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Racheakt

Racheakt

Titel: Racheakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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gerade noch die Kurve.
    »Wie alt ist Ihre Tochter denn?«
    »Gerade achtzehn. Sie steckt mitten im Abitur und verbringt den heutigen Abend mit einem Freund, den ich nicht einmal kenne.«
    »Sie fühlen sich außen vor.«
    »Ja – schließlich trage ich die Verantwortung. Und volljährig wird sie erst in ein paar Wochen.«
    »Und Sie möchten nur sicher sein, dass es ihr gut geht.«
    »Ja, natürlich. Ihre Mutter sieht das alles etwas lockerer. Aber die ist auch nicht hier und muss sich mit Jule auseinander setzen.«
    »Sie können ihren Freund nicht leiden – und kennen ihn nicht einmal. Das ist für einen Vater schon schlimm. Plötzlich ist er nicht mehr der wichtigste Mann im Leben seiner Tochter …«, sie lächelte verständnisvoll.
    »Erzählen Sie mir bloß nicht, ich sei eifersüchtig. Das stimmt nämlich nicht! Bei mir kommt nur erschwerend hinzu, dass ich nicht nur Vater, sondern auch noch Polizist bin. Wahrscheinlich keine gute Kombination«, Peter Nachtigall seufzte.
    »Ich verstehe schon. Ihr »Besorgnispotenzial« muss ja höher sein als bei anderen.«
    »Ja – vermutlich ist es bei Ihnen doch auch nicht anders.«
    »Ich bin nicht in dieser Situation.« Sie zeigte mit ausgestrecktem Finger auf sich. »Typischer Fall von arbeitsbesessener, alter Jungfer ohne Anhang.«
    Der Kellner brachte ein Dessert. Mousse mit Früchten.
    »Du liebe Zeit. Da werde ich aber ganz schön radeln müssen«, lachte Peter Nachtigall und ließ es sich schmecken.
    »Wenn mein Patient nicht Ihr Täter ist – werden Sie doch jetzt den anderen Indizien, die nicht auf ihn weisen, verstärkt nachgehen, nicht wahr?«
    Vorsicht! Nachtigalls innere Stimme schreckte ihn aus seiner wohlig entspannten Stimmung auf.
    »Ja.«
    »Also gibt es auch Hinweise auf einen anderen Täter? Die Presse berichtet zum Beispiel über einen Freund oder Verlobten.«
    »Vielleicht.«
    »Einsilbigkeit ist auch eine Ihrer Stärken, ja? Ich versuche doch nur, Sie davon zu überzeugen, auch in jeder anderen Richtung suchen zu müssen!«
    Die angenehme Stimmung war jäh verflogen. Warum ärgere ich mich eigentlich so sehr darüber, überlegte der Hauptkommissar und antwortete gereizter, als er es beabsichtigt hatte.
    »Ich mache meine Arbeit. Und wenn Sie und Ihre Kollegen Ihre Arbeit auch gut machen würden, hätten diese Täter keine neuen Gelegenheiten zu morden.«
    Sie senkte den Kopf und sah stumm auf das Muster der Tischdecke.
    Hoffentlich fängt sie jetzt nicht an zu weinen, schuldbewusst zog er ein Taschentuch aus seiner Jacke. Selbst die anderen Gäste schienen die Szene interessiert zu beobachten und Nachtigall fühlte sich unbehaglich.
    »Das war ein Schlag unter die Gürtellinie – und das wissen Sie auch.«
    Sollten je Tränen in diesen Augen gestanden haben, so war davon jedenfalls nichts mehr zu bemerken. Eher las er Wut oder Enttäuschung in ihrem Blick.
    »Ich weiß, ich sollte mich jetzt vielleicht entschuldigen – aber ich suche den Mörder, der zwei junge Frauen umgebracht hat. Der sie kaltblütig erschlagen und dann verstümmelt hat – da fehlt mir wohl ein bisschen die Ruhe zum nonchalanten Plaudern über andere Spuren oder Hinweise auf weitere Verdächtige. – Mal ganz abgesehen davon, dass ich darüber auch gar nicht sprechen darf.«
    Sollte sie doch jetzt machen, was sie wollte! Peter Nachtigall war sauer. Er wusste gar nicht, warum er sich so hatte gehen lassen. Vielleicht war im Moment alles ein bisschen viel: dieser verrückte Mörder, Jule und ihr Ich-bin-erwachsen-Verhalten, Tante Erna, eine Schwester, die nicht zu erreichen war und nun Frau Dr. Jung. Er seufzte.
    »Ich verstehe das ja. Aber Sie können mir glauben, ich arbeite meine Gutachten sehr sorgfältig aus. Gerade weil ich um meine besondere Verantwortung für die Gesellschaft und meinen Patienten weiß. Gerade weil ich verhindern will, dass ein mordlustiger, psychisch kranker Mensch fahrlässig auf freien Fuß gesetzt wird. Ich könnte doch keine Nacht mehr ruhig schlafen, müsste ich an den Aussagen, die ich in meinen Gutachten getroffen habe, in irgendeiner Form zweifeln! Günter Grabert ist nur noch für sich selbst eine Gefahr, ganz besonders in seinen depressiven Phasen. Er wird niemandem etwas antun. Und nur weil ich mir da sicher bin, steht es so in meinem Gutachten.« Sie sah ihn mit diesem seltsam eindringlichen Ausdruck an, den er nicht richtig deuten konnte.
    »Sie machen Ihre Arbeit gut, wollen Sie damit sagen.«
    »Wenn Sie es so verstehen wollen, ist

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