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Rachedurst

Rachedurst

Titel: Rachedurst Kostenlos Bücher Online Lesen
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auf die Dose, steckte sie in die Tasche und hängte den Hörer ein. Für ihn war die Unterhaltung damit beendet.
    Keeley nahm auf seiner Seite zwar nichts von dem Kautabakgeruch wahr, doch er versuchte, sich das Aroma vorzustellen. Und auch jenen anderen Geruch, den der Tabak überlagerte – den nach Mandeln.
    Â»Das werd ich genießen«, sagte Wacey, ohne dass er dessen Stimme vernahm.
    Keeley lächelte ihm zu. Hedeman lächelte nicht zurück, sondern stand auf und klopfte an die Tür, damit der Wärter ihn hinausführte.
    ***
    Auf der Rückfahrt zum Verwaltungsgebäude dachte John Wayne Keeley darüber nach, was Wacey ihm erzählt hatte.
    Â»Einen angenehmen Besuch gehabt?«, fragte der Fahrer.
    Â»Durchaus«, gab Keeley zurück.
    ***
    Auf dem Rückweg durch die Sicherheitszone fischte er die große Dose Kautabak, die er mitgebracht hatte, aus dem Müll und schob sie in seine Tasche. Der Wärter zwinkerte ihm zu. Denen ist völlig egal, was man mitnimmt, dachte Keeley – die interessiert nur, was man mitgebracht hat.
    Am Empfangsschalter händigte ihm ein Wärter, der die Frau inzwischen abgelöst hatte, seinen Führerschein aus. Rasch holte er Schlüssel und Brieftasche aus seinem Spind und registrierte, dass Nummer 16 zugesperrt war. Das alte Paar war noch immer auf Besuch.
    ***
    Auf dem Parkplatz wischte er alle Flächen des Geländewagens mit einem weichen Tuch ab, nahm seinen Seesack vom Rücksitz und die Socke mit den Wertsachen aus dem Handschuhfach, trug beides zu dem alten gelben Ford Pick-up und warf den Sack hinten unter den Campingaufsatz.
    Wie vermutet, war das Führerhaus nicht abgesperrt. Er öffnete die Tür und entriegelte die Motorhaube. Mit einem kurzen Blick zum Verwaltungsgebäude vergewisserte er sich, dass sich niemand näherte, und bückte sich unter die Haube. In weniger als einer Minute hatte er den Wagen kurzgeschlossen. Der Motor sprang an. Es war leicht, diese alten Fords kurzzuschließen, und Keeley hatte reichlich Übung darin, seit ein strunzdummer Jagdlagerkoch mal seine Schlüssel verloren hatte. Deswegen hatte er es von Anfang an auf diesen Wagen abgesehen und all die anderen schöneren Modelle auf dem Parkplatz ignoriert. Er knallte die Motorhaube zu und rutschte hinters Steuer. Das Lenkradschloss gab sofort nach, als er die Sicherung an der Lenksäule mit dem Schraubenzieher seines Taschenmessers aufhebelte. Kein Problem.
    Er spähte übers Armaturenbrett, um sich zu vergewissern, dass ihn niemand beobachtet hatte. Keine Menschenseele.
    John Wayne Keeley setzte zurück und verließ den Parkplatz. Er bog auf die Zufahrtsstraße und passierte das »Kein Zutritt«-Schild. Mit der Linken steuerte er, mit der Rechten warf er die Habseligkeiten der beiden Alten aus dem Beifahrerfenster: eine Thermoskanne, Frauenillustrierte, eine Sonnenbrille und Kassetten mit Polka-Hits. Kurz vor der Autobahnauffahrt zog er die Tabakdose hervor, deren Inhalt er – wie den der Probepackung – großzügig mit bei einem Juwelier in Kansas gestohlenem Zyankali gestreckt hatte, und warf sie aus dem Fenster.
    Das war er wieder, der Unterschied zwischen den dummen Häftlingen dort drin und John Wayne Keeley hier draußen. Wäre einer dieser Witzbolde in einen auf Schmuckrestaurierung spezialisierten Betrieb eingebrochen, wäre er glatt an den Chemikalien vorbeigelaufen, mit denen man Diamanten und Gold auffrischt – an den Zyaniden also – , und hätte sich einzig und allein auf die Edelsteine gestürzt. Und dann hätte er sich mit einem Haufen altem Plunder herumschlagen müssen. Aber nicht John Wayne Keeley. Nicht J. W., wie er gern genannt wurde. Keeley hatte innegehalten, als ihm das Zyanid in einer abgeschlossenen Schublade der kleinen Werkstatt in die Hände gefallen war. Und er hatte nicht mehr von dem weißen Pulver herausgenommen als unbedingt nötig, und die Flasche wieder zurückgestellt. Die Eigentümer würden natürlich bemerken, dass eingebrochen worden war, wären aber völlig perplex in Anbetracht der glücklichen Fügung, dass die Diebe nichts Wertvolles gestohlen hatten. Vermutlich würden sie gar nicht registrieren, dass eine kleine Menge der Chemikalie fehlte.
    Er versuchte sich vorzustellen, was in diesem Moment im Gefängnis passierte. Hatte Wacey sich den Tabak gleich auf dem Gang in den Mund geschoben oder ihn in

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