Racheakt
faszinieren.«
»Ja. Er tötet Barbies. Wir wissen ziemlich genau, welcher Frauentyp ihm vorschwebt. Und hübsche Mädchen gibt’s hier in Cottbus jede Menge!«
»Wir wissen noch mehr! Er bettet sie sanft, deckt sie sogar zu. Vielleicht sollten wir die Medien benutzen, um nach einem Mann zu suchen, der sehr liebevoll mit Frauen umgehen kann, nach einer herben Enttäuschung in einer Beziehung aber angefangen hat Frauen zu hassen. Möglicherweise ist er schon mit aggressivem Gerede über Frauen in Kneipen aufgefallen«, ignorierte er den Einwand.
Die Tür wurde ungestüm aufgerissen und Michael Wiener rauschte förmlich in den Raum.
»Die Lausitzer Rundschau hat angerufen. Es gibt ein Bekennerschreiben!«
In der Redaktion wurden sie bereits von Lutz Hoffmann erwartet.
Der junge Mann mit blonden, schulterlangen Haaren und schütterem Bärtchen am schmalen Kinn lotste sie geschickt durch einen großen, hellen Raum. Schreibtisch reihte sich an Schreibtisch und hinter den Computermonitoren waren die Mitarbeiter fast gar nicht mehr zu erkennen.
Ein penetrantes Pfeifen und Rauschen lag in der Luft, das anzeigte, dass die PCs in Betrieb waren. Peter Nachtigall warf einen irritierten Blick auf Stapel von Papier und überquellende Mülleimer neben denen sich Papierbälle auf dem Boden tummelten.
»Manchmal werden unsere Vorurteile ja auch zu hundert Prozent bestätigt. Hier kommt man sich ja fast vor wie in der Redaktion von Lou Grant.«
»Aber der arbeitete noch mit Schreibmaschinen«, lachte der junge Mann gutmütig und öffnete schwungvoll die Tür zu einem kleinen, privaten Büro.
»So, das ist mein Büro. Nehmen Sie bitte Platz.«
Er rutschte hinter seinen Schreibtisch und bedeutete Peter Nachtigall und Albrecht Skorubski mit ihren Stühlen zu ihm zu rücken. Auf dem Bildschirm leuchtete ein Mailprogramm auf.
Der Ziegenbärtige gab sein Passwort ein und lehnte sich dann mit verschränkten Armen zurück.
Da es offensichtlich weder Polizei noch Presse gelingt zu verstehen, welches Zeichen euch durch mich gegeben wird, wähle ich nun diesen Weg. Unsere moderne Gesellschaft hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte neue Ideale geschaffen – falsche Ideale, Götzenbilder! Doch wisset – noch ist es nicht zu spät umzukehren! Die toten Mädchen sind nur das Briefpapier, auf dem Ihr lesen sollt! Je früher Ihr erkennt, desto weniger Mädchen müssen sterben! Identifikation: Zeh
»Können Sie feststellen, von wem Ihnen die Nachricht geschickt wurde?«, fragte Peter Nachtigall ohne viel Hoffnung.
»Ja, klar. Der Absender steht sozusagen im Briefkopf.«
Er scrollte nach oben und zeigte auf die betreffende Zeile im Text.
»Das gibt’s doch nicht! Den kaufen wir uns!«, fauchte Peter Nachtigall und Albrecht Skorubski klatschte sich auf die Oberschenkel. »Jens Wilde, Büro & Style.«
Nachtigalls Handy piepte anhaltend.
»Eine SMS von Michael! Alle drei Opfer stehen in der Kartei von Candle-Light. Und nun rate mal, wer da von Zeit zu Zeit Kunde war! Jens Wilde!«
Er rief ihn zurück.
»Wir fahren hin. Suchen Sie mal nach Günter Grabert!«
»Hab ich schon. Er kannte alle drei Damen. Er hat da nämlich stundenweise als Fahrer gearbeitet.«
»Ich glaub’s nicht! Wäre diese Freundin ehrlicher gewesen.«
»Vielleicht hat sie versprochen es nie zu verraten«, beendete Wiener das Gespräch.
Endlich kam Bewegung in diesen Fall!
Der Redakteur sah Nachtigall an und fragte dann:
»Ich druck euch die ganze Sache mal eben aus. Dann könnt ihr es direkt mitnehmen. Aber vielleicht lasst ihr mich in der Zwischenzeit ein wenig Anteil nehmen? Exklusiv?«
Michael Wiener tat Jens Wilde fast leid. Wenn er nicht der Täter war, schränkte er den Gedanken ein.
Erst wird ihm die Freundin ermordet und nun auch noch so was! Besorgt warf er einen Blick auf das verschlossene Gesicht des Vaters, der sich demonstrativ hinter dem Stuhl seines Sohnes platziert hatte. Wie eine beschützende oder ermutigende Geste wirkte das allerdings ganz und gar nicht, es hatte eher bedrohlichen Charakter und Wiener war froh, nicht auf diesem Stuhl sitzen zu müssen.
Auch Jens Wilde schien die Nähe seines Vaters als unangenehm zu empfinden. Von Sekunde zu Sekunde schrumpfte er weiter in sich zusammen, als hätte jemand in ein Soufflé gestochen, das nun langsam in sich zusammenfiel.
»Ich habe diese Mail nicht geschrieben! Ihre Leute werden auf meinem Rechner nichts in der Art finden! Mein Mailprogramm speichert automatisch jede
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