Racheengel der Vampire - Sehnsucht
die Steintreppe runter. Alle folgten und die Luke schloss sich über ihnen.
„Und jetzt?“, fragte John und drehte sich um sich selber.
„Es führen vier Wege ab“, stellte Jack trocken fest und sah wieder nach oben.
„Das ist die Krönung. Der Sack schaukelt sich jetzt da oben die Eier und wir krepieren hier.“
„Ich krepiere nicht hier unten“, sagte Angus und ging in einen der Gänge. Seine Schritte verhallten in der Dunkelheit.
„Wenn er falsch läuft?“, fragte John mit ängstlichem Unterton.
„Oder wir?“, fügte Jack hinzu.
Scheiß Ausbildung, Jack setzte sich auf eine Stufe und pulte in seiner Hosentasche. Die anderen guckten ihm neugierig zu, wie er seine Armbanduhr herauskramte und sie drehte. Ein Deckel sprang auf und ein Kompass kam zum Vorschein. Jack griff nach seinem Feuerzeug im Rucksack und beleuchtete den Kompass.
Zu Beginn ihrer Wüstenreise waren sie von Süden gekommen, und wenn Jack sich nicht täuschte und sie kaum vom Kurs abgewichen waren, müssten sie in Richtung Süden laufen. Dort stand in Jacks Erinnerungen auch eine kleine leer stehende Holzhalle. Groß genug, um einen Hubschrauber darin zu parken oder zu verstecken.
Seelenruhig lotete Jack den Kompass aus und sah zu dem Gang hin, den er benutzen würde. „Ich kann nichts versprechen, aber wer mitkommen will, nur zu.“ Noch ne Aufforderung gab’s nicht, Jack lief los.
Nach einem gefühlten halben Kilometer kamen sie an eine neue Weggabelung, die drei Richtungen offenbarte, wobei die Abzweigungen nicht in rechten Winkeln abgingen. Hungrig schloss Jack seine Augen und roch. Aus dem ersten Gang auf der rechten Seite witterte er nichts.
„Steckt eure Nasen in die Gänge und versucht, das Blut zu riechen.“
Alle beschnupperten die wegführenden Gänge und der erste Widerspruch entstand. Finn, der dritte der älteren Vampire, und Ralph wollten nach rechts. Der Rest wollte wie Jack den linken Weg gehen, sie trennten sich ohne Diskussion. Eine Streiterei brachte hier unten ohnehin nichts mehr.
Etliche Abzweigungen später war nur noch John an Jacks Seite. Der junge Vampir wich nicht aus Jacks Schatten. „Wie lange laufen wir schon?“
Interessante Frage, Jack sah zum ersten Mal auf seine Uhr. „Etwas über sechs Stunden. Warum fragst du? Willst du schlafen?“
„Ich schlaf doch schon. Meine Beine sind nur zu faul zum Einknicken.“
„Wir sollten abwechselnd schlafen, so verlieren wir die Zeit nicht aus den Augen.“
Ihr Plan ging zwei Tage auf, dann schlief John in seiner Wachschicht ein. Beide holten ihren rückläufigen Schlaf nach.
„Dreck“, fluchte Jack. als er sah wie John eingerollt an der Wand schlief. Der junge Vampir hatte seine vermoderten Vorräte fast verbraucht. An Reserven mangelte es Jack zwar nicht, aber die noch vollen Plastikbeuten waren ungenießbar, denn das alte vergammelte Blut brannte wie purer Spiritus in seiner Kehle. Sie mussten weiter.
Von der Vorstellung angetrieben frisches Blut durch seine Kehle rinnen zu fühlen, schulterte Jack den komatös schlafenden John und ging los. Der Bengel bekam davon kaum etwas mit, denn der Blutmangel hatte ihn fest im Griff.
Die grauen, im Dunkel der Fackel leuchtenden, Wände sahen alle gleich aus. Ernsthaft, Jack wünschte sich tatsächlich, das brennende Sonnenlicht in seinen Augen zu fühlen.
Endlich nach ein paar Stunden drang ein köstlicher Geruch in seine Nase. Jack setzte John auf seinen Füßen ab und dieser rieb sich die Augen.
„Wie alt bist du eigentlich?“
„In einem halben Jahr werde ich achtzehn.“
„Du bist ein geborener Vampir?“
„Mama is ein Mensch.“
Das war eine Erkenntnis, die Jack etwas irritierte. Bisher war ihm nur bekannt, wie Vampire unter guten Umständen Eltern werden könnten. Wieder ein Klischee, das widerlegt wurde mit dem Jungen an seiner Seite. „Riechst du das Blut?“
„Nein, riecht es echt danach?“
Skeptisch guckte Jack John an. Wie konnte das angehen, er roch das Blut nicht? Er selber wurde fast irre von dem Blutgeruch und John nicht?
Nach zwei weitläufigeren Abzweigungen hing das frische Blutaroma so stark in der Luft, dass Jack die Spucke im Mund zusammenlief.
Schließlich erreichten sie ihr erstes Etappenziel und Jack sah die Eineinhalbliterflasche auf dem Tisch zuerst. Kurz sah er John an, doch der gab ihm den Vortritt. Besser als an einer Halsvene zu saugen. Jack ließ das Blut in seinem Mund laufen, automatisch verlängerten sich seine Fänge. Nachdem die
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