euer Vater in Italien war und ich das Haus und euch am Hals hatte?“ Heidrun hatte sich in Rage geredet und erschrak nun über ihre eigenen Worte. So hatte sie das nicht gemeint, sie hatte ihre Kinder nie als Anhängsel betrachtet, nur die Villa, die hatte ihr oft zu schaffen gemacht. Auf die hätte sie manches Mal nur allzu gerne verzichtet.
Es gab nichts mehr zu sagen. Claus und seine Frau verließen bald darauf sichtlich enttäuscht Heidruns Wohnung.
„Ich brauche jetzt jemanden zum Reden. Um diese Zeit müsste er eigentlich noch im Büro sein, vielleicht hat er Zeit für mich“, dachte Heidrun, griff zum Telefon und wählte Desiders Nummer.
„Ich fürchte, ich bin manches Mal zu streng zu ihnen, oder doch nicht?“ Heidrun war unsicher geworden, das stete Drängen ihrer Kinder setzte ihr zu und machte sie nachdenklich. Desider streichelte sanft über Heidruns Haar. „Bares habe ich ja auch nicht so viel, die Wohnung hier hat ja einiges gekostet“, sagte sie, fast entschuldigend. „Ich habe schon daran gedacht, den Kindern meinen Schmuck zu geben, der ist allerhand wert und tragen tu ich den ohnedies nicht mehr.“
„Heidrun, Schmuck, den du einmal als Geschenk bekommen hast, den gibt man nicht so einfach weg. Schon gar nicht an deine Kinder. Ich denke, der ist von deinem Mann?“
„Ja, Conradin hat ihn mir verehrt, als wir noch jung waren. Es sind auch einige edle Stücke von seiner italienischen Familie darunter. Ich war damals ganz verrückt nach schönen Steinen. Und jetzt? Seit Jahren trage ich keinen Schmuck, ich finde ihn einfach überflüssig, er ist jetzt meine eiserne Reserve“, sagte sie ohne besondere Emotion.
„Eiserne Reserve für eine eiserne Lady“, scherzte Desider und zog sie zu sich heran. Sie spürte sein Verlangen und erwiderte mit großer Hingabe seinen Kuss. Desider drückte ihren Arm nach oben, er liebte den Geruch ihrer Achselhöhlen und wollte soeben sein Gesicht darin vergraben, als er spürte, dass Heidrun bei seiner stürmischen Annäherung heftig zusammenzuckte.
„Habe ich dir wehgetan?“, Heidruns Gesicht war schmerzverzerrt.
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