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Rache ist lavendelblau

Rache ist lavendelblau

Titel: Rache ist lavendelblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fannie Ennser
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Datenschutz weg.“ Tatsächlich, der Nachfolger Annettes in der Bank war der Ehemann jener Hilfskraft, die fallweise Annettes Mutter pflegte. „Das bringst du hin, Annette!“, Heidrun zwinkerte verschwörerisch.
„In unserer Schule hat einmal eine Frau Patzek geputzt, eine Seele sag´ ich dir. Die hat ein mongoloides Kind, mir hat sie immer so leidgetan, der Mann säuft, und sie rackert sich für die Familie ab; sie putzt jetzt privat, da kann sie mehr heimtragen.“
„Ich schau´, was sich machen lässt.“
Heidrun lehnte sich zurück. Gabriella Ferris rauchige Stimme schmeichelte mit einem Lied aus dem Süden, und Heidrun musste an Massimiliano denken. Wie sag ich denen, dass ich nicht reisen kann? Mir bricht es fast das Herz, ich möchte zu ihm. Ich muss wieder meine Stimmungsaufheller nehmen, sonst halte ich nicht durch, ich werde noch verrückt.
„Annette, in der Schillerstraße ist doch dieses Frauenhaus, dort möchte ich hin, begleitest du mich in den nächsten Tagen?“ Heidrun musste sich ablenken, ihre Gedanken an Massimiliano gewaltsam verdrängen, sonst lief sie wiederum Gefahr, in endlose Traurigkeit zu versinken. Der Abend war noch so lang, und der Alkohol stand so nah.
*
Das Herz pochte Heidrun bis zum Hals, ihre Hand, die das Telefon hielt, zitterte . „Vielleicht sollte ich nicht anrufen, ich habe zu viel getrunken.“ Schon im nächsten Augenblick wurde abgehoben und Heidruns Bedenken waren mit einem Schlag nichtig geworden. Chiara war am Apparat.
Die klingt nicht gerade optimistisch, dachte Heidrun, während Chiara von ihrem Vater berichtete, der wohl kaum sprechen könne, aber immer wieder zu erkennen gebe, über Heidrun etwas wissen zu wollen. Heidrun brannten Tränen in den Augen, sie war verzweifelt.
„Chiara, bitte, sagen Sie ihm, ich würde liebend gerne kommen, am liebsten noch heute, aber ich kann, ich darf nicht, ich, ich bin krank.“ Die letzten Worte stolperten aus ihr heraus, ungelenk brachen sie sich ihren Weg.
„Heidrun, mein Vater weiß, dass Sie krank sind, er hat es mir gleich nach Ihrer Abreise anvertraut. Diese Tatsache schmerzt ihn sehr.“
Heidrun stockte der Atem, ihre Gedanken wirbelten im Sturm der Erregung. „Wie? Wie weiß er? Ich habe ihm doch nichts …“, ihre Zunge klebte, sie konnte nicht weitersprechen.
„Mein Vater ist Apotheker, Heidrun, glauben Sie mir, er kennt die Symptome von Krebskranken. Seine Frau, meine Mutter, sie starb vor einigen Jahren; Vater hat sich lange und intensiv mit ihrer Krankheit auseinandergesetzt.“
„Chiara, bitte, richten Sie ihm aus, dass ich ständig an ihn denke. Ich, ich …“, stotterte sie leise.
„Ja natürlich sage ich ihm, dass Sie ihn lieben, er wird sich darüber sehr freuen.“
Heidruns Augen waren dick verschwollen, den Tränensäcken konnten auch die frühmorgens aufgelegten Coolpacks nicht entgegenwirken. Sie fühlte sich todmüde und blieb den Rest des Tages im Bett. Wie lange werde ich wohl noch leben? Ein Jahr? Einen Monat? Soll ich Westheimer fragen? Diese verdammten, bohrenden Kopfschmerzen, der quälende Husten, der macht mich noch verrückt. Seit ein paar Tagen spucke ich ein wenig Blut, das sage ich aber dem Westheimer nicht. Ins Spital gehe ich nicht, da kann er verrecken. Massimiliano, wie geht es dir?
*
Wie abgemacht, stand Annette, pünktlich wie eine Stechuhr, vor der Tür.
„Bist du aber hübsch heute“, begrüßte diese Heidrun, die sie schon, fertig zurechtgemacht, erwartet hatte. Beide hassten sie Unpünktlichkeit, besonders Heidrun sah darin eine Art der Zeitverschwendung. „Ich hab´ nicht mehr so viel Zeit zum sinnlosen Herumstehen und Warten“, hatte Heidrun einmal zu ihrer Schwiegertochter gesagt, als das junge Paar sich arg verspätet und Katrin, wider Erwarten, sogleich die Schuld auf sich genommen hatte.
Heidrun hatte über den dunkellila Hosenanzug ihren alten Lammfellmantel angelegt. Einige vorwitzige Haarsträhnen bahnten sich einen Weg unter der lila Mütze ins Freie, und sie hatte sich geschminkt, was in letzter Zeit nur mehr ganz selten der Fall war.
„Steht dir verdammt gut“, versicherte ihr Annette, „willst einen Aufriss machen?“
„Im Frauenhaus?“ Heidrun lachte und hakte sich bei Annette ein.
Die Verwalterin öffnete das Tor, nicht ohne vorher einen Blick auf die - vor dem Eingang angebrachte - Überwachungskamera geworfen zu haben. Heidrun war schon angemeldet und hatte den Grund ihres Besuches angegeben. Frau Selig, eine ungewöhnlich große, ältliche Person

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