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Racheakt

Racheakt

Titel: Racheakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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Rolle? Das ist die Frage, die wir jetzt klären müssen!«, entschied Nachtigall und holte ein Blatt Papier.
    »Laura Hellberg.«
    »Die Mütter der Opfer.«
    »Die Freundinnen der anderen beiden Opfer! Haben wir da überhaupt schon Namen? Außer Sybille Klaus.«
    »Klingt nicht überzeugend.«
    »Die Hellberg ist zu schmächtig. Die könnte nie ihre Freundin weggeschleppt haben. Außerdem war ihre Erschütterung echt, denke ich«, schloss Nachtigall die Freundin des ersten Opfers aus.
    »Die Mutter von Anna? Sie hat bestimmt nicht ihren Sonnenschein umgebracht. Außerdem liegt sie stationär in der Psychiatrie«, strich Skorubski wieder einen Namen von der neuen Liste.
    »Schluss, das ist alles Quatsch! Die haben nichts damit zu tun! Es ist so, wie wir befürchtet haben! Diese Frau läuft durch unsere Straßen. Sie hat auf jeden Fall ein Messer und einen Apfel dabei. Den Stein vielleicht auch. Sie sucht sich ein Mädchen aus, das sie für schön hält, folgt ihr einige Zeit und schlägt dann zu. Sie hatte vorher keine Beziehung zu ihr und nach der Tat kann sie nicht mit ihr in Verbindung gebracht werden. Wir werden sie nur finden, wenn sie in unsere Falle tappt, versteht ihr? Sie ist schlau und sie ist böse – vielleicht auch wirklich hässlich. Und sie hat Jule!«
    Nachtigall hatte plötzlich das Gefühl sich übergeben zu müssen und stürmte aus dem Büro. Er schloss sich in einer Kabine der Herrentoilette ein und lehnte den Kopf schwer gegen die Abtrennung. Es dauerte einen Augenblick, bis er bemerkte, dass ihm die Tränen ungehindert übers Gesicht liefen. Sein Oberkörper zuckte.
    »Jule!«, flüsterte er. »Jule!«
    Dann wischte er sich entschlossen die Tränen ab, verließ die Kabine und wusch sich das Gesicht mit kaltem Wasser ab.
    Jule würde sich darauf verlassen, dass ihr Vater sie fand und rettete. Und sie sollte nicht umsonst auf ihn gesetzt haben, schwor sich Peter Nachtigall.

44
    14. November
     
    Zum Frühstück brachte die Frau ihr sogar aufgebackene Brötchen mit. Dankbar trank Jule den heißen Kaffee und belegte sich das Brötchen mit Käse.
    »Gut geschlafen hast du wohl nicht?« Dabei zeigte die Fremde auf das Kopfkissen, das von Jules Tränen feucht geworden war.
    »Was haben Sie erwartet?«
    »Schon wahr. Dein Vater hat sicher auch nicht viel geschlafen. Ich habe ihm ein Foto von dir vorbei gebracht – er weiß also Bescheid. Und dein schnuckeliger Freund auch. Bestimmt laufen sie jetzt rum wie aufgescheuchte Hühner und verstehen nicht, wieso sie dich nicht finden können. Männer werden in unübersichtlichen Situationen gerne hektisch und handeln unüberlegt. Frauen nicht. Je größer die Herausforderung, desto überlegter handeln sie. Ach, findest du nicht?«
    Jule hatte wohl skeptisch eine Augenbraue hoch gezogen. Nun musste sie antworten.
    »Nun, ja. Ich kenne einige Frauen, die eher zur Hysterie neigen, wenn sie die Lösung eines Problems überfordert.«
    »Stimmt. Manche stecken auch einfach den Kopf in den Sand. Solche kenne ich auch.«
    »Was wird nun aus mir?«
    »Du bist meine Trumpfkarte. Ich habe deinen Vater zu einer Partie aufgefordert – nun kann er gar nicht anders, als anzunehmen und mit größtem Ernst seine Spielzüge zu planen. Denn sonst …«, ein eisiger Blick traf Jule. »denn sonst wird er dich verlieren.«
    »Sie werden mich töten – wie die anderen?«
    »Ja. Ich denke schon.«
    »Und aus welchem Grund?
    »Iss!«
     
    Die Frau stand auf und ging zur Tür.
    »Einsam?«
    Jule nickte und drängte tapfer die Tränen zurück.
    »War ich auch immer. Aber nicht so wie du – eher unstillbar. Wenn du deine Freundin triffst, ist es mit deiner Einsamkeit vorbei – ich bin immer einsam, egal wo ich bin und mit wem ich meine Zeit verbringe. Sie ist ein Teil von mir – wie ein Arm oder ein Bein.«
    Sie setzte sich wieder zu Jule und goss noch einmal Kaffee nach.
    »Nach dem Tod meines Vaters kam ein neuer Mann in unser Leben. Er ließ mich alle Arbeiten im Haushalt verrichten – mit meiner hübschen Schwester ging er aus. Du bist so hässlich, dich muss man ja verstecken, sonst kriegen die Kinder in der Nachbarschaft noch Albträume, sagte er. Oder: für dich werden wir unser Leben lang bezahlen – wer soll dich schon nehmen. Meine Mutter gab ihm Recht. Ich ging zum Sport, war erfolgreich, brachte Medaillen und Pokale mit nach Hause. Meine Mutter meinte dazu, sperr diese hässlichen Metallbecher in den Schrank und das blöde Lametta leg in die Schublade. Ich machte

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