Rache: Zwei Schwestern. Ein Traum. Die Stärkere gewinnt (German Edition)
frei stehendes Haus aus roten Ziegeln. Es befand sich auf einem großen Grundstück, hatte eine kleine Auffahrt, eine eigene Garage, ein Giebeldach und hübsche Buntglasfenster.
»Ja.« Chelsea nickte ernst. Ihre dunklen Locken tanzten um ihr rundes Gesicht.
»Gefällt es dir?«
»Ja!«, rief Chelsea aufgeregt, und ihre Stimme hallte in der stillen Straße. Margaret klopfte ihr beschwichtigend auf die Schulter. Manchmal war Chelsea furchtbar überschwänglich.
»Tja, dann«, sagte George, ging vor ihr in die Hocke und blickte sie ernst an. »Da wollen wir nämlich wohnen, Chelsea!«
»Wir«, sagte Chelsea feierlich und blickte von George zu Margaret. George nahm die Hand seiner Frau.
»Ja«, sagte er. »Du und ich und« – er strich über Margarets sich rundenden Bauch – »und dein Bruder oder deine Schwester, was immer es wird. Deine Mum wird noch ein Baby bekommen. Dann sind wir eine richtige Familie.«
»Und wie geht das?«
Tja, wie geht das?, dachte Margaret kühl. Sie lächelte schwach und blickte wieder zu dem riesigen Haus hinauf.
»Da sind wir bestimmt sehr glücklich«, sagte George. Seine Hand stahl sich zu ihrer, und er nahm sie und drückte sie leicht.
Anfangs war es so. Für Margaret und George waren die nächsten Jahre als Familie tatsächlich glücklich. Sie bezogen das Bay Tree House, wie ihr beeindruckendes Heim auf dem Princess Drive genannt wurde, und ein paar Monate später brachte Margaret ein ruhiges Mädchen namens Amber zur Welt.
Margaret liebte Amber von Anfang an mit einer Inbrunst, die sie selbst überraschte. Chelsea hatte vor nichts Angst; sie konnte früh laufen und tat es ausgiebig, sie brüllte das ganze Haus zusammen, wenn ihr danach war. Sie war wie ihr Vater: Sie wollte immer die Nummer eins sein, und sobald sie im Mittelpunkt stand, war alles gut.
Amber war anders, das erkannte Margaret schon sehr früh. Sie war klein und zart und hatte goldblondes Haar und grüne Augen. Sie lächelte viel, war aber meistens still, als habe sie Angst, Unannehmlichkeiten zu verursachen. Mit Sorge beobachtete Margaret, wie Chelsea ihre kleine Schwester drangsalierte. Oft musste sie eingreifen, weil Chelsea sich auf Amber setzte, ihr Würmer zu essen gab oder versuchte, ihr mit Wasser aus der Toilette die Zähne zu putzen.
Arme kleine Amber. Chelsea schlug sich durch, sie würde immer zurechtkommen. Derek kam schließlich auch immer zurecht, nicht wahr? Aber Amber brauchte von Anfang an jemanden, der auf sie aufpasste, jemanden, der ihr durchs Leben half, und Margaret war entschlossen, ihre kleine Tochter niemals im Stich zu lassen.
Georges Karriere war nicht aufzuhalten. Während das Land unter Arbeitslosigkeit litt und durch Streiks gelähmt wurde, ging es George und Margaret besser denn je. Alles, was George – auf Rat seiner Frau – anfasste, schien sich in Gold zu verwandeln. Inzwischen belegten er und sein Team eine komplette Etage in dem Bürogebäude in der Regent Street, in der sich eine neue Tochterfirma von Davidson and Davidson niedergelassen hatte: Hier kümmerte man sich um das Management der Bands, beriet sie finanziell, verwaltete das anwachsende Vermögen. Und zu Hause hätte er auch nicht glücklicher sein können. Er liebte seine beiden Töchter hingebungsvoll und war ein freundlicher, rücksichtsvoller Partner. Die anderen Hausfrauen in Weybridge versicherten Margaret immer wieder, dass sie sich glücklich schätzen konnte: Ihr George sei der ideale Ehemann.
Ich weiß, hätte sie gerne gesagt. Er ist freundlich und gut und fürsorglich. Er steigt immer weiter auf. Wir lieben unsere Töchter. Er ist intelligent, hält sich fit, kleidet sich gut und ist immer eine rundum gepflegte Erscheinung. Alles ist perfekt. Nur ein paar Kleinigkeiten stimmen leider nicht. Zum Beispiel, dass Chelsea die Tochter seines Bruders ist. Dass wir erst ein einziges Mal miteinander geschlafen haben und das erst, nachdem ich ihn verprügelt habe. Ja, meine Damen. Leider kriegt er keinen hoch. Oder vielleicht schon – nur nicht bei mir.
Irgendwann musste es also geschehen. Und es geschah ausgerechnet, als alles so perfekt schien. Es war an einem Tag Anfang April im Jahr 1983. Margaret war mit dem Frühjahrsputz beschäftigt, Hausarbeit war für sie immer ein Trost. Sie war die Einzige in ihrer Straße, die keine Putzfrau hatte. Wie sie George erklärte, war sie nicht zu stolz, die Arbeit selbst zu machen.
Sie wohnten nun seit vier Jahren im Bay Tree House, und noch immer
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