Rache
sich ihr ganzer Körper zu bewegen. Unter dem Sprühnebel des Schlauchs drehte sie sich mühsam um und drückte sich mit Händen und Füßen nach oben, bis sie auf allen vieren stand. Dann senkte sie den Kopf und ließ Jeff, der oben auf der Mauer mit dem Schlauch auf und ab ging, ihren Rücken, den Po und die Hinterseiten ihrer Oberschenkel abspritzen.
Auch hier sah Pete unzählige Quetschungen, Schürfwunden, Striemen und Kratzer.
Jeff nahm den Wasserstrahl von ihr und drehte das Schlauchventil so weit zu, dass nur noch ein schwaches Rinnsal herauströpfelte. Dann zog er den Schlauch etwas nach und sprang, das Ventil in der Hand, von der Mauer.
Die Frau hockte weiter auf allen vieren und ließ den Kopf nach unten hängen.
Jeff schaute hinüber zu Pete. »Kannst du das glauben?«, fragte er.
Pete schüttelte den Kopf.
»Wir dachten, Sie wären tot, Lady.«
Die Frau antwortete nicht.
»Bist du zur Polizei durchgekommen?«
In ärgerlichem Ton antwortete Jeff: »War besetzt. Ich hab’s ein paarmal probiert. Dann habe ich mir überlegt, dass es vielleicht nicht schlecht wäre, auf dem Rückweg den Schlauch mitzunehmen und sie ein wenig abzuspritzen. Kann doch nicht schaden, oder?«
»Tolle Idee«, murmelte Pete.
Bestimmt hast du nicht mal versucht anzurufen. Du hast dich mit dem Schlauch angeschlichen und wolltest mich vor vollendete Tatsachen stellen: Nach dem Abspritzen der Leiche hätten wir die Polizei sowieso nicht mehr rufen können.
Er schaute Jeff böse an.
»Natürlich schadet es was. Damit hast du alle Hinweise auf den Täter von ihr weggewaschen.«
»Beruhig dich, Mann. Sie ist nicht tot.«
»Ja, stimmt.«
»Du solltest froh sein.«
»Ich bin froh.«
Jeff warf ihm einen seltsamen Blick zu, und dann knieten sie sich beide neben der Frau auf den nassen Waldboden.
Ihr Rücken hob und senkte sich, als wolle sie all die Luft in ihre Lungen saugen, die sie als Tote nicht geatmet hatte.
Als Scheintote.
Ihr nasser Körper glänzte und funkelte im Sonnenlicht, und Pete sah, dass sie eine Gänsehaut hatte.
Langsam lief ein Wassertropfen an ihrer linken Brust nach unten und blieb einen Augenblick lang zitternd unter der Brustwarze hängen.
»Sie sind in Sicherheit«, sagte Jeff zu der Frau. »Es wird alles gut. Wir kümmern uns um Sie.«
Ihr Kopf bewegte sich ein wenig auf und ab. Ein Nicken?
Der Wassertropfen an ihrer Brustwarze verlor den Halt und fiel nach unten.
»Wir müssen einen Krankenwagen rufen«, sagte Pete.
»Viel Glück Mann. Alle Leitungen sind besetzt.«
»Du musst es ja wissen.«
»Klar weiß ich’s. Aber versuch’s doch selber, wenn du mir nicht glaubst. Du wirst schon sehen.« Pete wollte nicht weg von der Frau. Möglicherweise verpasste er ja etwas.
Und was, bitteschön?
Zumindest verpasste er die Gelegenheit, sie ein paar Minuten länger anzusehen. Und wer wusste schon, was sonst noch alles geschehen konnte. Vielleicht legte sie sich ja eine Weile auf den Rücken, um sich auszuruhen. Vielleicht stand sie auf und streckte sich. Vielleicht fing sie an zu reden.
Pete wollte überhaupt nichts verpassen.
»Vielleicht braucht sie ja gar keinen Krankenwagen«, sagte Jeff.
»Soll das ein Witz sein? Sieh sie dir doch einmal an. Die Frau muss in ein Krankenhaus.«
»Wir könnten sie im Auto hinbringen«, schlug Jeff vor. »Das ginge bestimmt schneller.«
»Ich weiß nicht«, sagte Pete.
Sein Herz begann schneller zu schlagen.
Wir müssten sie hochheben. Ihren Körper berühren. Ihre nackte Haut. Sie stützen. Vielleicht sogar tragen.
Sie spüren.
»Wahrscheinlich wäre es tatsächlich schneller«, stimmte Pete Jeff schließlich zu. »Ja. Das ist keine schlechte Idee. Zumindest können wir es versuchen.«
Die Frau stieß mit viel Mühe ein leises, geflüstertes Wort hervor.
»Was hat sie gesagt?«, fragte Pete.
»Ich habe nicht …«
»Niiii!«
»Nie?«, fragte Jeff.
Die beiden beugten sich über die Frau und lauschten mit gesenktem Kopf.
»Niiii-cht.«
»Nicht?«, sagte Pete.
»Was nicht?«, fragte Jeff
»An … fassen.«
»Nicht anfassen?«, fragte Pete. »Wir sollen Sie nicht anfassen?«
Die Frau nickte schwach.
34
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»Wir wollen Ihnen nur helfen«, sagte Jeff.
»Nicht … anfassen.«
Sie war auch vorhin nicht bewusstlos, dachte Pete. Sie war hellwach und hat alles mitbekommen. Sie weiß, was wir gesagt und getan haben. Und jetzt hält sie uns für widerliche Perverslinge.
Vor lauter Scham wäre er am liebsten weggerannt.
Aber er blieb neben
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