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Rachedurst

Rachedurst

Titel: Rachedurst Kostenlos Bücher Online Lesen
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eben.«
    McLanahans Hals lief krebsrot an, und die Röte stieg ihm ins Gesicht. Er wandte den Kopf ab.
    Â»Haben Sie ihn nicht gesehen?«, fragte Joe weiter. »Er war hier auf dem Parkplatz und hat Hank abgesetzt. Sollten Sie nicht nach ihm Ausschau halten?«
    Joe trat an den Sheriff heran und sprach zu dessen abgewandtem Gesicht. »Ich weiß, was Sie tun. Sie spielen ein doppeltes Spiel und ziehen den Kopf ein, bis der Kampf zwischen den Brüdern entschieden ist. Finden Sie nicht, dass es langsam an der Zeit wäre, hier etwas zu unternehmen ? Zum Beispiel Menschen verhaften, die Verbrechen begehen – egal, wie sie heißen und für wen sie arbeiten?«
    McLanahan starrte wütend und schmallippig geradeaus.
    Â»Wie lange wollen Sie noch die Hände in den Schoß legen und dem Flug der Wildgänse zuschauen? Oder Ihre Zeit damit verschwenden, meinen Chef anzurufen und ihm zu erzählen, ich würde meine Arbeit nicht machen?«
    Bei dieser Frage zuckte das Gesicht des Sheriffs. Na bitte, dachte Joe – es war tatsächlich McLanahan.
    Â»Ich habe da so eine Ahnung, was zwischen Hank, Arlen und Opal vorgeht«, fuhr er fort. »Soll ich es Ihnen erzählen?«
    Nach kurzem Zögern sagte McLanahan: »Nicht unbedingt.«
    Â»Das dachte ich mir.«
    Der Sheriff machte daraufhin auf dem Absatz kehrt und verschwand hinterm Podium und um die Ecke des Museums.
    Joe ging an seinen Platz zurück und setzte sich neben Marybeth, die den Wortwechsel beobachtet hatte.
    Â»Was treibst du da, Joe?«
    Er zuckte die Achseln. »Da bin ich mir selbst nicht so ganz sicher. Aber es fühlt sich verdammt gut an.«
    ***
    Joe fand es interessant zu beobachten, inwiefern sich die Anhänger von Arlen und Hank voneinander unterschieden. Arlens Parteigänger waren eher Honoratioren, Freiberufler, Kaufmänner. Hanks Leute machten einen weit raueren Eindruck, waren Rancher, Kneipenbesitzer, Mechaniker, Jagdführer und Ladenverkäufer. Wären wir beim Football, überlegte Joe, würden Arlens Anhänger die Denver Broncos und deren aufrechte Spieler in ihren sauberen, orangeblauen Trikots bejubeln. Hanks Gefolge dagegen würde mit zerzaustem Haar und schwarzsilbern geschminktem Gesicht Knochen und Ketten schwingen und die Oakland Raiders anfeuern.
    Joe saß mit seiner Familie auf Arlens Seite, was ihm durchaus Unbehagen bereitete. Vor allem, seit Marybeth von Arlens Treffen mit Meade Davis berichtet hatte. Und mehr noch seit der Nachricht der Spurensicherung, die er am Morgen per Handy bekommen hatte. Er wünschte, zwischen den Sitzblöcken gäbe es Plätze für Leute, die sich zu keiner der beiden Fraktionen zählten.
    ***
    Der Scarlett-Flügel war – obwohl nur ein Anbau – auf Opals Wunsch hin größer ausgefallen als das übrige Gebäude. Das Museum glich den vielen kleinen Stadtmuseen, die Joe in Wyoming und im gebirgigen Westen besucht hatte: eine hübsche, kleine Sammlung an Wagenrädern und Kleidung aus der Pionierzeit, an Pfeilspitzen, Gewehren, Werkzeug und alten Büchern. Der Anbau hingegen wartete mit modernsten interaktiven Vitrinen über die Gründerfamilien des Twelve Sleep County auf, mit Exponaten über die historischen Ranches und mit Stammbäumen seit den ersten Siedlern. Anders gesagt: Der Scarlett-Flügel handelte von Familie Scarlett und war einfach nur eine überdimensionierte Version der heimischen Vermächtniswand, von der Sheridan Joe erzählt hatte.
    Der Anbau war erst seit ein paar Tagen fertiggestellt. Planierraupe und Traktor standen noch hinter dem Gebäude. Grassoden waren so hastig auf dem nackten Boden ausgerollt worden, dass die Nähte deutlich zu sehen waren. Und an den Fenstern hingen noch die Aufkleber des Herstellers.
    ***
    Arlen sprach fünfundzwanzig Minuten lang ohne Manuskript. Seine klangvolle Stimme hob und senkte sich, und die Rede strotzte vor donnernden Hervorhebungen und bedeutungsvollen Pausen.
    Es war, wie Joe fand, der Sermon eines Politikers, und er musste an einen Sprechautomaten denken, der – solange er lief – überzeugende Ansichten von sich gab, von denen aber nichts im Gedächtnis blieb, als hätte der Wind die Erinnerung daran weggeblasen.
    Dennoch merkte er bei dem auf, was Arlen über seine Mutter sagte:
    Â»Opal Scarlett war mehr als eine Mutter, mehr als die Matriarchin der Thunderhead Ranch. Sie war unsere Verbindung mit der

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