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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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er sagte: »Ich glaube nicht, dass es im Zuge seiner Therapie tatsächlich zu einem operativen Eingriff gekommen ist, Lady Kira, aber soweit ich weiß, wurde er und wird er vermutlich noch immer psychiatrisch behandelt und überwacht. Sir Leon hat sicherlich recht, dass er nicht auf Bewährung entlassen worden wäre, wenn die Experten nicht davon überzeugt wären, dass er keine Gefahr mehr darstellt.«
    »Solange er ein Mann ist, ist er eine Gefahr«, sagte Lady Kira. »Wo leben diese Experten denn? Jedenfalls nicht hier in unserer Gegend. Man sollte es ihm mit seiner Axt abschlagen, das ist die einzige Garantie für unsere Sicherheit.«
    Damit schien sie das Interesse sowohl an dem Thema als auch an ihrem Gast verloren zu haben, und Sir Leon sagte mit sichtlicher Erleichterung: »Ich dachte, ich gehe heute Nachmittag draußen im Long Spinney auf Jagd. Jagen Sie, Collins?«
    Und Hollins, dem diese Frage bereits mehrmals gestellt worden war, erwiderte erneut: »Nein, Sir Leon«, aber er verkniff es sich, das Wort Verzeihung hinterherzuschieben.

5
    Selbst die Natur scheint gelegentlich nostalgisch zu werden, und gerade als die Engländer sich mit nasskalten Wintern abgefunden hatten, besann sich die Jahreszeit darauf, wie sie früher einmal gewesen war, und lieferte Tag für Tag und Woche für Woche altmodischen strahlenden Sonnenschein gefolgt von bitterkalten Nächten.
    Und das nicht nur in England. Das erfrischende Wetter dehnte sich über den Ärmelkanal aus und weiter über den Golf von Biskaya, bis selbst die sonnenhungrigsten britischen Auswanderer entlang der spanischen costas sich ganz gegen ihren Willen an alte Zeiten erinnert fühlten, von denen sie geglaubt hatten, sie für immer hinter sich gelassen zu haben. Geflieste Fußböden, die im Sommer wohltuend kühl waren, fühlten sich unter nackten Füßen jetzt eiskalt an, und eingelagertes Gepäck wurde nach Filzpantoffeln durchwühlt.
    Arnie Medler fuhr vorsichtig von seiner Villa in den Bergen hinunter nach Marbella. Wenigstens war es um diese Jahreszeit und bei diesem Wetter unproblematisch, einen Parkplatz direkt vor dem Hotel Gaviota zu finden, wo das echteste englische Frühstück an der ganzen Costa del Sol zu haben war. Im Sommer reichten ihm Cornflakes und Fruchtsaft, aber während der dunklen Monate überkam ihn von Zeit zu Zeit das Verlangen nach einer Cholesterindröhnung, und seine Frau Tina hatte überdeutlich gemacht, dass sie nicht nach Spanien gezogen war, um sich am Herd abzuschuften.
    Dieser Winter hatte ihn zum Stammkunden gemacht, und als er das Restaurant betrat, wurde er mit seinem Namen begrüßt. Er setzte sich wie immer an einen Ecktisch am Fenster mit Blick auf den menschenleeren Hotelpool. Das Restaurant war nur halb voll. Das Hotel überstand die Zwischensaison, indem es ermäßigte Preise anbot, die hauptsächlich von englischen Rentnern in Anspruch genommen wurden, um der neuesten Grippewelle zu entfliehen. Medler amüsierte sich damit, ihren oftmals erstaunlich intimen Gesprächen zu lauschen. In der Welt des einundzwanzigsten Jahrhunderts hatte sich vieles verändert, doch die Briten bereisten Europa noch immer wie Aristokraten des achtzehnten Jahrhunderts, die jeden Nichtbriten behandelten, als wäre er Luft, und nach einem Jahrzehnt hier war Medlers Haut sonnenverbrannt und sein Spanisch gut genug, um bei jedem Nichteinheimischen als Einheimischer durchzugehen.
    An diesem Morgen waren seine nächsten Nachbarn Ehepaare, die offenbar alles, was sie sich zu sagen hatten, schon vor einer Ewigkeit gesagt hatten, und den Blick unablässig durch den Raum wandern ließen. Am anderen Ende wurde ein Mann zu einem Tisch geführt.
    Leicht schockiert, aber eher verblüfft als erschrocken, registrierte Medler, dass ihm das Gesicht bekannt vorkam.
    Lieber auf Nummer sicher gehen. Aufgrund der veränderten politischen und wirtschaftlichen Lage waren die costas nicht mehr der beliebteste Zufluchtsort für britische Ganoven, aber es tummelten sich hier noch immer so viele, dass ein Bulle im Ruhestand Vorsicht walten lassen sollte.
    Er hob seine Serviette an die Lippen und ließ sie dort, bis der Mann mit dem Rücken zu ihm Platz genommen hatte.
    Als er fertig gefrühstückt hatte, verließ er das Restaurant durch den Küchenausgang. Der Oberkellner war da und sah ihn verwundert an.
    »Señor Medler«, sagte er, »ist etwas nicht in Ordnung?«
    Er war stolz auf sein Englisch, und Medler wusste, wenn er versuchen würde, auf Spanisch zu

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