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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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schnell klar, wie sehr er sich geirrt hatte.
    »Er war hier? Auf unserem Grundstück? Das darf doch wohl nicht wahr sein! Du hattest dein Gewehr dabei, wieso hast du das Schwein nicht einfach abgeknallt?«
    »Jetzt mach aber mal halblang«, sagte er. »Ich kann doch nicht rumlaufen und Leute erschießen, selbst wenn ich wollte. Wirklich, Liebling, es ging ihm gut. Und wenn es ihm gut geht, müssen wir uns keine Sorgen machen, dann müssen wir nicht verkaufen und in den Sonnenuntergang ziehen, als wäre Interpol hinter uns her und als würden wir um unser Leben laufen!«
    Sie schüttelte den Kopf und sagte mit einer Intensität, die schlimmer war als ihr lautes Geschrei: »Du verdammter Idiot. Kriegst du es denn nicht in deinen Schädel, dass es genau darum geht? Bloß dass wir vor etwas davonlaufen, das um einiges schlimmer ist als Interpol!«
    Danach verdoppelte sie ihre Bemühungen, das Haus zu verkaufen, und setzte zugleich ein endgültiges Datum Anfang April für ihren Umzug in die Staaten fest, ob das Haus bis dahin verkauft war oder nicht.
    Während die Tage vergingen und der Schnee weiter schmolz, stellte Nutbrown fest, dass seine Euphorie ebenfalls schmolz. Seine Frau hatte schon immer einen stärkeren Willen gehabt als er. Er hatte das gerne hingenommen und irgendwie als eine Art Schutzbarriere gegen die Übel der Welt betrachtet. Nun endlich war er bereit zu akzeptieren, dass es, wenn sogar ihre Stärke angesichts einer diffusen Bedrohung ins Wanken geriet, da draußen vielleicht wirklich etwas gab, vor dem er sich fürchten sollte. Es ging ihm wie jemandem, der nie im Leben krank gewesen ist und deshalb die ersten Symptome einer möglicherweise tödlichen Krankheit, die ihn befallen hat, nicht richtig einschätzen kann. Schließlich wurde ihm langsam klar, dass er zum ersten Mal seit sieben Jahren so etwas wie Schuldgefühle empfand, wegen der Art und Weise, mit der er seinen ehemaligen Chef, Kollegen und Freund behandelt hatte. Auf einmal fielen die acht Stunden ungestörten Schlafes, die er Zeit seines Lebens genossen hatte, in sich zusammen wie der Schnee. Er erwachte um ein Uhr, zwei Uhr, drei Uhr morgens in der Dunkelheit, und damit war seine Nachtruhe zu Ende. Weil er fürchtete, Pippa zu wecken, wenn er sich im Bett hin und her wälzte, gewöhnte er sich an, leise aufzustehen und hinunter in die Küche zu gehen, um sich eine Tasse Tee mit einem Schuss Brandy zu machen, und dann saß er da und grübelte bis zum Morgengrauen über alles nach. Das geschlossene Buch der Vergangenheit öffnete sich jetzt vor ihm, nicht als durchgängige Erzählung, sondern als zusammenhanglose Fragmente, in denen er manchmal seine eigenen Erinnerungen erkannte, die aber oftmals jemand anderem zu gehören schienen. Eine Szene, die wieder und wieder vor seinem geistigen Auge ablief, war die, in der Wolf an jenem Herbsttag vor vielen Jahren in aller Frühe von der Polizei geweckt wurde, die ihn dann aus dem Haus schleifte, das er nie wieder betreten sollte.
    Daher blieb er, als er an einem dunklen Februarmorgen eine Türglocke hörte, begleitet von einem donnernden Hämmern, noch einige Augenblicke länger am Küchentisch sitzen, um zu entscheiden, ob es an seiner eigenen Haustür klingelte oder in seinem Kopf.
    Erst Pippas laute Stimme, die von oben seinen Namen rief und wissen wollte, wo zum Teufel er steckte, rückte die Störung unstrittig ins Hier und Jetzt.
    Er stand auf, ging zur Tür und öffnete sie.
    Gerade noch rechtzeitig. Vor ihm stand ein kräftiger Polizist in Uniform, mit einem von diesen Rammböcken, die Johnny aus dem Fernsehen kannte. Der Polizist sah enttäuscht aus, dass ihm die Chance genommen wurde, das Ding einzusetzen.
    Ein Mann in Zivil schob ihn beiseite. Er hielt Johnny einen Dienstausweis und ein paar bedruckte Seiten Papier vor die Nase.
    »DI O’Reilly«, sagte er. »Sie sind Mr Nutbrown?«
    »Ja?«
    »Ich habe einen Durchsuchungsbefehl für Ihr Anwesen, Mr Nutbrown. Los, Jungs.«
    Er trat in die Diele, wobei er Johnny nicht direkt beiseitestieß, ihn aber doch eindeutig aus dem Weg schob.
    Hinter ihm kamen mindestens ein Dutzend weitere Männer herein, manche in Uniform, manche in Zivil. Schneematsch fiel von ihren Schuhen auf den Boden. Das wird Pippa gar nicht gefallen, dachte Johnny.
    Er hatte recht. Sie kam die Treppe herunter wie der heilige Michael, der sich auf den Drachen stürzte. Hätte sie Erklärungen verlangt oder die Rechtmäßigkeit des Durchsuchungsbefehls in Frage gestellt,

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