Rache: Zwei Schwestern. Ein Traum. Die Stärkere gewinnt (German Edition)
niemals leichtgenommen hat. Sie hat noch immer Alpträume deswegen.«
Und während sie es sagte, begriff sie, dass es der Wahrheit entsprach. Als Chelsea bei ihr zu Besuch gewesen war, hatte sie sie eines Nachts im Gästehaus schreien und schluchzen hören. Und nun, da sie Tausende von Meilen von ihr entfernt war, empfand sie Mitgefühl. Dads Tod und dann noch so etwas … das war mehr, als die meisten Menschen aushalten mussten.
»Ha«, sagte Oksana wieder, und diesmal klang sie hasserfüllt. »Das ist mir egal. Sie ist ein Biest. Böse. Sie interessiert sich für nichts und niemand.«
Amber räusperte sich. Am liebsten hätte sie Oksana gesagt, dass nicht mit Steinen werfen sollte, wer im Glashaus sitzt. Sie blickte durchs Fenster ins Café, wo Matt am Tisch saß und die Times las. Sie wollte wieder zu ihm hinein. »Wie viel wollen Sie, damit Sie verschwinden?«, fragte sie ohne Umschweife. »Wirklich verschwinden und meine Familie nie wieder belästigen? Und ich meine es ernst. Wenn ich anschließend noch einmal von Ihnen höre … ich habe Verbindungen. Mein Onkel Derek weiß, wie man Leute wie Sie aufstöbert.« Das war ein Bluff, aber sie hoffte, dass Oksana ihn nicht durchschaute. »Also, wie viel? Hunderttausend?«
»Zweihundertfünfzig«, sagte Oksana sofort. »Zweihundertfünfzigtausend Dollar.«
Amber hatte einen solchen Betrag im vergangenen Jahr allein für die Neugestaltung von Gästehaus und Pool ausgegeben. »Einverstanden. Damit ist es dann abgemacht, okay?«
»Okay«, sagte Oksana. Ein Dank kam nicht. »Sie kümmern sich darum?«
»Mach ich. Innerhalb einer Woche haben Sie es.« Nun konnte sie innerlich zur Ruhe kommen. Es war ein Anfang, wiedergutzumachen, was sie mit ihrer Rache angerichtet hatte. Nun konnte Chelsea ihr neues Leben ohne Angst weiterführen.
Und Amber hoffte, dass sie glücklich wurde. Sie wollte keine Rache mehr.
55
C helsea machte die Tür selbst auf.
»Treten Sie ein«, sagte sie.
»Hi.« Sally Miller lächelte sie mechanisch an. Sie hatte Ringe unter den Augen und trug Jeans und T-Shirt. In den zwei Jahren, die Chelsea nun hier war, hatte sie Sally Miller noch nie in Jeans gesehen. »Und danke.«
Sie betrat den Flur, und ihre Schritte waren schleppend. Chelsea fragte sich unwillkürlich, ob sie getrunken hatte. »Sollen wir hier hineingehen?«, fragte sie und deutete auf das Wohnzimmer. Bevor alles schiefzulaufen begonnen hatte, war sie kaum hier drin gewesen; sie hatte sich am Pool aufgehalten oder war an Drehorten, auf Reisen oder bei Besprechungen gewesen. Doch nun, da ihre Welt quasi zusammengestürzt war, gab es nicht mehr viel zu tun. Sie verbrachte viel Zeit vor dem Fernseher und gab sich Mühe, nicht gar so viel Junkfood in sich hineinzustopfen.
Dementsprechend chaotisch sah es in dem Wohnzimmer auch aus: Überall lagen Klatschblätter, leere Dosen Cola light, leere Chipstüten herum. Auf dem Rodeo Drive draußen waren alle edlen Boutiquen mit eleganten Schleifen, Stechpalmen- und Tannenzweigen und blinkenden Lichterketten geschmückt, und die Straßen wurden von leuchtenden Weihnachtsmännern gesäumt. Hier drinnen war es, als gäbe es kein Weihnachten. Sally stieg über den Müll und ließ sich aufs Sofa sinken, in dem ihre zarte Gestalt fast verschwand. Chelsea konnte den Blick kaum abwenden. Sie und Leo waren an dem Tag, als dieses Sofa geliefert wurde, darauf übereinander hergefallen – einmal, als es noch in der Plastikhülle steckte, ein zweites Mal ohne Hülle …
»Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«
»Wodka Tonic, sehr gerne«, sagte Sally. »Danke.« Sie lächelte wieder automatisch und fuhr sich mit der Hand durch das schlaffe Haar.
Chelsea zog eine Augenbraue hoch, während sie sich umwandte. Wow, die Lady war wirklich in keinem guten Zustand. Sie mixte den Drink, schenkte sich auch einen ein, dann reichte sie Sally ein Glas. Noch bevor sie saß, ergriff Sally das Wort.
»Also, ich denke, dass wir beide mit Leo eine Rechnung zu begleichen haben.«
»Was ist denn zwischen Ihnen und ihm passiert?«, wollte Chelsea wissen.
»Nichts Wichtiges.« Sally lächelte geschmeidig. »Mir ist nur endlich aufgefallen, dass er ein Mistkerl ist.« Sie machte eine Pause und fuhr dann fort, als rede sie über einen Liebhaber: »Ich habe ihn gestern verlassen.«
»Wow«, sagte Chelsea. »Aber wieso …«
»Wir hatten einen Riesenkrach.« Sie sprach ruhig. »Ich habe ihm ein paar Wahrheiten gesagt. Dinge, die ich schon viel früher hätte
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