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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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mehr zu den Sitzungen erscheinen, aber das würde es Ihnen zu einfach machen, und ich habe mich dazu durchgerungen, Ihnen zu schreiben, nur damit Sie wissen, dass ich genau weiß, was Sie vorhatten.
    Sie waren bestimmt richtig zufrieden mit sich, als Sie gelesen hatten, was ich über Johnnys Besuch geschrieben habe, und als Ihnen klar wurde, dass es Ihnen gelungen war, alle möglichen Gefühle aufzuwühlen, die ich nicht verstand. Und ich schätze, Sie mussten nicht unbedingt Sigmund Freud sein, um zu merken, dass Sie einen sehr empfindlichen Punkt trafen, als Sie mich nach Imogen fragten. Ich weiß, Sie werden sagen, das sei nun mal Ihre Aufgabe und alles, was Sie tun, sei nur zu meinem Besten, und ich wage zu behaupten, dass Sie davon selbst überzeugt sind. Ich war ja zu Anfang auch bereit, es zu glauben, aber jetzt nicht mehr. Ich habe erkannt, dass Sie bloß eine aufdringliche Wichtigtuerin sind, die auf der Grundlage krasser Fehlinformationen in Dingen herumstochert, die sie nicht versteht, und das Einzige, was Sie erreicht haben, ist, das bisschen Gleichmütigkeit zu zerstören, das ich mir erarbeitet hatte, um meine Strafe irgendwie zu überstehen.
    Nehmen wir zum Beispiel das Schreiben. Sie haben gesagt, Ziel wäre es, meine Erinnerungen an das, was geschehen ist, und meine Gefühle darüber zu objektivieren, um sie dann von außen zu betrachten und damit ins Reine zu kommen. Okay, Sie würden das wahrscheinlich in irgendwelches kompliziertes Psychogeschwafel einpacken, aber darauf läuft es doch wohl hinaus, oder? Klarheit. Ich sollte dadurch Klarheit gewinnen, aber es hat bloß zu totaler Verwirrung geführt.
    Als ich anfing, dachte ich, ich könnte Sie mir vom Hals halten, wenn ich Ihnen einen genauen Bericht der Ereignisse liefere sowie meine Erklärung dafür, warum es so gekommen ist. Stattdessen zweifele ich jetzt schon an meinen eigenen Erinnerungen. Ist das Ihr Job – dafür zu sorgen, dass Ihre Patienten hinterher noch beschissener dran sind?
    Ich kann zum Beispiel nicht mehr schlafen. Früher habe ich prima geschlafen. Tief und fest. Aber seit ich angefangen habe, mit Ihnen zu reden, schlafe ich unruhig und träume schlecht und habe kalte Schweißausbrüche, und es wird immer schlimmer. In letzter Zeit sind meine Träume wirklich furchtbar geworden, denn ich stelle darin wirklich üble Dinge an. Ich werde Ihnen nicht verraten, was für welche, weil Sie darin ja doch nur eine Bestätigung dessen sehen würden, was Sie Ihrer Meinung nach mit mir machen. Aber ich weiß, was Sie in Wirklichkeit machen. Ich hab mich in der Bibliothek schlau gemacht. Das nennt sich False-Memory-Syndrom, und gemeint ist damit, wenn irgendein Seelenklempner ganz besessen von der Vorstellung ist, dass ein Patient in der Kindheit missbraucht wurde, und immer wieder davon anfängt, bis der arme Teufel ihm schließlich recht gibt, und dann sagt der Psychologe: Hurra! Das ist eine verdrängte Erinnerung, die ich mit meiner klugen Therapie ans Tageslicht geholt hab , obwohl er dem Patienten in Wahrheit bloß eine widerwärtige Idee in den Kopf gesetzt hat!
    Ich denke, genau das haben Sie mit mir gemacht. Sie haben immer wieder mit diesem Pädophiliekram angefangen, bis Sie es schließlich geschafft hatten, mich mit diesen Albträumen aus Pseudoerinnerungen zu vergiften. Gut, ich will nicht zu hart sein, daher nehme ich an, dass das vermutlich nicht Ihre Absicht war. Sie haben die Prozessprotokolle gelesen, sind zu dem Schluss gekommen, dass ich schuldig bin, und haben kein einziges Mal den Gedanken zugelassen, dass alles, was ich geschrieben habe, die Wahrheit war, und dass Sie ganz einfach falschliegen. Nein, Sie haben sich von Anfang an darauf festgelegt, dass ich die Wahrheit verdränge, so nennt Ihr das doch, oder? Dass meine Schilderungen lediglich der Versuch waren, mich vor dem Wissen um meine perversen Verbrechen zu verstecken.
    Na, herzlichen Glückwunsch, Dr. Ozigbo. Ich hatte noch nie Bilder von sexuell missbrauchten Kindern gesehen, bis Medler mir die gezeigt hat, die auf meinen Computer geschmuggelt worden waren. Ich dachte, ich hätte sie erfolgreich aus dem Gedächtnis verbannt. Aber dank Ihnen habe ich sie jetzt ständig wieder vor Augen. Diese Bilder sind in meinem Kopf, meinen Träumen, meinen Albträumen, genau da, wo Sie sie hingepflanzt haben!
    Das haben Sie für mich getan. Ich hatte mich gut im Griff, hab meinen Porridge gegessen, die Minuten und Stunden und Tage gezählt, bis ich hier rauskomme.
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