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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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früh. Er fütterte Sneck, der den Zusammenstoß mit der Pistole des Eindringlings anscheinend gut verkraftet hatte, setzte sich dann in den hölzernen Schaukelstuhl am Kamin und schloss die Augen.
    In Parkleigh hatte er gelernt, sozusagen auf Kommando einzuschlafen und zu jeder Tages- und Nachtzeit aufzuwachen, die er sich vornahm, aber jetzt wollte der Schlaf nicht kommen. Als er endlich einnickte, hatte er einen Traum, in dem er von zwei Männern durch einen dunklen Wald gehetzt wurde, und er konnte sie nicht abschütteln, ganz gleich, welche Haken er schlug. Dann war er plötzlich von einem Schritt zum nächsten nicht mehr der Verfolgte, sondern der Verfolger, und seine Beute nicht die zwei Männer, sondern eine einzelne Frau, die nackt durch das Mondlicht lief und deren Haut zunächst hell wie Perlmutt und dann schwarz wie Ebenholz glänzte.
    Als er erwachte, stellte er fest, dass er sexuell erregt war.
    »Was zum Teufel sollte das denn?«, fragte er den Hund, der zu seinen Füßen lag und ihn beobachtete.
    Es war jetzt ein Uhr. Er stand auf, kochte sich noch eine Kanne Tee und trank eine siedend heiße Tasse. Den Rest goss er in eine Thermoskanne, die er zusammen mit zwei Tafeln Schokolade in seinen Rucksack steckte. Er zog sich seine wärmste Bergkleidung an und stieg in seine Wanderschuhe.
    »Also, Sneck, wie fühlst du dich?«, fragte er.
    Der Hund erhob sich augenblicklich.
    »Okay, wenn du meinst. Aber es könnte ein langer Fußweg werden.«
    Der Defender, der anscheinend ebenso bereit war wie der Hund, sprang gleich beim ersten Versuch kraftstrotzend an, und Hadda lenkte ihn holpernd die gefrorene Zufahrt hinunter.
    Er fand den Wagen der Eindringlinge genau dort, wo er ihn vermutet hatte. Es war ein Toyota Land Cruiser. Jetzt fiel ihm ein, wo er den ersten Toten schon einmal gesehen hatte. Aber er war ziemlich sicher, dass die andere Leiche nicht die des zweiten Mannes am Drigg Beach war, den sie Pudo genannt hatten. So schnell verheilte ein gebrochener Kiefer nicht.
    Der Land Cruiser hatte einen geräumigen Kofferraum, in dem ausreichend Platz für Haddas schaurige Ladung und den Rest seiner Ausrüstung war. Im letzten Moment holte er noch den Kanister Benzin, den er immer im Defender hatte, und warf ihn hinten in den Toyota.
    »Okay, Sneck, auf geht’s«, sagte er.
    Er nahm eine schmale kurvenreiche Straße, die in das entlegene Wasdale-Tal führte und an dessen Ende aufhörte. Falls also niemand so spät noch in das kleine Dörfchen wollte, das dort lag, oder in den alten Gasthof, würde er in dieser bitterkalten Winternacht wohl ungestört bleiben. Nicht nur die Abgeschiedenheit hatte ihn hierher geführt, sondern auch Wastwater, der finsterste und tiefste See in Cumbria, der sich zwischen der Straße und den Screes erstreckte, jenem beängstigend steilen Hang, der von dem langen Kamm zwischen Ill Gill und Whin Rigg herabstürzte.
    Er parkte so nah wie möglich am Wasser und machte sich daran, das Schlauchboot aufzupumpen. Soweit er das in der nahezu stockfinsteren Nacht sehen konnte, hatte die umsichtige Lagerung seines Vaters ihren Zweck erfüllt, und das Gummi weitete und straffte sich und blieb in Form, als er es schließlich aufgepumpt hatte.
    Er hob die oberste Leiche aus dem Wagen und legte sie ins Boot. Wie erwartet, reichte der Platz gerade mal für eines der beiden Bündel, kaum noch für ihn selbst, und er musste sich so hinknien, dass seine Knie gegen die des Toten drückten, als er sich vom Ufer abstieß und lospaddelte. Der unvorstellbar ferne Himmel über ihm war mit Sternen übersät, aber das Licht, das sich vor vielen Millennien auf den Weg zur Erde gemacht hatte, schien zu ermatten und zu verzagen, während es in das terrestrische schwarze Loch des Wastwater gesaugt wurde.
    Vor ihm war Dunkelheit, hinter ihm war Dunkelheit, um ihn herum war Dunkelheit. Er zog das Paddel durchs Wasser, wieder und wieder. Die Versuchung, den Körper über Bord zu kippen, dann umzudrehen und schnell zum Land zurückzukehren, war groß, aber er wusste, dass er näher an das am weitesten entfernte Ufer heran musste. Dort war der See an einer Stelle fast achtzig Meter tief, weit tiefer als der Sicherheitsgrenzwert für die Freizeittaucher der Gegend. Aber nur die Screes vor ihm stießen in diese bedrohliche Tiefe hinab, und wenn er seine Last zu früh loswurde, würde sie auf dem sehr viel flacheren nördlichen Sockel landen.
    Jetzt kam es ihm endlich so vor, als würde die Dunkelheit vor ihm mit

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