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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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stellen.
    Mein Marathon endete nach rund einer Viertelmeile. Erstens, weil ich bei einer solchen Entfernung als laufender Mann auffallen musste, und zweitens, weil ich total geschafft war. Ich versuchte zwar nach wie vor, mich einigermaßen fit zu halten, aber die Zeiten, als ich zwanzig Meilen durch die cumbrischen Berge wandern konnte, ohne ins Schwitzen zu geraten, waren längst passé.
    Das Hochgefühl war verschwunden. Meine Selbstzufriedenheit, weil es mir gelungen war, abzuhauen, wurde von dunklen Selbstzweifeln verdrängt. Was hatte ich denn gedacht, was ich mit meiner Freiheit anfangen würde? Nach Poynters fahren, zu Imogen und Ginny? Dort würde Medler seine Leute als Erstes postieren, um mir aufzulauern. Oder hatte ich vor, meine Unschuld zu beweisen, wie im Film? Dafür würde ich professionelle Hilfe brauchen, und kein seriöser Privatdetektiv würde seine Lizenz riskieren, indem er einem flüchtigen Verdächtigen half und ihn deckte. Okay, die Aussicht auf eine große Summe Geld könnte den einen oder anderen dazu bewegen, es mit seinem Berufsethos nicht allzu genau zu nehmen, aber nur dann, wenn er glaubte, dass ich noch immer an eine große Summe Geld rankommen könnte.
    Und wenn ich es recht überlegte, kam ich nicht mal mehr an eine kleine Summe Geld ran. Tatsächlich hatte ich absolut nichts bei mir außer Tobys Handy. Ich war ein Idiot. Ich hätte mir auch seine Brieftasche geben lassen sollen!
    Mein Bewegungsradius war geschrumpft. Ohne Geld würde ich nirgendwohin kommen, was nicht zu Fuß erreichbar war. Die nahe liegenden Orte, wo ich an Geld hätte gelangen können – das Haus in Holland Park, meine Büroräume in der City –, fielen weg, weil sie zu offensichtlich waren.
    Tja, wie meine Großtante Carrie gern sagte, wenn der Berg nicht zu Mohammed kommt, muss Mohammed zum Berg kommen. Der Ausspruch würde einem heutzutage wahrscheinlich eine erboste Fatwa einbringen. Aber Carrie hat ihr ganzes Leben in Cumberland verbracht, wo man viel über den Starrsinn von Bergen wusste und rein gar nichts über den Starrsinn des Islam.
    Ich zog Tobys Handy aus der Tasche und wählte Johnny Nutbrowns Mobilnummer.
    Als er sich meldete, sagte ich: »Johnny, ich bin’s. Wir treffen uns in zwanzig Minuten im Black Widow.«
    Ich fand mich richtig clever, als ich das sagte. Unwahrscheinlich, dass sie Johnny abhörten, aber selbst wenn, solange die Londoner Polizei keine gelackten Yuppies einstellte, war es noch unwahrscheinlicher, dass sie wussten, wie der Pub The Victoria in Chelsea bei seinen Stammgästen mit Spitznamen hieß. Ich selbst war zwar nie ein gelackter Yuppie gewesen, aber Johnny hatte mich einmal dahin mitgenommen und war von den dort rumhängenden Hohlköpfen wie ein alter Kumpel begrüßt worden. Ich hatte mir das Lokal eingeprägt, um nie wieder den Fehler zu machen, dorthin zu gehen.
    Die Umstände ändern sich. Man muss flexibel und schnell sein, um im Geschäfts- und Privatleben die Nase vorn zu haben.
    Gleich darauf erkannte ich, dass ich extrem schnell sein müsste, um in zwanzig Minuten im Black Widow zu sein. Wenn man in einem S-Klasse-Mercedes rumkutschiert wird, verliert man leicht das Gefühl für Entfernungen. Ich hätte es vielleicht schaffen können, wenn ich wieder in Laufschritt gefallen wäre, aber weder meine Beine noch mein Wunsch, möglichst unauffällig zu sein, ließen das zu. Aber das war nicht weiter schlimm. Johnny würde warten. Außerdem würde er selbst Probleme haben, es unter einer halben Stunde durch den Mittagsverkehr zu schaffen.
    Ich brauchte fünfunddreißig Minuten. Als ich den überfüllten Pub betrat, war mein erster Gedanke, dass wir uns ein wesentlich stilleres Plätzchen für unsere Unterhaltung würden suchen müssen. Johnny war nirgends zu sehen. Mit seinen zwei Metern war er meistens leicht zu entdecken, selbst im Gedränge, aber ich schob mich weiter in den Raum, um sicherzugehen.
    Keine Spur von ihm, aber ein Mann an der Bar fiel mir auf. Nicht weil er groß war, obwohl er das war; auch nicht weil er ein Gesicht hatte, das in einem den Wunsch weckte, es zum Lächeln zu bringen, obwohl er das hatte. Nein, er sah einfach nur irgendwie deplatziert aus. Das heißt, er sah aus wie ein ganz normaler Mann, der in seiner Mittagspause ein Bierchen trinken wollte. Aber das hier war ein Pub, bei dem ein ganz normaler Mann mit Bierdurst auf dem Absatz kehrtgemacht hätte. Er hob eine Flasche Pils an den Mund. Und als er das tat, glitten seine Augen kurz zu

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