Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)
davonkommen, vor allem, wenn Sie gestehen und versprechen, sich einer Aversionstherapie zu unterziehen. Aber wenn die Sie mit allen Anklagepunkten bombardieren, könnten am Ende fünf oder sechs Jahre dabei rauskommen.«
Ich hörte nicht auf ihn. Koste es, was es wolle, niemals würde ich zugeben, mich an diesem Dreck aufgegeilt zu haben.
Wie sattsam bekannt ist, wurde ich in allen Punkten schuldig gesprochen. Ich kann nicht mal behaupten, dass ich bis zuletzt gekämpft hätte. Vor Beginn meines Prozesses war ich zutiefst deprimiert, aber ich machte mir noch immer vor, dass ich der Sache gewachsen wäre, sobald ich die Bühne betreten und der Regisseur Action! rufen würde.
Dann, am Ende unserer letzten Besprechung vor Prozessbeginn, sahen Stoller und Trapp einander an und nickten sich, wie ich fand, zögerlich zu.
Ich sagte: »Was ist los?«
Stoller sagte: »Wir müssen Ihnen etwas mitteilen, Sir Wilfred. Sie sollten es lieber von uns erfahren als von irgendwem, der es Ihnen während der Verhandlung zuruft. Es geht um Ihre Frau, ich meine, Ihre ehemalige Frau …«
Ich weiß noch, wie mich eine schockartige Angst befiel, er würde mir eröffnen, dass Imogen etwas zugestoßen war. Stattdessen, und das war sogar noch schockierender, hörte ich da zum ersten Mal, dass Imo wieder heiraten würde und dass ihr Bräutigam mein Exanwalt und Exfreund Toby Estover war.
Stoller und Trapp versuchten, die Bedeutung dieser Neuigkeit herunterzuspielen. Natürlich bereitete es ihnen Sorgen, dass meine teure Gattin und mein lieber Freund in den Augen der britischen Öffentlichkeit, zu der auch meine zwölf Geschworenen zählten, genauso gut einen Spot im Hauptabendprogramm hätten schalten können, in dem sie erklärten, ohne jeden Zweifel zu wissen, dass ich schuldig im Sinne der Anklage war.
Aber derlei forensische Sorgen hatte ich längst hinter mir gelassen. Irgendwo tief in mir und weit jenseits aller Vernunft hatte ich wohl doch noch die Hoffnung gehegt, die Scheidung wäre bloß ein taktischer Schachzug, eine vorübergehende Maßnahme, die Toby ersonnen hatte, um Imo außer Reichweite der Medien und meiner Gläubiger zu bringen. Jetzt konnte ich das kolossale Ausmaß ihres Verrats nicht länger ignorieren.
Nach einer schlaflosen Nacht, in der ich jeden Zentimeter meiner Vergangenheit wieder und wieder abschritt, bis meine schweren Füße sämtliche Spuren der Wahrheit verwischt haben mussten, betrat ich den Gerichtssaal wie ein Zombie. Schon mein Gesicht und meine Haltung waren das reinste Schuldbekenntnis, und letzten Endes befand Stoller es nicht mal für nötig, mich in den Zeugenstand zu rufen.
Im Gefängnis wurde ich von Anfang an in den relativ sicheren Sondertrakt gesteckt, was aber die anderen sogenannten normalen Häftlinge nicht daran hinderte, mich jedes Mal wüst zu beschimpfen, wenn sie auf Ruf- und Spuckweite an mich rankamen. Als mein zweiter Prozess begann, war mir längst egal, wie er ausgehen würde. Ich bekannte mich zwar nicht direkt schuldig, aber ich hatte einfach keine Lust mehr, noch irgendeinen großartigen Versuch zu unternehmen, meine Unschuld zu beweisen. Kein Wunder, dass ich verurteilt wurde.
Und so endete es, mein Märchen.
Ein Jahr nachdem ich aus dem Koma erwacht war, wurde ich zu insgesamt zwölf Jahren verknackt.
Das fühlt sich auf alle Fälle an wie »das selige Ende«.
Genau wie dieser Thomas im Gedicht hab ich bloß die Wahrheit gesagt. Diese Feen waren gar nicht so dumm. Die Wahrheit befreit dich nicht, sie bringt dich für immer in den Knast!
Ich hatte keine Freunde mehr. Johnny ließ sich nie wieder blicken. Ich sah ihn nur noch ein einziges Mal, bei seinem Auftritt als Zeuge in dem Betrugsprozess. Eines muss ich ihm lassen, er war offensichtlich bemüht, nichts Negatives über mich zu sagen, aber seine dünnen Ausflüchte suggerierten nur, dass es verdammt viel zu verbergen gab, und die Tatsache, dass er immer wieder zu mir rüberschaute und mit einem betrübten und verwirrten Gesichtsausdruck sagte: »Tut mir leid, Wolf«, war auch nicht gerade hilfreich.
Genau in dem Moment, wenn du denkst, schlimmer kann es nicht mehr kommen, kommt es noch schlimmer. Sechs Monate nachdem ich meine Haftstrafe angetreten hatte, bekam ich Besuch von Ed Trapp. Wie immer machte er keine Umschweife.
»Dein Dad ist tot«, sagte er. »Mein Beileid.«
Ich hatte keine Gelegenheit gehabt, Fred noch einmal zu sehen. Ich war einfach davon ausgegangen, dass er mich besuchen kommen würde,
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