Rache
im Fernsehen, bis alle Leute alles über sie wissen. Die Pressemeute wird ihr Leben auf den Kopf stellen und alles über sie hinausposaunen. Jedes kleine Detail, das dieser Wichser ihr angetan hat. Sie ist das Opfer und wird ans Kreuz geschlagen. Und wofür? Für gar nichts, Mann. Für einen Scheißdreck . Weißt du, was ich meine?«
»Und ob«, antwortete Pete. »Hier in L.A. kann es durchaus sein, dass die Geschworenen diesen Toby am Ende sogar noch freisprechen.«
»Ganz genau. Sie lassen Toby frei, und er kann den Rest seines beschissenen Lebens Golf spielen oder sonst was. Wer weiß, vielleicht packt ihn ja auch mal wieder die Mordlust und er schlachtet Sherry ab, nur mal eben so. Zum Spaß.«
»Andererseits ist es gut möglich, dass er schuldig gesprochen wird.«
»Vielleicht. Viiielleicht .«
»Okay. Vielleicht.«
»Und dann geht er in den Knast. Toll.«
»Mehrfacher Mord gilt als ›besonders verwerfliches Verbrechen‹«, gab Pete zu bedenken. »Gut möglich, dass sie ihn zum Tod verurteilen.«
»Na und? Dann hockt er fünfzehn Jahre lang in der Todeszelle, und niemand kann sagen, ob er nicht doch noch begnadigt wird. Und die ganze Zeit über muss Sherry daheim in ihrem stillen Kämmerlein mit all dem fertig werden.«
Pete grinste seinen Freund kopfschüttelnd an. »Du solltest Anwalt werden.«
»Keine Lust. Ich werde Killer.«
Pete lachte. »Na klar.«
»Ich räume Verbrecher aus dem Weg.«
»Du bist hier nicht im Film.«
»Weißt du was? Du schreibst über meine Abenteuer. Vergiss deine blutleeren Romane und werde mein Roswell.«
»Boswell.«
»Von mir aus. Als Erstes schreibst du darüber, wie wir die Welt von Toby Arschloch befreit haben.«
»Du tickst ja nicht mehr richtig. Und außerdem können wir überhaupt nichts gegen ihn unternehmen, solange wir nicht wissen, wo wir ihn zu fassen kriegen.«
»Korrrrekt!«
46
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Mit Sids Schlüssel in der Zündung fuhr Toby den Mercedes zu dem Haus in der Clifton Street Nummer 2832.
Als er sich dem Gebäude näherte, fuhr er langsamer.
In der Auffahrt stand kein Wagen.
Von Sherrys Eltern oder Brenda war nichts zu sehen.
Ist am Ende niemand zu Hause?
Ein Gefühl des Ärgers stieg in Toby hoch. So, als hätte ihn jemand um etwas betrogen.
Immer mit der Ruhe, sagte er sich, während er an dem Haus vorbeifuhr.
Vielleicht war das ja gar nicht so schlecht. Vielleicht sind Mom und Dad weggefahren und haben Brenda allein im Haus gelassen. Oder vielleicht hat Brenda den Wagen genommen.
Ganz egal, dachte er, beides ist gut für mich. Viel besser jedenfalls, als wenn ich es mit allen dreien auf einmal zu tun hätte.
Toby fuhr noch bis zum Ende des Blocks und stellte den Mercedes um die Ecke ab. Er stieg aus, steckte sich die Schlüssel in die Hosentasche und ging dann langsam den Bürgersteig entlang.
Sherrys Pistole in der rechten Tasche seiner Shorts fühlte sich massiv und schwer an. Bei jedem Schritt schwang sie hin und her und streifte dabei seinen Oberschenkel. Jeder, der ihn sah, musste das bemerken, aber weil die Hose weit und ausgebeult war, konnte niemand erkennen, dass der Gegenstand eine Pistole war.
Ebenso wenig konnte jemand erkennen, dass Toby in der anderen Hosentasche ein Klappmesser mit zehn Zentimeter langer Klinge hatte.
Oder dass ein Schraubenzieher in seinem Hosenbund steckte, dessen fünfzehn Zentimeter langen Metallschaft er kühl an seiner nackten Haut spürte.
Und dann war da noch ein Paar Gummihandschuhe in Tobys linker hinterer Hosentasche.
Und die Zange in der rechten.
Niemand, der ihn sah, merkte ihm all das an.
Auch nicht, dass er unter Shorts und T-Shirt völlig nackt war.
Die Leute sollten ihn ruhig anschauen, aber Toby wusste genau, dass sie weder ihn noch seine verborgenen Geheimnisse erkennen konnten.
Ein freundliches älteres Paar ging an ihm vorbei. Sie grüßten ihn mit einem Kopfnicken, und Toby nickte ebenfalls und lächelte. Dann kam ein gut gekleideter Herr, der einen weißen Pudel auf dem Arm trug und Toby im Vorbeigehen einen barschen Blick zuwarf. Auf der anderen Straßenseite schwebte eine völlig vergeistigt aussehende Frau mit einem weißen Turban vorüber, die Toby überhaupt nicht zu bemerken schien. Sie schenkte ihm ebenso wenig Beachtung wie die durchtrainierte, sonnengebräunte Joggerin, die von hinten die Straße entlanglief. Sie war ausgezehrt und flachbrüstig und hatte sich eine Wasserflasche um die Hüfte geschnallt.
Ihr alle seht mich nicht, dachte Toby.
Alles, was sie sahen
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