Racheengel
sich noch nicht sagen. DCI Quinn und seine Mordkommission sind erst seit einer Stunde dort.«
»Na schön«, sagte Lennon. »Aber wenn ich mit jemandem sprechen wollte, der über das Dahinscheiden von Tomas Strazdas betrübt ist, wo würde ich da zuerst hingehen?«
»Du könntest bei dieser Kairyté anfangen. Sie hat eine Wohnung in der Holylands. Oder bei dem Fahrer, Herkus Katilius. EinMuskelpaket, harter Bursche, Ex-Soldat. Es gibt allerdings noch eine bessere Option.«
»Nämlich?«, fragte Lennon.
»Arturas Strazdas, den Bruder von Tomas.«
»Du sagtest doch, der sitzt in Brüssel.«
»Tut er auch. Aber er ist gestern Abend am International Airport angekommen. Wir und auch noch eine Reihe anderer Organisationen haben ein Auge auf Mr. Strazdas. Er steigt immer im selben Hotel ab.«
Lennon kritzelte den Namen auf seinen Block. Ein teures Haus mit erlesenem Kundenkreis in der Nähe des Waterfront-Theaters.
»Du bist so ungewöhnlich zuvorkommend, Dan. Was für heimliche Absichten verfolgst du?«
»Gar keine«, sagte Hewitt. »Du wärst ohnehin auf ihn gestoßen. Bei so einem Fall ist es schließlich dein Job, die nächsten Verwandten ausfindig zu machen und sie über den Tod ihres geliebten Angehörigen zu informieren.«
»Ein guter Grund, ihm mal einen Besuch abzustatten.«
»Stimmt. Aber Jack?«
»Was?«
»Halt dich ein bisschen zurück«, warnte Hewitt. »Strazdas ist gefährlich. Nicht, dass ich dir eine Träne nachweinen würde, wenn dir etwas zustieße, nur weil du übermütig geworden bist. Aber du könntest dabei auch diverse laufende Ermittlungen vermasseln. Ich habe dir schon mehr erzählt, als ich sollte, und ich will nicht, dass mir die Sache um die Ohren fliegt.«
»Ich werde ein mustergültiges Vorbild an Diskretion abgeben«, versprach Lennon, obwohl er sich keinen Deut darum scherte, was Hewitt womöglich um die Ohren flog.
»Ich verlasse mich darauf«, sagte Hewitt.
25
Arturas Strazdas lag da und starrte die Decke an, als sein Handy klingelte. Auf dem gesprungenen Display stand: »Unbekannter Teilnehmer.«
Er drückte die Sprechtaste und fragte auf Englisch: »Wer ist da?«
»Sie wissen, wer.«
»Ja«, sagte Strazdas. Er setzte sich im Bett auf.
»Mein Beileid zum Tod Ihres Bruders.«
»Danke. Was wollen Sie?«
»Sie warnen. In Kürze wird ein Polizist bei Ihnen aufkreuzen. Detective Inspector Jack Lennon. Sehen Sie sich bei dem vor.«
»Wieso weiß er, dass ich hier bin?«, fragte Strazdas.
»Weil er ein gescheiter Polizist ist. Er hat viele Quellen. Der könnte ihnen Ärger machen.«
»Könnte er?«
»Sehr wahrscheinlich. Aber ich kann Ihnen helfen. Störfeuer aussenden. Sie informieren, was er vorhat. Allerdings erwarte ich dafür eine entsprechende Gegenleistung.«
»Natürlich«, sagte Strazdas.
»Wir sind uns also einig?«
Es klopfte an der Tür der Hotelsuite.
»Bleiben Sie dran«, sagte Strazdas.
Er ging hinüber ins Wohnzimmer, legte ein Auge auf den Spionund sah die verzerrten Umrisse von Herkus, der im Flur wartete. Strazdas’ Nasenflügel prickelten erwartungsvoll. Er machte die Tür auf, und Herkus stürmte herein.
Strazdas hob wieder das Handy ans Ohr.
Stille.
»Hallo?«, rief er.
Nichts. Einen Moment lang starrte er das Display an, erst dann wurde ihm wieder bewusst, dass Herkus hereingekommen war.
»Der verrückte Bruder von diesem Sam hat versucht, mich umzulegen«, fluchte er und lief erregt auf und ab.
»Was?«
»Ich wollte dir bei Rasas Dealer deinen Stoff besorgen, aber da hatte Mark Mawhinney mir aufgelauert. Er hat es vermasselt, und ich habe ihn kaltgemacht. Rasas Dealer muss mir eine Falle gestellt haben.«
»Wo ist mein Koks?«, fragte Strazdas.
Herkus blieb stehen. »Hast du nicht gehört, was ich gerade gesagt habe?«
»Doch, habe ich«, antwortete Strazdas. »Jemand hat versucht, dir was zu tun. Wo ist mein Koks?«
Mit offenem Mund und ausgebreiteten Armen stand Herkus da.
Strazdas warf das Handy nach ihm und brüllte: »Wo ist mein Koks? Ich hab dich nur aus einem Grund losgeschickt, aus einem einzigen.«
Hätte er es nicht schon erlebt, hätte er niemals geglaubt, dass Herkus so behände sein konnte. Strazdas’ Beine hoben vom Boden ab, die kräftigen Finger des Hünen umklammerten seinen Hals, und er schlug krachend mit dem Rücken gegen die Wand.
»Jetzt hör mir mal zu«, fauchte Herkus, sein heißer Atem strich über Strazdas’ Gesicht. »Einer von den Irren, mit denen du Geschäfte machst, hat mir fast den Bauch
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