Rache ist lavendelblau
Sachen hier, finden Sie nicht auch?“
„Ja schon, ganz tolle Bilder“, stellte sie fest und betrachtete den älteren Herrn, der ihr irgendwie bekannt schien, aus den Augenwinkeln heraus.
Eine etwas zähe Unterhaltung begann. Claus beobachtete die beiden bei ihrem Rundumgang und hielt sich im Büro zurück. Zu Desiders Glück betrat eine vermeintliche Kundin die Galerie, eine ältere Dame mit dicker Aktentasche und ebenso dicken Brillengläsern, die den Galeristen - der ihr aufgeregt entgegeneilte - sogleich mit Beschlag belegte.
„Endlich treffe ich Sie!“, schleuderte sie Claus entgegen, der sich bemühte, die – wie es schien - Ungebetene eiligst in sein Büro, und aus Sichtweite seiner beiden Gäste, zu lotsen.
Desider schien der Zeitpunkt passend: „Ich suche für mein Büro ein Bild, zu welchem würden Sie mir raten? Anwaltskanzlei, Sie verstehen, vielleicht ein wenig konservativ“, schwindelte er. Bald hatten sie eines gefunden, das auch Desider ganz gut gefiel und einen akzeptablen Preis aufwies. Der „Herr aus der Anwaltskanzlei“ erstand es zum großen Vergnügen des Verkäufers. Die ältere Dame hatte auf einem Stuhl neben Claus´ Schreibtisch Platz genommen und balancierte einen dicken Aktenordner auf ihrem Schoß.
„Die schaut eher nach Finanzamt, als nach Kundin aus“, dachte Desider und wunderte sich insgeheim, wie man mit beinahe zentimeterdicken Brillengläsern noch etwas sehen konnte.
„Dr. Angerbauer, viel Freude damit, ein guter, noch unbekannter Maler, Sie werden sehen, der entwickelt sich noch und damit auch der Wert.“ Desider hatte kein Ohr für die Prophezeiungen des Galeristen; er stellte seinen Kauf neben dem Eingang ab und wandte sich seiner eigentlichen Aufgabe zu. Claus war in den Krallen der Finanz gefangen, es drohte somit keinerlei unerwünschte Einmischung.
*
„Und welches würden Sie nehmen? Haben Sie Ihr Lieblingsbild schon entdeckt?“, fragte er geradeheraus. Solveigh deutete mit einer ausladenden Handbewegung auf die großformatige Leinwand: Hellgrauer Hintergrund, dunkelblaue, gerade Balken und erbsengrüne, feine Linien durchzogen diese kreuzweise. „Das wär´s“, sagte sie, strahlte dabei über das ganze Gesicht, und ihre Augen leuchteten mit den Farben des Ölgemäldes um die Wette. „Aber der Preis“, seufzte Solveigh.
„Verhandelbar?“
„Nicht verhandelbar, leider“, antwortete sie auf die Frage Desiders.
„Zum Glück kann sie sich´s nicht leisten“, dachte er, als er mit seinem kleinen, aber feinen Bild die Galerie verließ und auf seinen Wagen zusteuerte.
Heidrun erschrak, als Desider mit einem Paket unter dem Arm in den Wagen stieg. „Aber wir haben doch ausgemacht …, flehte sie ihn an.
„Beruhige dich, Schatz, nur ein Geschenk für meine Sekretärin, Weihnachten kommt ja auch wieder einmal.“
„Was sonst?“
„Was, was sonst? Es dürfte klappen, morgen gleich am Vormittag schicke ich Röschen her, die darf dann Solveighs Bild kaufen. Heute geht das sicher nicht mehr über den Ladentisch, bei dem Preis.“
„Wieviel?“
„2.800“ antworte Desider schnell und startete seinen Wagen.
„Naja, was tut man nicht alles für seine Kinder. Du sagst, Röschen holt das Bild morgen ab?“ Röschen, eigentlich Rosa Windfang, war seit über dreißig Jahren Desiders gute Seele im Büro. Desider behauptete felsenfest, sie kenne die Gesetze mindestens genauso gut wie er, und sie könnte praktisch ohne Weiteres eine Verhandlung an seiner Stelle leiten. „Schade nur, Röschen kennt man in jedem Gerichtssaal des Landes.“
Heidrun wurde unsicher. „Ob Röschen das Richtige …?“
„Sei unbesorgt, Heidrun, Röschen bringt schon das Richtige mit.“ Desider zog sein Handy aus der Sakkotasche und reichte es Heidrun hinüber. „Wer ist nun der Gerissenere von uns?“ Desider gluckste vor Vergnügen und Heidrun war sprachlos.
„Übrigens, dein Sohn hat mich erkannt.“
„Macht das was aus? Dich kennt jeder in der Stadt und Claus weiß nur von unserer geschäftlichen Verbindung. Hauptsache Solveigh kennt dich nicht, und die weiß schon gar nichts von uns.“
*
„Keine Fragen, kein Dankeschön!“, stand auf dem Büttenpapier, das auch Heidrun gut kannte. Es steckte jetzt in einem Kuvert, das Desiders Sekretärin geschickt unter das Verpackungsmaterial geschoben hatte. Der Bote wartete schon vor der Kanzlei, bereit, das Paket in der nächsten Stunde bei der Adressantin abzuliefern. Heidrun gab Desider grünes Licht, Solveigh war jetzt daheim, der Bote
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