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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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muss tiptop aussehen, wenn Mr Murray am dritten kommt.«
    »Wer?«
    »Murray, der Interessent. Er bringt diesmal sogar seinen eigenen Gutachter mit. Das hab ich dir doch erzählt.«
    Hatte sie nicht, aber sie wusste, dass ihr Mann dem nicht widersprechen würde.
    »Großer Gott«, sagte er ein wenig aufgebracht. »Ich dachte, Schotten verbringen die erste Woche nach Silvester im Alkoholkoma.«
    »Sei nicht so rassistisch. Und komm ins Bett.«
    Es war abzusehen, dass Pippa trotz der vorgerückten Stunde nicht sofort schlafen wollte. Nach Partys war sie immer noch aufgekratzt und würde endlos lange wach liegen, wenn sie nichts unternahm, um diese nervöse Energie abzubauen. Sie streifte sich die Kleidung ab und half ihrem Mann beim Ausziehen, um sich dann rückwärts aufs Bett fallen zu lassen und ihn mitzuziehen.
    Es war Johnnys größte Tugend als Sexualpartner, dass er nur selten aufdringlich wurde, aber auf Wunsch allzeit bereit war und Pippa vollauf befriedigte. An diesem Abend reichten ihr fünf Minuten. Nachdem Pippa gekommen war, schob sie ihn runter, rollte sich auf die Seite und schlief ein. Johnny lag noch etwas länger wach und starrte in die Dunkelheit, ohne richtig zu denken, aber in dem Bewusstsein, dass Gedanken im Raum schwebten, die ihn wach halten würden, wenn er so töricht wäre, sie zu denken. Schließlich schlief auch er ein.
    Der Tag von Donald Murrays Besuch war perfekt für einen Hausverkauf. An Neujahr hatte ein Ostwind noch Graupelschauer aus den Steppen herangeweht, doch als sich das Wetter zwei Tage später wieder beruhigt hatte, war der Himmel klar, und strahlender Sonnenschein leuchtete das Anwesen mit dem feinfühligen Geschick eines Hollywood-Beleuchters aus, so dass jeder Schatten und jedes Schlaglicht genau die Botschaft des Regisseurs verkündete, die in diesem Fall lautete: Liebe mich! Kauf mich!
    Johnny hatte sich dafür entschieden, Golf spielen zu gehen. Es war schwer, die Augen vor der Tatsache zu verschließen, dass sie das Haus verkauften, wenn ein Gutachter überall herumtrampelte. Er blickte verstört auf, als es an der Tür klingelte, während sie noch beim Frühstück saßen.
    »Großer Gott, sind die das etwa schon?«, fragte er.
    »Die kommen erst um zehn«, sagte Pippa. »Wahrscheinlich die Post.«
    Wenige Augenblicke später kam sie mit der Morgenpost zurück, darunter auch zwei identisch aussehende Päckchen, ungefähr dreißig mal fünfzehn Zentimeter groß und acht Zentimeter dick, von denen eines an ihn und eines an sie adressiert war.
    Sie entfernten das äußere braune Packpapier so synchron, dass sie damit hätten auftreten können, stießen aber bloß auf eine dicke Schicht durchsichtige Plastikverpackung. Auch diese entfernten sie. Jetzt hatte jeder von ihnen eine Art Schuhkarton vor sich.
    Beide hoben den Deckel.
    »Warum schickt mir denn jemand zwei Gideon-Bibeln?«, fragte Johnny verwundert. »Was hast du bekommen, altes Mädchen?«
    »Dasselbe«, sagte Pippa.
    »Wirklich seltsam. Was meinst du, was das zu bedeuten hat?«
    »Weiß der Himmel und vielleicht weiß es auch noch Gideon, aber ich werde keine Zeit damit vertun, es rausfinden zu wollen«, sagte seine Frau.
    Sie sammelte die ganze Verpackung und die Bücher ein, trug sie aus der Küche in den Wirtschaftsraum, wo Recyclingbehälter in unterschiedlichen Farben standen, und kam mit den Worten »Müll zu Müll« wieder zurück.
    »Braves Mädchen. Ich zieh dann mal los«, sagte Nutbrown.
    Seine Frau war froh, dass er ging. Verhandlungen führte sie am liebsten allein, und obwohl sie sich mit Donald Murray über den Preis einig geworden war, hatte sie das Gefühl, dass es noch das eine oder andere auszuhandeln gab.
    Um Punkt zehn klingelte es erneut an der Haustür, und als Pippa aufmachte, sah sie die lange hagere Gestalt von Mr Murray vor sich, der zu ihr herablächelte. Ein Stück hinter ihm schlich ein zweiter Mann herum, der die Fassade von Poynters musterte, als wäre er zufällig auf das Haus Usher unmittelbar vor dessen Untergang gestoßen. Er wurde herbeigerufen und als der Gutachter, Duff, vorgestellt. Ob das sein Vor- oder Nachname war, blieb unklar, aber Pippa ging davon aus, dass er ebenfalls Schotte war.
    Ihre Vermutung wurde bestätigt, als er in Erwiderung auf ihr munteres »Na, Sie haben aber schönes Wetter mitgebracht«, kräftig die Luft durch die Nase einsog, als witterte er schon Feuchtigkeit und Holzfäule, und etwas in einem dermaßen starken Dialekt sagte, dass es genauso gut

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