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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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sämtlicher überregionaler Tageszeitungen. Im Büro hatte er Leute, die sie alle wesentlich gründlicher durchsahen, als er das je tat. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt, das erklärte er seinen Mitarbeitern gern, und es war zweifellos richtig, dass ein aufmerksames Auge manchmal in einem kleinen Absatz durchaus einen Hinweis auf etwas entdecken konnte, das sich letztlich auf die wirtschaftliche Lage oder das innere Gleichgewicht eines seiner Mandanten auswirken konnte. Er selbst überflog meistens nur die Schlagzeilen, las mitunter aber auch die unterschiedlichen Berichterstattungen über Fälle, mit denen er zu tun hatte, um auf Fehlinterpretationen oder tendenzielle Darstellungen oder andere interessante Details reagieren zu können.
    Heute lagen die, wie er sie nannte, Busenblätter zuoberst, und als sein Blick auf die Titelseite der dritten fiel, rief er laut: »Scheiße!«
    »Wie bitte, Mr Estover?«, fragte die Haushälterin.
    »Nichts, nichts«, knurrte er und schlug die Zeitung auf.
    Es war das Blatt von Kitty Locksley, der Nachrichtenredakteurin, die ihn vor einigen Wochen über Arnie Medler hatte ausfragen wollen. Das hatte er einigermaßen leicht abschmettern können, aber was er jetzt auf dem Titelblatt las, erfüllte ihn mit einer unguten Vorahnung.
    Russische Invasion. Klebt an Pasha Nikitins Stiefeln mehr als nur Schnee? Exklusiver Bericht auf Seite 6!
    Er schlug Seite 6 auf.
    Sie war voll mit Fotos von Nikitin auf Empfängen und Partys und in Begleitung allerlei prominenter Gesichter aus Politik, Showbusiness und Sport. Die Schlagzeile darüber lautete: WAS TRITT ER IHNEN IN DEN TEPPICH?
    Der eigentliche Artikel begann auf der nächsten Seite. Estover ließ die Augen mit geübter Schnelligkeit über die Spalten huschen und sagte wieder halblaut: »Scheiße!«
    Kittys Journalisten verstanden es meisterlich, die Grenze zwischen Spekulation und Anschuldigung zu verwischen. Aber einiges, was hier stand, überschritt diese Grenze dermaßen weit, dass sie sich wohl kaum getraut hätten, es zu drucken, wenn sie nicht überzeugt wären, es auch belegen zu können, falls sie juristisch unter Druck gerieten.
    Der Beitrag endete mit dem Versprechen, die nächste Ausgabe würde einige wirklich schockierende Enthüllungen bringen.
    Das wollen wir doch mal sehen!, dachte Estover grimmig.
    Er formulierte bereits im Kopf die Begründung für einen Antrag auf eine einstweilige Verfügung. Kitty Locksley mochte ja ihren Chefredakteur überzeugt haben, dass sie genug in der Hand hatte, um Nikitin aufs Korn zu nehmen, aber ob sie auch einen Richter davon überzeugen konnte, dass das nicht bloß heiße Luft war, stand auf einem ganz anderen Blatt. Und während die Anwälte der Zeitung ihren Gegenantrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung aufsetzten, würde Estover, der ganze Akten über sämtliche Chefredakteure und Verleger aller wichtigen Zeitungen hatte, sich überlegen, welche Kombination aus Drohung, Bestechung und Abrufung alter Gefälligkeiten die beste wäre, um das Ganze schon im Keim zu ersticken.
    Imogen, die jetzt einen blassblauen Kimono trug, kam in die Küche und goss sich noch einen Kaffee ein. Als sie sich ihm gegenüber hinsetzte, schob er die Zeitung über den Tisch.
    Sie warf einen Blick darauf und sagte dann: »Ist es so schlimm, wie es aussieht?«
    »Nicht sehr schön, aber kontrollierbar«, sagte er zuversichtlich. »Ich hau denen eine einstweilige Verfügung um die Ohren, um die Ausgabe von morgen zu verhindern. Das verschafft uns Zeit, damit wir die schweren Geschütze auffahren können.«
    »Will heißen?«
    »Pasha hat Freunde, wie du genau weißt. Wichtige Freunde. So wichtig, dass sogar ein Zeitungsverleger anfangen könnte, darüber nachzudenken, wie er sich den Rest seines Lebens vorstellt.«
    »Also Unterdrückung, nicht Widerlegung.«
    »Ist stets ungefährlicher«, sagte er. »Danke, Mrs Roper.«
    Die Haushälterin hatte ihm einen üppig gefüllten Teller hingestellt. Er griff nach dem Tomatenketchup und spritzte seine Initialen in Kursivschrift über sein Frühstück.
    »Du denkst doch hoffentlich an Pippa und Johnny?«
    »Ich weiß doch noch nicht mal, ob sie mich überhaupt brauchen.«
    »Sie werden dich brauchen«, sagte sie mit Überzeugung. »Und sie haben versucht, dich zu erreichen. Pasha nicht.«
    »Stimmt«, sagte er und hob die erste Gabel mit Schinken an den Mund. »Wundert mich eigentlich. Vielleicht hatte er eine lange Nacht, und seine Leute trauen sich nicht, ihn mit

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