Rache
anderen vergnügen, wenn Sie auf ihn warten.«
Sherry errötete so heftig, dass ihr innerlich ganz heiß wurde. »Das kann ich nicht beurteilen«, sagte sie.
»Er müsste total verrückt sein.«
»Danke für das Kompliment.«
»Wieso glauben Sie, dass er mit einer anderen Frau zusammen war?«
»Weil Toby die beiden gesehen hat. Sie haben sich geküsst, und dann ist Duane mit ihr in den Lieferwagen gestiegen.«
»Vielleicht hat Toby gelogen.«
»Ich weiß nicht«, erwiderte Sherry. »Irgendwie habe ich Duane nie so ganz über den Weg getraut.«
»Wenn Sie so von ihm denken, wieso haben Sie dann …«
»Psst«, sagte Sherry und deutete nach vorn.
Duanes Wohnungstür, zu der es nur noch ein paar Schritte waren, stand ein Stück offen.
Sherry tastete nach Jims Arm. »Bitte, seien Sie nett zu ihm«, flüsterte sie. »Aber bleiben Sie noch eine Weile bei mir. Ich hätte gerne, dass Sie mich nach Hause fahren, wenn es mit ihm irgendwelche Probleme gibt. Ist das okay?«
»Ich tue alles, was Sie wollen.«
»Danke.« Sie drückte seinen Arm und ließ ihn auch dann nicht los, als sie vor Duanes Wohnungstür angelangt waren.
16
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Sherry spähte durch den Türschlitz. Der Raum dahinter war beleuchtet. Von Duane war nichts zu sehen, aber aus den Lautsprechern der Stereoanlage kam Musik. Ein trauriges, sehnsüchtiges Stück … aus dem Soundtrack von Titanic , wie Sherry nach kurzem Hinhören erkannte.
»Duane?«, rief sie.
Die Musik war so laut, dass sie die Antwort nur schlecht verstehen konnte. Aber eines der Worte hörte sich wie »Schlafzimmer« an.
»Was hat er gesagt?«, fragte Jim.
»Dass er im Schlafzimmer ist, glaube ich.«
»Oh.«
»Kommen Sie erst mal rein.« Sherry öffnete die Tür weit und trat ins Wohnzimmer. Jim folgte ihr und schloss die Tür.
»Warten Sie hier«, flüsterte sie. »Ich sehe nach, ob er angezogen ist.«
Jims Mundwinkel zuckten. »Gehen Sie«, sagte er. »Und rufen Sie mich, wenn Sie mich brauchen.«
Sherry ging die kurze Diele entlang und warf auf dem Weg zu Duanes Schlafzimmer einen Blick in das dunkle Bad.
Die Schlafzimmertür stand offen. Sherry machte einen Schritt hinein und blieb stehen. Eine einzige Kerze auf dem Nachttisch - vielleicht war es dieselbe, die Sherry vor zwei Stunden dort hingestellt hatte - warf einen schwachen, gelblichen Schimmer auf das Bett.
Wo auf dem Kissen Duanes Kopf lag.
Sherry machte einen schwankenden Schritt zur Seite und betätigte den Lichtschalter. Die beiden Lampen auf den Nachttischen tauchten das Zimmer in ein helles Licht.
Ist das ein böser Traum?
Nein. Es ist Wirklichkeit.
Und es ist Duane.
Der Kopf sah aus, als hätte ihm jemand die Nase, die Lippen und etwas Fleisch von der rechten Wange abgebissen. Durch das Loch konnte Sherry ein paar blutige Zähne sehen.
Blut sickerte langsam aus dem fleischigen, roten Stumpf des Halses.
»Jim!«
Sie hörte, rasche, schwere Schritte hinter sich, und als sie sich umdrehte, sah sie, dass Jim auf sie zurannte.
Etwas stürzte sich aus dem dunklen Badezimmer auf ihn.
Ein nackter, fetter Kerl mit Metzgermessern in den Händen.
»Jim! Pass auf!«, schrie Sherry.
Im Laufen drehte Jim sich um.
Toby - im hellen Licht der Schlafzimmerlampen erkannte Sherry sein Gesicht - sprang von hinten auf Jim rammte ihm die Messer in den Rücken. Jim verzog vor Schmerz das Gesicht.
Er stöhnte auf und brach zusammen. Toby stürzte auf ihn.
»Hör auf!«, schrie Sherry und rannte auf den wie ein Besessener auf Jim einstechenden Toby zu. »Lass ihn!«
Toby hielt inne und sah sie an. Sein Gesicht war voller Blutspritzer. Als seine Augen die von Sherry trafen, verzogen sich seine fleischigen Lippen zu einem Lächeln.
Sherry trat nach ihm.
Mit dem linken Fuß. An dem noch ein Schuh war.
Toby wich geschickt aus.
Sherrys Tritt ging ins Leere. Nur noch auf einem Bein stehend verlor sie, wild mit den Armen in der Luft herumrudernd, das Gleichgewicht und krachte rückwärts auf den Boden. Obwohl sie der Aufprall fürchterlich zusammengestaucht hatte, stemmte sie sich sofort mit den Armen zu einer sitzenden Position hoch.
»Yiiiiii!«, heulte Toby. Er kletterte von Jim herunter und krabbelte auf Handknöcheln und Knien auf sie zu, ein irres Grinsen auf seinem blutigen Gesicht und ein Messer in jeder seiner geballten Fäuste. »Yiiiii.«
»Nein!«, schrie Sherry und versuchte, sich mit Fersen und Ellenbogen von ihm wegzuschieben, aber noch während sie auf dem Rockboden über den Teppich rutschte,
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