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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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draus machen, ihn aufzugeilen. »Soll das heißen, du lässt dich nicht gerne aufgeilen?«, erwiderte sie dann. Und prompt lachten sie und blieben weiter locker und unkompliziert befreundet – bis zum nächsten Mal.
    Bei Homewood kam so etwas nicht in Frage. Sein Begehren war offensichtlich ein großes Problem für ihn. Er war, so hatte sie erfahren, ein höchst moralischer Mann, glücklich verheiratet und überdies ein tiefgläubiger Christ. Sie nahm an, dass er diese Anfälle von Lust wahrscheinlich als stärkende Prüfung seines Glaubens rationalisierte.
    Offensichtlich meinte er, alle Anzeichen seines Begehrens erfolgreich verborgen zu haben, und Alva ihrerseits war ständig auf der Hut, sich nicht anmerken zu lassen, dass sie sich seiner Gefühle bewusst war. Die einzige Person, der sie davon erzählt hatte, war John Childs, mit dem sie sich noch immer von Zeit zu Zeit traf. Die Beziehung zu ihm war vollkommen asexuell. Und obwohl es ihr schwerfiel, sie als Freundschaft einzuordnen, lehnte sie seine Einladungen zum Lunch oder einem gelegentlichen Konzertbesuch nur selten ab.
    Ihre Begegnungen fanden stets auf neutralem Boden statt, bis sie ihn eines Abends nach einem Konzert noch auf einen Kaffee in ihre Wohnung einlud. Sie wusste selbst nicht genau, wieso, außer vielleicht, dass sie sich bereits seit über einem Jahr kannten und sie sich in seiner Gegenwart vollkommen sicher fühlte. Als hätte er das Bedürfnis, sich zu revanchieren (oder vielleicht, wie sie sich selbst amüsiert sagte, weil er sich jetzt in ihrer Gegenwart vollkommen sicher fühlte!), lud er sie an dem darauf folgenden Sonntag zum Tee in sein »kleines Domizil« ein. Das »kleine Domizil« entpuppte sich als dreistöckiges Haus mit Blick über den Regent’s Park. Später fand sie heraus, dass er es von seiner Großmutter geerbt hatte. Er schien allein darin zu wohnen. Sie hatte nicht das Gefühl, dass sie ihn gut genug kannte, um sich genauer nach seinem Privatleben zu erkundigen, aber sie fragte, ob sie sich ein wenig umschauen dürfe, während er den Tee zubereitete. In seinem Arbeitszimmer im obersten Stock mit Aussicht auf den Park hing an einer Wand eine Reihe von gerahmten Fotos. Auf einem war ein Mann im Tropenanzug zu sehen, der finster in die Kamera blickte, als würde er sich nur ungern fotografieren lassen. Er sah Childs ähnlich, ebenso wie der Junge auf dem nächsten Bild, der schüchtern lächelnd neben einem dunkelhäutigen jungen Burschen in arabischer Kleidung stand, dem ein sehr viel breiteres Lächeln im Gesicht prangte und der einen Arm vertraulich um die Schultern des Jungen gelegt hatte.
    Auf allen anderen Fotos waren junge Männer, und in einem von ihnen erkannte sie Simon Homewood. Sie vermutete, dass es sich bei ihnen um die glücklichen Nutznießer von Childs Gönnerschaft handelte, von der Giles Nevinson ihr erzählt hatte. Eine Lücke in der Reihe ließ vermuten, dass die Dinge nicht immer gut endeten. Der letzte und neueste, ein ernster junger Mann mit dichtem schwarzem Haar, das ihm ins Gesicht wehte und seine Züge halb verbarg, musste wohl sein Patensohn Harry sein, der angehende Psychiater, der einen Großteil ihrer Gespräche beherrschte. Seine Ambitionen und ihre Sachkenntnis, so ihre Vermutung, erklärten Childs’ offensichtliches Interesse, die Beziehung zu ihr weiter zu pflegen. Giles dagegen behauptete, die gegenseitige Anziehung sei nur mit einem starken maskulinen Zug in ihrem Charakter zu erklären, der sie außerdem in die Lage versetzte, seinen Avancen zu widerstehen.
    »Ich dachte, wir nehmen den Tee hier ein«, sagte Childs, der mit einem Tablett in der Hand hereinkam. »Für Londoner Verhältnisse ist das eine schöne Aussicht.«
    Er stellte das Tablett auf den Schreibtisch, wobei er einen dicken Stapel Manuskriptblätter beiseiteschob, um Platz zu schaffen.
    »Sie schreiben doch nicht etwa einen Roman, oder?«, sagte sie lächelnd.
    Er sah sie ausdruckslos an, und einen Moment lang dachte sie schon, sie wäre zu vertraulich geworden, doch dann, als ihr Lächeln erstarb, setzte er eins auf und sagte: »Ach so, das da meinen Sie? Nein, ich versuche mich nur an einer kleinen Arbeit über die Phönizier.«
    »Ganz so klein wohl nicht, wie’s aussieht«, sagte sie. »Warum gerade die Phönizier?«
    »Vielleicht, weil sie den Briten nicht unähnlich waren. Großartige Kaufleute, ausgezeichnete Schiffsbauer, ungemein erfindungsreich, wenn es um Erleichterungen des praktischen Lebens ging. Und

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