Rache ist lavendelblau
Tante Heidrun bekommen hab‘“, rief Alexandra und hielt ganz beglückt das Geschenk ihrer Mutter entgegen. „Ein Rauchfangkehrer hängt auch dran und ein kleiner Elefant.“
„Was soll ich denn noch damit, Romana würde es sofort zu Geld machen, Katrin mag so alten Kram nicht und ich? Ich brauche es bald nicht mehr. Alexandra wird sich vielleicht einmal an mich erinnern, wenn sie es trägt.“
Solveigh hatte Tränen in den Augen und drückte Heidrun fest an sich.
„Du, damit ich´s nicht vergesse: Claus fragt immer wieder nach dir, willst du ihn nicht einmal in der Galerie besuchen? Dienstags ab sechzehn Uhr arbeitet er immer dort, seine Frau ist da nicht anwesend, wahrscheinlich besucht sie ihren Liebhaber.“ Heidrun kicherte. „Er hat ein paar wirklich interessante Bilder hängen, er hat da was angedeutet, ich glaub´ er möchte dir eines schenken. Claus ist ja so schüchtern dir gegenüber.“ Solveigh schaute sie etwas ungläubig an. „Geh´ aber bald Kindchen, ich fürchte, die Galerie gibt es nicht mehr lange.“
Heidrun flunkerte, dass sich die Dielenbretter bogen. Sie hatte einen Plan.
„Sag, Heidrun, willst du mich verkuppeln? Du weißt, altes Essen soll man nicht aufwärmen, das verdirbt den Magen.“
*
Der Plan
Heidrun rief Desider zu Hilfe. Sie trafen sich für eine gute Stunde in einem nahen Café, und Heidrun unterbreitete ihm ihren Plan, an dem sie schon längere Zeit gebastelt hatte.
„Du bist ein verdammtes Luder!“, lachte Desider. „Wenn wir hier nicht im Schaufenster der Öffentlichkeit säßen, würde ich dich auf der Stelle herzhaft küssen.“ Sie stupste ihn auf seine Nasenspitze. „Du, gehört sich das, eine Klientin, die ihrem Anwalt einen Nasenreiber verpasst?“ Desider musste nicht lange überlegen, für ihn war die Mithilfe unverfänglich, und Heidrun machte er damit glücklich.
Am Dienstagnachmittag saßen Heidrun und Desider im Wagen des Anwalts unweit der Galerie – verdeckt von einem Straßenschild - und warteten. Das Glück schien Heidrun hold zu sein, es dauerte tatsächlich nicht lange, und Solveigh kurvte mit ihrem alten Fahrrad um die Ecke.
„Donnerwetter“, sagte Desider, „ist die steil!“
Solveigh stellte ihr Fahrrad neben dem Eingang ab, kettete es an und verschwand auch schon hinter der Tür. Die Spannung im Wagen stieg an, Heidrun schaltete das Radio an und schlug vor, noch ein wenig zu warten. Nach gut zehn Minuten folgte Desider seinem Opfer.
„Opfer? - Nein, ich will dem Mädl doch nur Gutes tun“, dachte er, während er in seine Rolle als Brückenschlager schlüpfte.
Die Wände waren voll bestückt. „Ein bisschen zu viel des Guten“, stellte Desider gleich nach dem Eintreten fest. Eine Unzahl von modernen Werken, meist großflächigen, die wenigsten gerahmt, beherrschte die Wände. Öl und Acryl dominierten, dazwischen mengten sich einige Mischtechniken. Rot war allgegenwärtig; blutrot schrie die Farbe von den Leinwänden, der nur das Silbergrau des Betons ein wenig Einhalt gebot. Für Linderung sorgte zusätzlich der dunkle Lackboden, dem zum Glück schon der Glanz abhandengekommen war.
„Entschuldigen Sie, darf ich Ihnen helfen? Dr. Angerbauer, wenn ich nicht irre?“, wandte sich Claus dem Besucher zu und von Solveigh ab, die mit Claus vor einem Bild gestanden war, dessen Stil sich deutlich von den anderen im Raum unterschied. Graublau und Hellgrün, Kühle und Geradlinigkeit, setzten dem orgiastischen Farbenrausch einen wohltuenden Gegenpol.
„Ja, danke, ich wollte mich nur ein wenig umsehen, ich habe gehört, dass Sie interessante Bilder ausstellen“, plauderte Desider und vermittelte sogleich den Eindruck, ein Kunstkenner zu sein. Claus bot ihm an, bei Bedarf zu seiner Verfügung zu stehen, der Gast möge sich nur in Ruhe die Exponate ansehen. Desider schritt gemächlich die Wände entlang, betrachtete das eine oder andere Werk, kehrte um, um bald wieder zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Unablässig behielt er Solveigh im Auge, die sich zwischenzeitlich immer wieder mit Claus unterhielt und ein sichtliches Interesse an der graublau-hellgrünen Kühle mit den dunkelblauen Balken zeigte.
Endlich eine günstige Gelegenheit; Claus eilte zurück in sein Büro, das Telefon verlangte nach ihm. Desider ging direkt zum Angriff über. „Nur keine Zeit verlieren“, sagte er sich und eilte zielgerade auf Solveigh zu. Die erschrak ein wenig, als er unvermittelt auf sie zuschritt und sie sogleich in ein Gespräch verwickelte.
„Schöne
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