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Rache ist lavendelblau

Rache ist lavendelblau

Titel: Rache ist lavendelblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fannie Ennser
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frisches Graugrün angesetzt hatte, heftig und lautstark stritten.
Durch die halboffenen Fenster strömte die frische Frühlingsluft herein. Frau Hasiba war nur kurz zum Einkaufen gegangen, sie würde die Fenster nach ihrer Rückkehr wieder schließen, hatte sie angekündigt, und Heidrun solle ja das Bett in der Zwischenzeit nicht verlassen.
Was täte ich ohne Hasilein? Ohne Annette? Und überhaupt, was täte ich, wenn ich nur meine kleine Familie hätte? Claus, Romana, - Romana, wo steckt die? Katrin? - Gehörte die überhaupt noch dazu? Solveigh? War ich zu streng zu meinen Kindern? Zu wenig für sie da? Warum säuft und kifft Romana? Warum hat Claus seine Ausgaben nicht unter Kontrolle? Habe ich ihnen zu wenig Liebe gegeben? Massimiliano, neben dir hätte ich einen anderen Weg eingeschlagen. Ich liebe dich. Wo bist du?
Heidrun war eingeschlafen.
Es war stickig im Raum; dumpfer Geruch hatte sich zwischen den Wänden eingenistet, festgekrallt, und ließ sich auch durch häufiges Lüften nicht vertreiben. Die Haushälterin hatte Hühnersuppe zubereitet, doch Heidrun zeigte keinen Appetit, sie döste die meiste Zeit des Tages, so lange, bis die Wirkung der Medikamente nachließ, und Dr. Westheimer eine neue Infusion setzen musste.
„Walter, kannst du Hula Hoop?“, fragte sie den Arzt, der sie soeben versorgt hatte und eben dabei war, sich wieder auf den Weg zu machen.
„Wie kommst du da drauf?“ Wertheimer schüttelte den Kopf. „Nein, kann ich nicht, frag die Hasiba, vielleicht kann´s die?“ Er lächelte und drückte ihr zum Abschied ein Küsschen auf die Stirn.
*
Am nächsten Morgen, als Heidrun erwachte, stand ein bunter Hula Hoop Reifen neben dem Bett. Frau Hasiba hatte auch die letzten Nächte bei ihr zugebracht, sich im Gästezimmer eingerichtet und regelmäßig nach der Kranken gesehen. Morgens, noch bevor Heidruns Tag begann, huschte sie außer Haus, um für sich, ihren Mann und Heidrun schnell einige Einkäufe zu tätigen. Wohl verweigerte Heidrun meist feste Nahrung, sie hatte ihre Infusionen, das schien ihr zu genügen und den Hausarzt nicht weiter zu beunruhigen. Die Tür zum Salon stand weit offen, als die Haushälterin mit der Einkaufstasche in der Hand die Wohnung betrat. Popmusik dröhnte aus dem Küchenradio. Wie angewurzelt blieb sie stehen, ihr stockte der Atem.
„Hasilein, schau, ich kann´s noch, ich kann´s noch!“, johlte fast atemlos die Kranke und wippte munter ihre Hüften, den Hula Hoop Reifen wie einen zappelnden Planetenring um sich kreisend. An diesem Morgen waren die Schmerzen von Heidrun abgefallen, wie der Reifen, der seinem Planeten in diesem Augenblick verlorenging und mit lautem Klirren zu Boden fiel. Heidrun strahlte vor Glück; ihr Nachthemd klebte vom Schweiß durchnässt auf ihrem spindeldürren Körper, die strähnigen Haare standen vom Kopf ab; aber Heidrun war glückselig.
„Schnell ins Bett, Heidrun!“, befahl Frau Hasiba, die sich keinen Reim auf Heidruns Heiterkeitsausbruch machen konnte, und der sie ganz unvermittelt traf. „Wunderheilung“, fiel ihr spontan ein. „Hat es schon gegeben, Lourdes und Madjogorie, oder so ähnlich, ein Kaff irgendwo in Jugoslawien, da gab´s das einmal, vielleicht jetzt auch hier, hier bei uns? Da könnten wir berühmt werden, Himmel, ein Wunder wäre schön!“
„Der Westheimer ist im Anmarsch, Heidrun! Ich helfe dir beim Hinlegen.“ Eilig hob die Hasiba den Hula Hoop Reifen auf und stellte ihn an die Wand, bevor sie Heidrun zu Hilfe eilte, die Pölster kurz aufschüttelte und die Decke zurechtzog.
„Walter, mir geht es richtig prächtig!“, lachte ihn Heidrun schon beim Eintreten ins Krankenzimmer an. Frau Hasiba hatte einen kleinen Strauß Rosen ans Fenster gestellt, ein Bukett, das Claus vorbeigeschickt hatte; Claus, der tagtäglich eine neue Ausrede erfand, seine todkranke Mutter nicht besuchen zu müssen. Wohl rief er an, erkundigte sich nach ihrem Befinden, besprach sich mit dem Hausarzt, letztendlich aber wich er Heidrun aus, es schien, als fürchtete er das wohl letzte Gespräch unter vier Augen.
Dr. Westheimer saß am Rand des Bettes und hielt Heidruns Hand. Er hatte ihr die morgendliche Infusion gesetzt, und wie immer wachte er während dieser Zeit über das Geschehen. Dr. Walter Westheimer war in der überaus glücklichen Lage, als Arzt über ausreichend Zeit zu verfügen. Seine Gattin Ruth, Internistin und viele Jahre jünger als er, teilte mit ihm die Ordination und sorgte für einen reibungslosen und

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