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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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böse Absicht gekommen ist, es aber nicht vermeiden kann, den winzigen Figürchen, die ihm um die Füße wuseln, immer wieder schmerzhafte Tritte zu versetzen.
    Ich sagte: »Falls du Gelegenheit hast, mit Ginny zu sprechen, sag ihr, dass ich sie lieb habe.«
    »Klar, wird gemacht«, sagte er. »Ich melde mich, wenn du wieder einigermaßen bei Kräften bist. Bis bald und mach’s gut.«
    Er ging. Ehe die Tür wieder zufallen konnte, kam DC McLucky herein.
    »Hat Ihnen der Wein geschmeckt?«, fragte er.
    Das war für ihn eine subtile Art, mir zu vermitteln, dass er unser Gespräch belauscht hatte. Es war seltsam, aber der Anblick seines schwermütigen Gesichts und der Klang seiner barschen Stimme hoben meine Stimmung ein wenig. Es wäre übertrieben gewesen zu behaupten, dass er sanfter geworden war – ich glaube nicht, dass er irgendetwas Sanftes an sich hatte –, doch zumindest schien er mich als menschliches Wesen zu betrachten, und das unterschied ihn von einigen Ärzten und Pflegekräften, die ihren Ekel kaum verbergen konnten. Später wurde mir der Grund dafür klar: Die Nachricht von meiner allmählichen Genesung war publik geworden, und die Zeitungen hatten das ordentlich ausgeschlachtet. »Das Monster ist erwacht«, titelte der Observer, » ES LEBT!« die Sun.
    Aber DC McLucky behandelte mich, wenn auch nicht wie einen Mann, der bis zum Beweis des Gegenteils als unschuldig gilt, so doch immerhin wie einen Kriegsgefangenen, auf den die Genfer Konventionen anzuwenden sind.
    Ich sagte: »Nicht besonders. Bedienen Sie sich, wenn Sie wollen. Er ist offen, also hält er sich nicht lange.«
    »Danke«, sagte er, nahm die Flasche aus dem Schrank und füllte mein Wasserglas. »Prost. Sehr gut.«
    »Heißt das, Sie sind nicht im Dienst?«, fragte ich.
    Er sagte: »Sie haben zu viele Krimis gelesen. Aber im Grunde liegen Sie richtig. Ich hab Pause. Zumindest bis ich das Glas hier getrunken hab.«
    Er betrachtete mich mit einem Gesichtsausdruck, aus dem ich nicht richtig schlau wurde.
    Er sagte: »Kumpel von Ihnen, dieser Mr Nutbrown?«
    Ich sagte: »Ja. Ein guter Freund und Geschäftspartner. Wieso?«
    Er trank noch einen Schluck Wein und sagte dann: »Nur so. Ist bestimmt ein Trost, einen so guten Freund und Kollegen zu haben, der auf freiem Fuß ist und einem Rückendeckung gibt.«
    Er leerte sein Glas, während ich über die Andeutungen, die er gemacht hatte, nachdachte.
    Wenn das Betrugsdezernat so gründlich ermittelte, wieso wurde mein engster Geschäftspartner dann nicht ins Visier genommen?
    Im selben Moment trieb eine weitere Erinnerungsblase an die Oberfläche meines Gedächtnisses.
    Vor meinem Unfall hatte ich mich mit Johnny im Black Widow verabredet, aber dann hatten dort die Bullen auf mich gewartet.
    McLucky war schon an der Tür.
    Ich sagte: »Mr McLucky.«
    Er sagte warnend: »Jetzt bin ich wieder im Dienst.«
    Ich sagte: »Ich hätte nur gerne das Telefon, wenn möglich. Ich denke, ich sollte mir einen Anwalt nehmen.«
    Er nickte, und mir kam der Gedanke, dass sein schwer durchschaubarer Gesichtsausdruck irgendwie an Mitleid erinnerte.
    Er sagte: »Das ist Ihre erste gute Idee, seit Sie aufgewacht sind, Sir Wilfred.«
3
    Erst sechs Monate nachdem ich aus dem Koma erwacht war, war ich endlich verhandlungsfähig, und selbst dann gelangte ich nur mit Mühe und schwer auf einen Gehstock gestützt in den Gerichtssaal. Man hatte mir gesagt, dass ich dauerhaft hinken würde, womit wohl eher ein dauerhaftes Taumeln gemeint war. Wenn man sich dazu mein vernarbtes Gesicht vorstellt, die schwarze Augenklappe sowie den Lederhandschuh an meiner rechten Hand, sollte man eigentlich meinen, dass der krasse Unterschied zu dem, was ich früher mal war, einen Anflug von Mitleid bei der britischen Öffentlichkeit ausgelöst hätte.
    Von wegen. Die Beleidigungen und Buhrufe, mit denen mich die Meute von Schaulustigen bei meinem ersten Auftritt begrüßte, ganz zu schweigen davon, dass ich obendrein mit Steinen beworfen und bespuckt wurde, ließen keinen Zweifel daran, wie erfolgreich die Meinungsmacher der Regenbogenpresse gewesen waren. Der Mirror stufte mich als Ungeziefer ein, während die Mail Fotos von mir vor und nach dem Unfall abdruckte, mit der Schlagzeile: »Jetzt sehen wir, wer er wirklich ist!«
    Die sogenannte seriöse Presse war nicht viel besser. Der Guardian brachte statt Fotos eine Karikatur, in der zwei Polizisten mühsam einen verschnörkelten Bilderrahmen die Stufen des Old Bailey hinaufschleppten, in

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